Angriff Aus Dem Netz
hatte er im Airbus nur wenig geschlafen und auf dem Rückflug überhaupt nicht mehr.
»Hier ist die Sumpfhexe«, erklärte Dodge. »Sie taucht hinter dir auf und befiehlt Vienna, den Schwanz einzuziehen.«
»Das hat sie aber nicht so gesagt«, warf Sam ein.
Dodge achtete nicht auf ihn. »Okay – nun schalte mal auf die Deckenkamera um, dann sehen wir, woher sie kam.«
Die Daten von sechs Überwachungskameras befanden sich auf einem Memory-Stick, der im USB3-Anschluss in Sams Laptop steckte. Alle Mitglieder des CDD-Teams waren klar zu erkennen, die intensiv an ihren verschiedenen Workstations arbeiteten, bis einer nach dem anderen die Arme in die Luft warf und aufgab, während auf ihren Bildschirmen die furchtbare Fehlermeldung, der Bluescreen of Death, erschien. Nacheinander versammelten sie sich hinter Dodge und Sam oder Socks und Zombie.
»Und in diesem Moment entdecken wir die Sache mit dem Flugzeug . . .«, fuhr Dodge fort.
Die plötzliche Bewegung der Gruppe und die Panik, die sich auf ihren Gesichtern abspielte, waren unverkennbar. Sam spürte selbst jetzt, dass seine Handflächen feucht wurden, obwohl er alles nur auf dem Bildschirm anschaute.
Aber soweit er sehen konnte, hatte niemand den Raum verlassen. Niemand näherte sich einem Computer. Niemand hatte die Gelegenheit gehabt, irgendeine Taste zu drücken, um die Selbstzerstörung auf dem Code der Eindringlinge auszulösen.
Mit einer einzigen Ausnahme: die Sumpfhexe. Die Hüterin aller Portale. Die Kontrolleurin der Kontrolleure. Die Wächterin der Wahrheit. Sie war nirgends zu sehen.
»Sie bleibt bis zur letzten Sekunde in ihrem Büro«, sagte Sam, während die Sumpfhexe endlich aus der Tür trat und rasch von dem kleinen Podest, auf dem ihr Büro stand, zu den Workstations hinunterstieg. Sam ließ das Video mehrmals vor-und zurücklaufen. »Vielleicht kämpfte sie ebenfalls gegen die Hacker, genau wie wir. Und kam erst heraus, als auch ihr Computer abstürzte, genau wie die anderen vom Team.«
»Oder auch nicht«, murmelte Dodge.
»Du wirst doch nicht im Ernst annehmen, dass sie die Insiderin ist?«, fragte Sam. »Sie hat sämtliche Sicherheitsüberprüfungen mit Glanz und Gloria bestanden, die es zwischen Erde und Mond gibt.«
»Mag sein, heißt aber nicht viel«, widersprach Dodge. »Vielleicht hat sie es die ganze Zeit über nur einfach geschafft, einer Menge Leute einen Schleier über die Augen zu binden.«
»Kommt mir trotzdem seltsam vor«, meinte Sam.
»Hast du eine bessere Erklärung?«
Aber Sam hatte keine und zuckte die Schultern. »Und was jetzt?«
»Wir brauchen Beweise«, sagte Dodge. »Wir können nicht einfach die Kontrolleurin des Kongresses der Vereinigten Staaten des Hochverrats beschuldigen, ohne ein paar echt überzeugende Beweise in der Hand zu haben. Ich denke, wir müssen uns mal ihren Computer ein wenig näher anschauen.«
»Du meinst – hacken?«
»Nö, du Landei. Du glaubst doch nicht etwa, dass sie nichts bemerken würde? Wir müssen uns Zugang zum Sumpf verschaffen, wenn sie nicht in der Nähe ist, und ihre Festplatte klonen. Dann können wir die Daten in aller Ruhe analysieren.«
»Die Überwachungskameras würden uns beobachten«, wandte Sam ein.
»Sicher, aber niemand schaut sich die Aufzeichnungen an, solange es kein Problem gibt«, meinte Dodge. »Also verursachen wir kein Problem.«
»Ich denke, wir sollten Jaggard darüber informieren«, sagte Sam. »Wenn wir erwischt werden, würde zumindest eine Person wissen, was wir eigentlich tun wollten.«
»Wenn wir Jaggard vorher um Erlaubnis fragen, wird er Nein sagen. Und wenn wir dann trotzdem die Sache durchziehen, wird er uns mit einem gewaltigen Tritt in den Arsch zum Mond befördern.«
»Egal wie, er wird uns wahrscheinlich auf jeden Fall in den Arsch treten«, meinte Sam.
»Schon möglich. Aber es ist immer leichter, sich später zu entschuldigen, als vorher um Erlaubnis zu betteln.«
»Wann?«, fragte Sam.
»Je eher, desto besser. Wie wär’s mit morgen? Wenn du mich deckst, werde ich versuchen, mich in ihr Büro zu schleichen, wenn sie nicht da ist.«
»Aber es wird doch wahrscheinlich verschlossen sein?«
»Das«, sagte Dodge, »ist unsere kleinste Sorge.«
»Gibt’s irgendwelche Fortschritte?«, fragte Jaggard, und sein Tonfall klang nicht gerade fröhlich. Er beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch und legte die Fingerspitzen zusammen, während er Dodge und Sam durchdringend anstarrte. Kaum waren sie wieder im
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