Angriff der Killerkekse. Unglaubliche Reportagen und atemlose Geschichten (German Edition)
Natur, so lehrt Nietzsche, kennt keine Moral. Ihr unumstößliches Gesetz lautet: fressen oder gefressen werden.
Bewaffnet mit Schlauch und Spritze erwarte ich die Frevlerin. Eiskaltes Nass soll sie Anstand lehren. Abend für Abend verharre ich stundenlang bis zum letzten Licht mit der Wasserschlange im Anstand. Es kommt zu keiner Konfrontation. Kein jagdbares Wild betritt die Lichtung. Am nächsten Morgen flagge ich trotzdem frisch produzierte Kothaufen mit Partyspießen. Mein Blut beginnt zu sieden, es kocht. Ich werde offenkundig verarscht. Rachepläne bestimmen die Tagesordnung. Wer nicht hören will, muss fühlen.
Im bleichen Vollmond treffe ich endlich auf meine Feindin. Die Mücken fliegen tief, der Gesang der Vögel liegt im Schlummer, warm atmet die Krume die Hitze des Tages aus. Selbst in sommerlichen Vollmondnächten sind alle Katzen grau. Zu spät spüre ich, dass die Erwartete bereits im Grase hockt. Die Possenkatze höhnt hinter meinem Rücken! Jetzt soll sie ihre Lektion erhalten und ein- für allemal abgeschreckt werden. Ich hantiere an der Spritze. Schon sprudelt der Quell hervor. Doch bis das Wasser stramm marschiert, ist der kecke Kacker längst über alle Berge. In schnell hintereinander folgenden Sätzen und mit einem mächtigen Sprung über den Zaun erreicht er sein rettendes Domizil. Der drohende Rohrstock strahlt ins Leere. Lachend triumphiert der Stubentiger. Doch das Tier unterschätzt ihren inzwischen stinksauren Gegner. Ihr Schicksal ist endgültig besiegelt: die Katze muss weg.
Die nächste Nacht trifft mich im Internet. Wer Wissen schaufeln will, fragt leistungsstarke Suchmaschinen. »Katze – Gift – Tod« sind Suchworte, die klar verdeutlichen, wie stark hier jemand hasst. »Katzenschutzbund«, »Welt-der-Katzen«, »Catdome« und viele mehr geben nützliche Hinweise zu Säuren, Alkalien, Arsen, Phosphor, Strychnin und Blutgerinnern. Alle Mittel führen unbehandelt zu qualvollem Verenden des vergifteten Tieres. Wer wirklich Katzen morden will, der bekommt die besten Tipps von Katzenfreunden im Netz.
Humaner als brutale Giftköder auszulegen scheint mir die Idee, einen Tross fetter Kröten als Wächter des Gartens auszusetzen. Diese Tiere produzieren Bufotalin. Das lähmende Gift sitzt in den beiden großen Warzen am Rücken, genau an der Stelle, wo die Katze normalerweise ihren Tötungsbiss ansetzt. Indem sich die Bestien gegenseitig killen, könnte die Sache auf natürliche Weise erledigt werden. Doch wer weiß, ob Samtpfote Kröten jagt, und woher soll ich die giftigen Frösche nehmen? Zum Schluss des Abenteuers wimmelt mein Garten vielleicht von Kotminen und giftigen Kröten, die gut miteinander auskommen, und ich bin endgültig ausgegrenzt.
Tödlich wirken auch allerlei Pflanzen und Kräuter, so sie denn dem Katzenvolk schmecken. Von Ackerveilchen bis Zwergmistel listet das weltweite Netz dutzende Hinweise auf tödliche Flora. Doch welche Katze fährt tatsächlich auf Kartoffelkeime, Usambaraveilchen, Nießwurz und Tollkirsche ab und schlägt sich damit den Bauch voll, bis er platzt? Der Liebling der Nachbarsfrau wirkt recht durchtrieben und wird kaum auf giftiges Grünzeug hereinfallen. Auch dieses ist der falsche Weg.
Schon graut der neue Tag, der Rücken schmerzt, die Augen brennen, da liefert ein Online-Auktionshaus die zündende Idee: Wurzelpeterle aus dem Odenwald bietet eine Kastenfalle, die eigens zum Einfangen wilder Katzen gebaut wurde. Frisch geboten und gekauft. Eins, zwei, drei – meins! Für eine Handvoll Euro plus Liefergebühr schafft bald darauf ein Paketbote einen meterlangen Kasten aus Drahtgeflecht ins Haus. Jetzt gilt es aber! Im Keller wird der Mechanismus erprobt: Zwei Klappen an den Längsseiten schwingen auf, werden von einem Drahtstift gehalten, der wiederum mit einer in der Mitte des Gerätes liegenden Schwelle verbunden ist. Darauf wird ein Köder angebracht. Folgt nun ein gefräßiger Gast der eigenen Nase und tritt auf diese Klappe, schlägt die Kastenfalle zu, und es gibt kein Entrinnen mehr.
Wer führt den besten Köder? Supermärkte offerieren ein breites Sortiment Katzenfutter in erlesenen Geschmacksrichtungen. Um sicher zu gehen, werden Hühnchen mit Reis, Rindfleisch mit Gemüse und Fisch im eigenen Saft erworben. Die in Goldfolie verpackten Delikatessen locken das verwöhnte Kätzchen aus dem Nachbarhaus gewiss, wenn es denn wieder in dem großen Katzenklo, das vormals unser Garten war, streift. Mit
Weitere Kostenlose Bücher