Angst im Paradies
nicht bemerkt gehabt. Heftig drehte er sich zu mir um. Sein Gesicht war vor Wut verzogen.
„Was geht dich das an? Und warum schleichst du dich einfach so von hinten an mich heran?“
Ich blieb erschrocken stehen und starrte ihn an. Mein Herz hämmerte heftig.
„Ent... entschuldige, ich ...“, stammelte ich und unterdrückte ein paar aufsteigende Tränen.
Modous Gesicht entspannte sich ein wenig.
„Sorry Baby, ich wollte dich nicht anschreien. Tut mir leid.“
Er ging auf mich zu und zog mich in seine Arme.
Ich zitterte und brach nun doch in Tränen aus.
„Tut mir so leid“, murmelte er. simurmelt „Ich war nur so erschrocken, dass du so plötzlich da warst und ich war so wütend – nicht auf dich natürlich – mein Bruder und ich hatten gerade eine kleine Meinungsverschiedenheit. Ich wollte dich wirklich nicht so anbrüllen. Bitte glaub mir.“
Ich schniefte.
„Ist schon gut. Ich ... ich war auch sehr erschrocken – das ist alles.“
Ich war wirklich sehr aufgewühlt. Noch nie zuvor hatte ich ihn wütend erlebt und noch nie hatte er mich angeschrien. Wir waren jetzt seit fast einem Monat verheiratet. Jeder Tag und jede Nacht war voller Harmonie und Liebe gewesen, bis heute. Ich versuchte, mich zu beruhigen. Er hatte es nicht so gemeint, hatte sich sofort entschuldigt. Und er schien ehrlich bestürzt zu sein, dass er mich so angefahren hatte. Natürlich konnte ich verstehen, dass er sich über mein plötzliches Auftauchen sehr erschrocken hatte und da er noch voller Wut auf seinen Bruder gewesen war, hatte er schlicht überreagiert.
„Lass uns wieder schlafen gehen“, schlug Modou vor und küsste mich auf die Stirn. „Ich liebe dich!“
„Ich liebe dich auch.“
„Dann verzeihst du mir?“
Ich schaute ihn an und nickte.
„Ja! Ja, natürlich verzeih ich dir. Ich hätte mich nicht so anschleichen dürfen. Ich hab nicht darüber nachgedacht, dass du dich erschrecken könntest.“
Ich fühlte mich irgendwie schuldig. Ein Verhalten, das ich jahrelang trainiert hatte und mir in Fleisch und Blut übergegangen war.
„Ist schon gut. Wir vergessen das Ganze einfach. Komm ins Bett, dass ich es wieder gut machen kann.“
Ich ließ mich von Modou an der Hand führen und wir schlüpften wieder in das breite Bett. Er liebte mich, langsam und mit großer Zärtlichkeit und ich vergaß, was gerade in der Küche geschehen war.
*
Zwei Tage später saß ich auf dem Balkon und las ein Buch. Modou war nach Banjul gefahren. Sein Bruder aus England hatte wieder einmal einen Container geschickt und Modou musste nun einigen Papierkram im Hafen erledigen. Ich hatte mit ihm kommen wollen, doch er meinte, es würde lange dauern und ich würde mich sicher entsetzlich langweilen. So hatte ich mir die Zeit damit vertrieben, etwas auf dem Markt zu bummeln und das Appartement zu putzen. Da ich weiter nichts zu tun hatte, bis Modou nach Hause kam, hatte ich mir ein Buch geschnappt und auf den Balkon gesetzt. Dieser ging zur Ostseite auf einen Innenhof hinaus und so war es am Nachmittag angenehm schattig und man hörte den Lärm von der Straße kaum. Zwei Frauen waren damit beschäftigt, am Waschplatz ihre Wäsche zu waschen und im Schatten eines Limettenbaumes saßen zwei etwa vierjä k& vierj&hrige Mädchen und spielten mit Cashewsamen. Das Geschnatter der Frauen war eher so etwas wie Hintergrundmusik für mich und störte mich nicht. Da ich eh kein Wort verstand, lenkte es mich nicht ab und gab mir lediglich ein angenehmes Gefühl, nicht allein zu sein. So konzentrierte ich mich ganz auf das Geschehen in meinem Buch.
Ich schreckte von dem Buch auf. Hatte es gerade an der Tür geklopft? Ich horchte. Tatsächlich, es klopfte wieder und diesmal sehr energisch. Ich legte mein Buch auf den Tisch und stand auf. Auf meinem Weg durch die Küche zur Tür stieß ich mir das Knie an einem Stuhl und fluchte leise. Der Schmerz ließ mich humpeln und meine Augen wurden wässerig. Es klopfte erneut.
„Ich komm ja schon“, brummte ich verärgert mit zusammengebissenen Zähnen.
Wer mochte das wohl sein? Hatte Modou vielleicht den Schlüssel vergessen? Oder war es Lamin?
Ich öffnete die Tür und fand mich plötzlich einer vollbusigen, gambianischen Schönheit gegenüber, die mich erst verwundert und dann verärgert anstarrte. Sie trug ein sehr elegantes Kleid nach traditionellem Schnitt aber nicht die einfache, alltägliche Variante, sondern aus dunkelgrünem, golddurchwirktem Stoff mit Spitzenborten ein Tuch aus
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