Angst im Paradies
zu wirken anfingen, rief ich Omar an, um ihm mitzuteilen, dass ich ein wenig später kommen würde.
„Kein Problem Boss! Ich mach das schon“, versicherte er. „Lassen sie sich Zeit!“
Nachdem ich das Gespräch beendet hatte, kochte ich mir einen Kaffee und setzte mich damit auf den Balkon. Der Himmel war wolkenverhangen und ein angenehm kühler Wind blies. Eine willkommene Abwechslung zu der schwülen Hitze in der Nacht. Gestern war die Klimaanlage verreckt und die Nacht über war es unerträglich heiß im Schlafzimmer gewesen. Ich notierte mir gedanklich, dass ich noch jemanden mit der Reparatur der Klimaanlage beauftragen musste. Ich würde Modou fragen, ob er einen entsprechenden Handwerker wusste. Der Gedanke an Modou ließ mein Herz wieder rasen. Ich hatte Angst, ihm gegenüberzutreten. Vielleicht hatte ich Glück und er würde noch schlafen, wenn ich das Haus verließ.
Ich hoffte, er würde mir verzeihen und die Lage zwischen uns möge sich wieder normalisieren. Ich hasste Streit und sehnte mich nach der Harmonie, die wir einstweilen zusammen hatten. Warum konnte es nicht immer so sein? Warum mussten wir immer wieder in solche Situationen kommen. Ein Teil von mir sagte, dass er trotz allem kein Recht hatte, mich so zu behandeln, doch die Stimme der kuschenden, unterwürfigen Julia war stärker. Zu viele Jahre hatte ich in diesem Denkmuster gelebt, hatte wie so viele misshandelte Frauen angefangen, mich selbst herabzuwürdigen, bis nichts mehr von meiner eigenen Persönlichkeit übrig war. Einzig der Mann zählte, er war der Dreh- und Angelpunkt, das Zentrum des Universums. Stand nicht schon in der Bibel, dass die Frau dem Manne untergeben sei?
Mike war für mich so was wie ein Gott gewesen, eine unangreifbare Autorität. Er war ein Star, alle Welt sah das Genie in ihm und ich durfte mich in seinem Glanz sonnen. Wie gut ich mich gefühlt hatte, wenn wir zusammen in der Öffentlichkeit aufgetreten waren. Die neidischen Blicke der anderen Frauen hatten mir gut getan und verdeckt, was er mir an Leib und Seele antat. Mit Modou war die Sache ein wenig anders und doch das Gleiche. Er war kein Star, war ein Niemand, doch er war mein galanter Retter, der begnadete Liebhaber und ein absoluter Frauentyp. Auf seine eigene Weise war auch er eine starke Autorität. Ich wollte ihm gefallen, wollte in seiner Leidenschaft und seiner liebevollen Aufmerksamkeit baden. Ich liebte ihn und meine Liebe machte mich blind für die Wahrheit, die immer deutlicher zutage trat. Liz hatte recht gehabt, doch das hätte ich mir zu diesem Zeitpunkt niemals eingestanden.
*
Piri begleitete mich zur Klinik. Nachdem die Ärztin die Spirale entfernt hatte, fuhren wir zur Kairaba Avenue, um in der Alliance Franco Gambiene zu Mittag zu essen. Die Alliance war ein Kulturtreffpunkt, in der regelmäßig Künstler ihre Werke ausstellten oder Musik und Theateraufführungen stattfanden. Mittags konnte man für wenig Geld etwas Leckeres zu cs Lstler ih Essen bekommen. Man konnte zwischen einem täglich wechselnden europäischen Drei-Gänge-Menü und einem afrikanischen Reisgericht wählen. Obwohl außer einer Tafel, auf die das Tagesmenü geschrieben wurde, kein Schild verriet, dass es in dem Gebäude etwas zu Essen gab, waren meist fast alle Tische besetzt. Ich aß hier viel lieber, als in den typischen Touristenrestaurants. Nicht nur der günstige Preis und das leckere Essen lockten mich, auch das Ambiente war schön. Ich kam mir vor, wie in einer Oase der Ruhe. Kein Straßenlärm, keine Bumster und dafür aber Bäume, Palmen und Rasen. Geckos und Agamen huschten auf den Bäumen herum und Vögel sangen in den Ästen. Das Restaurant, wenn man es denn so nennen wollte, eigentlich war es mehr eine Kantine, lag im Innenhof der Alliance zwischen Grünflächen und Palmen. Die Tische standen auf einer dicken Schicht Muschelkies.
„Bonjour, ça va?“, grüßte uns die Bedienung freundlich.
„Bien! Mercie!“, antworteten Piri und ich.
Das war auch schon alles, was meine Französischkenntnisse hergaben.
„Was ist das europäische Menü?“, fragte ich daher auf Englisch.
„Salat de Paris, dann Poularde mit Traubensoße und Reis. Als Dessert Eiscreme mit Mangospalten.“
„Das hört sich gut an“, entschied ich. „Und ein Bier bitte.“
„Und was gibt es als afrikanisches Gericht?“, fragte Piri.
„Hähnchen Domoda.“
„Das nehm ich und einen Fruitcocktail bitte.“
Die Bedienung nickte und verschwand.
„Ich mache mir Sorgen
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