Angst im Paradies
ihn nicht kommen gesehen hatte. Mein Kopf fuhr von der Wucht herum und meine Oberlippe platzte sofort auf. Ich schmeckte den kupfernen Geschmack von Blut in meinem Mund. Ich schrie auf, vor Schreck und vor Schmerz. Er holte erneut aus und rammte mir seine Faust in den Magen. Aufstöhnend krümmte ich mich zusammen und sackte langsam in mich zusammen.
„Du Schlampe! Lügnerin! Undankbare Hure!“, brüllte Modou. „Wie lange hast du mich schon verarscht?“
Ich zitterte am ganzen Leib, wagte nicht, mich zu rühren oder ihn anzusehen. Ich wusste, er war so wütend, dass er mich leicht umbringen könnte.
Er bückte sich und packte mich grob am Arm, dann zerrte und schleifte er mich mit sich nach draußen.
„Awa! Du kleine Schlampe, komm her!“
Alle hielten mit ihrer Arbeit oder Unterhaltung inne und schauten auf Modou, der mit vor Wut verzerrtem Gesicht dastand, ich blutend zu seinen Füßen.
„Nein ... nein, sie hat nichts damit zu tun“, brachte ich mühsam hervor. Das fehlte mir noch, dass das arme Mädchen schon wieder für ihre Hilfe und Freundlichkeit leiden musste. Gerade erst war sie von ihrer Verbannung zurückgekehrt.
„Wo ist die Schlange, die mich hintergangen hat, indem sie meiner Frau heimlich Mandinka beibringt?“, brüllte Modou.
„Awa ist im Garten“, sagte Großmutter Aminata, die ruhig hinzugetreten war. „Deine Frau hat recht, Awa hat nichts damit zu tun. – Ich habe Julia Mandinka beigebracht!“
Ich war mir im Klaren, das Modou seiner Großmutter das nicht abkaufte, doch er konnte aus Respekt vor ihr natürlich nicht behaupten, dass sie lügen würde. Es war das Beste, was in dieser Situation zu machen war und rettete wenigstens Awa vor einer Strafe.
Modou zerrte mich auf die Beine und zog mich wieder ins Haus und zu unserem Zimmer. Starr vor Angst stolperte ich hinter ihm durch den Flur. Er riss die Zimmertür auf und stieß mich hinein. Mit einem Aufschrei prallte ich gegen das Bettende. Schützend legte ich die Arme um meinen Kopf.
„Ich mach dich fertig, du verlogene Schlampe! Ich bring dich um!“
Voller Rage trat er auf mich ein, mein Bitten und Flehen ignorierend. Der Schmerz raubte mir fast die Besinnung. Ich versuchte, von ihm weg zu kriechen, doch es war sinnlos. Das Einzige, was ich noch tun konnte, war meinen Kopf zu schützen und zu beten. Und das tat ich. Er traf mich immer wieder und ich glaubte, er würde nicht eher Stop machen, ehe ich nicht mein Leben ausgehaucht hatte. Ich spürte, wie ich immer schwächer wurde. Meine ganze Welt bestand nur noch aus Schmerz, dem Geschmack von Kupfer und Erbrochenem, bodenlose Dunkelheit und ein entferntes Geräusch, das von ganz weit weg zu mir zu dringen schien, mich an etwas erinnerte, doch mein Verstand vermochte nicht, zu erfassen, was. Ich war tot. Oder nahe dran. Ich wollte mich in die Dunkelheit fallen lassen, doch dieses ferne Geräusch hielt mich irgendwie davon ab. Es klang ... es klang wie ... Babygeschrei. Ein Name hallte wie ein Echo in meinem Kopf. Lamin!
Schmerz! Mein Kopf schmerzte so sehr. Ich konnte nicht nachdenken, hörte nur dieses ferne Babygeschrei, alles war so merkwürdig, als würde ich mich unter Wasser befinden. Dann plötzlich war es, als würde jemand mir Ohrenstöpsel aus den Ohren nehmen und das Geschrei war ohrenbetäubend laut. Jetzt war es nicht nur Babygeschrei, sondern da waren auch noch andere Stimmen. Wütende Männerstimmen und aufgeregte Frauen. Alle schrien durcheinander, doch ich verstand kein Wort. Ich merkte nur eines, die Tritte hatten aufgehört. Dann kam die Dunkelheit erneut.
*
Ich schwebte an der Oberfläche, doch obwohl nur eine hauchdünne Schicht mich von der Welt trennte, konnte ich nicht zu ihr durchbrechen. Nur Stimmen drangen hin und wieder zu mir durch, die sich seltsam verzerrt anhörten. Manchmal war der Schmerz unerträglich, dann wieder spürte ich gar nichts, nur Kälte. Keine unangenehme Kälte, sie war eher beruhigend. Wie die frische Luft nach dem ersten Schneefall. Immer wieder kam die alles verschlingende Dunkelheit. Ich wusste nicht, wie lange die Phasen waren, die ich in der schwarzen Tiefe verbrachte. Dunkel erinnerte ich mich an einen Aufprall oder so, an Schmerzen und Babygeschrei, doch das alles ergab keinen Sinn. Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand. War ich innd.ml; einem Krankenhaus? War das die Stimme meiner Mutter? Nein! – Meine Mutter war tot! Soviel wusste ich noch. Manchmal drangen einzelne Wortfetzen zu mir durch, doch
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