Angst im Paradies
erreichten wir Abuko. Als noch alles in Ordnung gewesen war, hatte ich geplant, mir den Naturpark in Abuko anzusehen. Wie sehr sich seitdem mein Leben verändert hatte. Ich konnte es kaum glauben.
„Wir sind gleich da“, unterbrach Modou meine Gedanken.
Wir bogen in eine Wohngegend ein und der Wagen quälte sich über eine so schlechte Straße, die in Europa wahrscheinlich nicht einmal jemand mit einem Geländewagen befahren hätte. Das Auf und Ab weckte den kleinen Lamin und er fing an, in seiner Babysprache vor sich hin zu brabbeln. Wir fuhren durch eine große und tiefe Wasserpfütze und die schlammige Brühe spritzte nach allen Seiten. Ich hoffte, wir würden nicht stecken bleiben, doch Modou steuerte das Auto sicher durch das Wasser wieder auf halbwegs trockenen Boden. Gambier waren gute Autofahrer und kamen mit den schwierigen Straßenverhältnissen gerade in der Regenzeit gut zurecht. Schließlich hielten wir an und Modou stellte den Motor ab.
„Wir sind da.“
Ich stieg aus dem Wagen, bemüht, meine Schuhe nicht dreckig zu machen und auf dem glitschigen Boden mit dem Baby auf dem Arm nicht den Halt zu verlieren. Modou war um das Auto herumgekommen und fasste mich stützend beim Arm. Die Tasche hatte er sich über die Schulter gehängt und so gingen wir zusammen auf das Tor zu, vor dem wir geparkt hatten.
Modou klopfte und rief: „Kong! Kong! Salem aleikum!“
Kurz darauf öffnete sich das Tor und ein dicker Junge grüßte zurück: „Aleikum salam!“
Wir betraten den Compound und der Junge verschloss das Tor wieder hinter uns. Das Haus hatte zwei Stockwerke und es gab ein kleines Nebengebäude für den Watchman, dessen Sohn uns die Tür geöffnet hatte. Die Hälfte des Compounds war gefliest, der andere Teil waren gepflegte Rasenflächen und Blumenbeete. In einer Ecke wuchsen Bananen und Papaya. Verschiedene Palmen und ein großer Mangobaum beschatteten den Compound, sodass es angenehm kühl war. Wir gingen hinter das Haus, wo es zu meiner Überraschung einen Pool gab und eine überdachte Terrasse. In einem Liegestuhl lag ein alter Mann im weißen Kaftan. Zwei junge Frauen saßen an dem Pool und ließen die Beine in dem kBeib und ühlen Wasser baumeln.
Die Begrüßung fiel sehr respektvoll aus. Modous Onkel Mohammed schickte die Frauen fort, Getränke zu besorgen, nachdem er Modou und mir zwei Korbstühle zum Sitzen angeboten hatte.
„Geb mir mal den Kleinen“, sagte Mohammed Manneh zu mir und ich gab das Baby in die Arme des alten Mannes. Ich schätzte ihn auf Ende siebzig. Modou hatte mir erzählt, dass sein Onkel seit ein paar Jahren offene Beine hatte, die nicht heilen wollten.
*
Der Besuch bei Modous Onkel war angenehmer verlaufen, als ich befürchtet hatte. Mohammed Manneh war ein gebildeter Mann und besaß einen angenehm, wenn auch trockenen Humor. Er war in seiner Jugend weit gereist, nach Mali, Mauretanien, Guinea Bissau und Sierra Leone. Er erzählte mir spannende und auch lustige Geschichten aus seiner Reisezeit. Ich war sehr überrascht, dass Modou einen so angenehmen Onkel hatte. Modou behandelte den alten Mann mit großem Respekt und für ein paar Stunden vergaß ich alles, was passiert war und gab mich der Illusion hin, zwischen mir und Modou wäre alles so harmonisch, wie zu Anfang und es wäre niemals etwas Böses vorgefallen.
Abends aßen wir knusprig gebackenes Huhn mit einer scharfen Erdnusssauce, Reis und Salat. Danach gab es Eiscreme und Papaya. Nach dem Essen war es an der Zeit, aufzubrechen. Wir verabschiedeten uns von dem alten Mann, der mich um einen Kuss auf seine verknitterte Wange bat und dem kleinen Lamin einen herzlichen Kuss auf den Scheitel gab. Er bedankte sich für unseren Besuch und auch ich bedankte mich für die freundliche Bewirtung.
Als wir in das Auto einstiegen, wurde mir auf ein Mal alles wieder bewusst und die schöne Illusion zerplatzte wie eine Seifenblase. Als wir die erste Polizeikontrolle hinter Brikama passierten, war es bereits dunkel. Lamin schlief selig und schnarchte leise. Er hatte leichten Schnupfen und bekam schlecht Luft. Seit wir von Abuko aufgebrochen waren, hatten wir kein Wort miteinander gewechselt. Modou hatte eine Kassette eingelegt und die Musik machte eine Unterhaltung nicht notwendig. Ich verglich das luxuriöse Leben von Mohammed Manneh und dem Leben auf dem Familiencompound in Butubu. Ich war zwei Mal bei Modous Onkel auf Toilette gewesen. Ein Luxusbad mit großer, runder Badewanne und sauberer Toilette mit
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