Angst im Paradies
das Bett und legte ihn an. Ich hatte noch immer mehr als genug Milch. Lamin war jetzt fünf Monate alt und bald konnte er ein wenig Banane oder Couscous zu sich nehmen. Ich wollte ihn aber dennoch so lange, wie möglich stillen.
Nachdem ich ihn gefüttert und gewickelt hatte, legte ich mich mit ihm zusammen hin. Ich liebte es, mit Lamin zusammen ein Schläfchen zu machen. Wenn er mich mit seinen großen Kulleraugen anschaute und ein Lächeln auf seinem Gesicht erschien, dann floss mein Herz über vor Liebe. Er war das einzig Gute, das aus meiner Ehe mit Modou entstanden war. In meinen Tagträumen schaffte ich es, nach England zu fliehen und mit meinem Sohn ein neues Leben aufzubauen. Ich schwor mir, eines Tages würde ich es schaffen. Ich betete jeden Tag zu Gott, dass er mir helfen möge, dass ich eine Chance bekam. Am meisten Angst hatte ich, dass ich erneut schwanger werden könnte. Ich führte heimlich Buch über meinen Zyklus, damit mir ja nicht entging, wenn meine Tage ausbleiben sollten. Je eher ich von einer eventuellen Schwangerschaft wusste, umso besser. Ich war mir zwar sicher, dass ich es niemals abtreiben würde, und schon gar nicht nach irgendwelchen lokalen Methoden, doch würde ich dann meine Anstrengungen, zu fliehen, noch weiter verstärken, um das Kind wenigstens in Freiheit und in einem guten Krankenhaus zu entbinden. Nie wieder wollte ich mich auf ein solches Abenteuer wie bei der ersten Geburt einlassen.
*
Als Modou zurückkam, war er erwartungsgemäß ruhig und friedlich. Er vertilgte eine Unmenge von Reis mit Erdnusssuppe und legte sich dann schlafen. Ich war mittlerweile froh über jeden Tag, den ich einigermaßen in Frieden verbringen konnte und ich ersehnte den Tag, wenn Modou endlich wieder zurück zum Kombo fahren würde. Mittlerweile legte ich auch keinen Wert mehr darauf, dass er mich mitnahm. Manchmal wünschte ich, er würde sterben, und obwohl ich wusste, dass ich mir so etwas nicht wünschen durfte, konnte ich oft nicht anders, so gemein behandelte er mich. Manchmal ließ er mich auf allen Vieren herumkriechen und demütigte mich, ein anderes Mal kniff er mir so bösartig in die Brüste, dass sie grün und blau waren und sie so schmerzten, dass mir das Stillen zur Qual wurde. Doch er kannte kein Erbarmen. Wenn er bekifft war, wie jetzt, dann war es mir am Liebsten. Doch leider war das selten der Fall. Immer wieder musste ich an die eingesperrte Binta denken. Wie viel Leid hatte diese Frau schon erfahren müssen. Allein der Gedanke daran, wie viel schlechter es der ersten Frau von Modou ging, half mir, mein eigenes Los etwas leichter zu ertragen, denn ich wusste, es könnte noch schlimmer kommen. Fatou hatte mir einiges erzählt, wie Binta von Modou gequält worden war. Noch immer hatte ich Probleme, den liebevollen Mann, den ich geheiratet hatte, mit dem sadistischen Msadus onster in Einklang zu bringen. Es war, als hätte er einen bösen Zwillingsbruder. Doch ich wusste, es gab nur einen Modou, hatte ich die Verwandlung von Jekyll in Hyde doch schon live erlebt und das nicht nur ein Mal. Am nächsten Morgen sollte ich wieder Zeugin einer solchen Mutation werden.
*
Als ich die Augen aufschlug, war ich allein. Modou war scheinbar zeitig aufgestanden. Ich wunderte mich, dass er mich hatte schlafen lassen, war jedoch nicht traurig darüber, dass ich von ihm verschont worden war. Ich hoffte, dass er mit seinen Kumpels wieder zum Jagen war oder sich wieder bei Solomon bekiffte, doch als ich verschlafen durchs Haus wanderte, um zur Toilette zu gehen, traf ich ihn im Wohnzimmer an, in einer Diskussion mit seinem Vater vertieft.
„... nächsten Monat werde ich zurückfahren. Ich habe das Restaurant solange geschlossen“, erklärte Modou gerade.
„Du hast was? Das Restaurant geschlossen?“, platzte es aus mir heraus.
Die Männer drehten sich ruckartig zu mir um und blickten mich ungläubig an. Modous Gesicht verfinsterte sich und er sprang auf, da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Sie hatten in Mandinka gesprochen und eigentlich dürfte ich von der Unterhaltung nichts verstanden haben. Nun hatte ich mich verraten und ich sah an Modous Gesicht, dass er begriffen hatte, dass ich sowohl Mandinka verstand, als auch sprach, denn ich hatte automatisch in Mandinka geantwortet. Erschrocken trat ich einen Schritt zurück, doch Modou kam näher und näher. Ich wich weiter zurück, bis ich gegen die Wand stieß und Modou mich erreicht hatte. Der Schlag kam so schnell, dass ich
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