Angst in deinen Augen
nichts preis. Keine Leidenschaft, kein Verlangen. Nur ein Staatsdiener, der seine Gefühle voll unter Kontrolle hatte.
Eilig wischte sie sich die Tränen ab. Plötzlich kam sie sich dumm vor, es war peinlich, dass er die Auseinandersetzung zwischen ihr und Robert mitbekommen hatte. Jetzt wusste er alles, jede demütigende Einzelheit, und sie konnte es kaum ertragen, ihm in die Augen zu schauen.
Sie stand auf und begann ihre Kleider vom Fußboden einzusammeln.
„Wollen Sie darüber reden?“, fragte er.
„Nein.“
„Ich denke, Sie müssen es. Der Mann, den Sie lieben, hat Sie wegen einer anderen Frau verlassen. Das muss sehr wehtun.“
„Okay, ich muss darüber reden!“ Sie warf eine Handvoll Kleider aufs Bett und schaute ihn an. „Aber nicht mit einem versteinerten Polizisten, dem nichts auf der Welt gleichgültiger ist!“
Ein langes Schweigen folgte. Obwohl er sie ungerührt anschaute, spürte sie, dass sie ihn getroffen hatte. Und er war zu stolz, es zu zeigen.
Sie schüttelte den Kopf. „Tut mir leid. Oh Gott, Mr. Navarro. Es tut mir so leid. Das haben Sie nicht verdient.“
„Doch“, widersprach er. „Ich denke schon.“
„Sie machen doch nur Ihren Job. Und dann komme ich daher und prügle auf Sie ein.“ Angewidert von sich selbst, setzte sie sich neben ihn aufs Bett. „Ich habe es nur an Ihnen ausgelassen. Ich … ich bin so wütend auf mich selbst, weil ich es zulasse, dass er mir Schuldgefühle macht.“
„Warum denn Schuldgefühle?“
„Das ist ja das Verrückte daran. Ich weiß nicht, warum ich mich schuldig fühlen sollte. So wie er es gesagt hat, klingt es so, als ob ich ihn vernachlässigt hätte. Aber ich konnte doch nicht einfach kündigen. Ich liebe meinen Beruf.“
„Er ist Arzt. Er muss sicher auch viel arbeiten. Nachtdienste, Wochenenddienste.“
„Er arbeitet oft an den Wochenenden.“
„Und? Haben Sie sich beklagt?“
„Natürlich nicht. Es ist sein Job.“
„Nun?“ Er betrachtete sie mit einer hochgezogenen Augenbraue.
„Oh.“ Sie seufzte. „Das alte zweierlei Maß.“
„Richtig. Ich würde von meiner Frau nicht erwarten, dass sie einen Beruf aufgibt, den sie liebt, nur damit sie jeden Abend mit dem Essen auf mich wartet.“
Sie schaute auf ihre Hände, die gefaltet in ihrem Schoß lagen. „Wirklich nicht?“
„Nein. Das ist keine Liebe, sondern Besitzdenken.“
„Ihre Frau kann sich glücklich schätzen“, sagte sie weich.
„Das war nur theoretisch.“
Sie schaute ihn stirnrunzelnd an. „Sie meinen … diese Frau gibt es gar nicht?“
Er nickte langsam.
Dann war er also nicht verheiratet. Diese Tatsache erfüllte sie mit einer unerwarteten Freude. Was, um alles in der Welt, war los mit ihr?
Sie schaute weg, weil sie befürchtete, dass er die Verwirrung in ihren Augen sehen könnte. „Sie … äh … Sie sagten, dass Sie mit mir sprechen müssten.“
„Es geht um den Fall.“
„Es muss sehr wichtig sein, weil Sie sich die Mühe gemacht haben, mich zu finden.“
„Ich fürchte, wir haben eine neue Entwicklung. Keine sehr erfreuliche.“
Sie saß sehr still. „Ist irgendetwas passiert?“
„Erzählen Sie mir, was Sie über den Hausmeister der Kirche wissen.“
Sie schüttelte verständnislos den Kopf. „Ich kenne ihn überhaupt nicht. Ich weiß nicht einmal seinen Namen.“
„Sein Name war Jimmy Brogan. Wir haben ihn gestern den ganzen Tag gesucht. Er hat am Morgen die Kirche aufgeschlossen und hatte dann den ganzen Vormittag in und außerhalb der Kirche zu tun. Aber niemand scheint zu wissen, wo er nach der Explosion hingegangen ist.“
„Sie sagten war. Dass sein Name Jimmy Brogan war. Heißt das …“
Sam nickte. „Wir haben heute Morgen seine Leiche gefunden. Er saß mit einer Kugel im Kopf in seinem Wagen. Die Waffe lag neben ihm auf dem Sitz. Sie trug seine Fingerabdrücke.“
„Selbstmord?“, fragte sie leise.
„So scheint es.“
Sie schwieg, zu entsetzt, um etwas zu sagen.
„Wir warten noch auf den Laborbericht. Es gibt eine ganze Reihe Fragen, die mich in diesem Zusammenhang beschäftigen. Mir kommt das alles zu glatt vor. Es bindet alle losen Enden zusammen, die wir haben.“
„Einschließlich des Bombenanschlags.“
„Einschließlich des Bombenanschlags. Im Kofferraum des Wagens waren verschiedene Gegenstände, die Brogan mit dem Anschlag in Verbindung zu bringen scheinen. Eine Zündschnur. Grünes Isolierband und noch einiges mehr. Alles sehr überzeugende Beweise.“
„Aber Sie wirken nicht
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