Angst in deinen Augen
Tür. „Wir sollten besser gehen“, sagte er. „Es könnte nicht mehr viel Zeit bleiben.“
6. KAPITEL
D ie nächsten sechs Stunden verbrachten Sam und Nina in einem Krankenhauswartezimmer, dann kam der Neurologe herein und informierte sie, dass Robert auf dem Operationstisch gestorben war.
Nina nahm den Schlag in betäubtem Schweigen hin. Sie war zu entsetzt, um zu weinen und mehr zu sagen als: „Danke, dass Sie alles versucht haben.“ Sie registrierte kaum, dass Sam ihr den Arm um die Schultern legte. Erst als sie an seine Brust sank, spürte sie, dass er sie stützte.
„Hören Sie, ich denke, es ist das Beste, wenn ich Sie zunächst wieder zu Ihrem Vater bringe“, schlug er vor.
Sie sagte nichts, sondern nickte nur und hüllte sich auch während der Fahrt in Schweigen, bis Sam schließlich sagte: „Das können wir nicht Jimmy Brogan anhängen. Ich denke, er hatte mit der ganzen Sache nichts zu tun. Er hat etwas gesehen, das er nicht sehen sollte, und musste deshalb aus dem Weg geräumt werden. Und dann hat man versucht, seinen Tod als Selbstmord erscheinen zu lassen, um uns auf eine falsche Spur zu lenken. Unser Mörder ist sehr schlau.“ Er warf ihr einen kurzen Blick von der Seite zu und fuhr sachlich fort: „Ich will ganz offen zu Ihnen sein, Nina, denn alles andere würde bedeuten, den Kopf in den Sand zu stecken. Robert ist bereits tot, und Sie könnten die Nächste sein.“
Er machte eine Pause, doch als sie nichts sagte, fuhr er fort: „Ich habe heute noch etwas erfahren. Am Morgen Ihrer geplanten Trauung wurde in der Kirche ein Geschenk für Sie abgegeben. Es war an Sie und Robert adressiert.“
Sie brachte kein Wort heraus.
„Helfen Sie mir, Nina“, drängte er. „Nennen Sie mir einen Namen. Ein Motiv.“
„Ich habe es Ihnen schon gesagt“, gab sie erstickt zurück. „Ich weiß es nicht.“
„Robert hat zugegeben, dass es da eine andere Frau gab. Wissen Sie, wer das sein könnte?“
Sie schlang die Arme um ihre Taille und verkroch sich in ihrem Sitz. „Nein.“
„Ist Ihnen jemals aufgefallen, dass Daniella und Robert sich auffallend nah standen?“
Nina erstarrte. Daniella? Die Frau ihres Vaters? Sie dachte an die vergangenen sechs Monate zurück. Erinnerte sich an die Abende, die sie mit Robert im Haus ihres Vaters verbracht hatte. An all die Einladungen, die Abendessen. Sie hatte sich gefreut, dass Robert von ihrem Vater und Daniella so akzeptiert worden war, dass endlich auch in der Familie Cormier Harmonie eingekehrt war. Daniella hatte plötzlich angefangen, Nina und Robert in ihr Leben mit einzubeziehen und sie zu allen möglichen gesellschaftlichen Anlässen mitgeschleppt.
Daniella und Robert.
„Das ist unter anderem ein Grund, warum ich es für besser halte, wenn Sie die Nacht nicht dort verbringen. Vielleicht können Sie ja nur Ihre Sachen holen und woandershin gehen.“
Sie schaute ihn an. „Sie denken, dass Daniella … Sie könnte etwas damit zu tun haben?“
„Wir werden sie eingehend befragen.“
„Aber warum sollte sie Robert töten? Wenn sie ihn liebte?“
„Aus Eifersucht? Wenn sie ihn nicht bekommen konnte, sollte ihn keine bekommen?“
„Aber er hatte unsere Verlobung doch bereits gelöst! Es war aus zwischen uns!“
„War es das wirklich?“
Obwohl er die Frage in sanftem Ton stellte, hörte Nina die Anspannung, die darin mitschwang, heraus.
Sie sagte: „Sie waren da, Sam. Sie haben unseren Streit gehört. Er liebte mich nicht mehr. Manchmal denke ich, dass er mich nie geliebt hat.“ Sie ließ den Kopf hängen. „Für ihn war es definitiv aus.“
„Und für Sie?“
In ihren Augen brannten Tränen. Die ganze Zeit hatte sie es geschafft, nicht zu weinen, nicht zusammenzubrechen. Sie hatte sich so vollständig in ihre Betäubung zurückgezogen, dass sie die Tatsache, dass Robert tot war, nur in einer entfernten Ecke ihres Kopfes registriert, nicht aber gefühlt hatte. Sie wusste, dass sie trauern sollte. Egal wie sehr Robert ihr auch wehgetan haben mochte, er war immer noch der Mann, mit dem sie ein Jahr ihres Lebens verbracht hatte.
Jetzt kam es ihr wie ein anderes Leben vor. Nicht das ihre. Nicht Roberts. Nur ein Traum, der mit der Wirklichkeit nichts zu tun hatte.
Sie begann leise in sich hineinzuweinen. Es waren keine Tränen der Trauer, sondern der Erschöpfung.
Sam sagte nichts. Er fuhr einfach nur weiter, während die Frau neben ihm stille Tränen vergoss. Dabei gab es eine ganze Menge, was er gern gesagt hätte, aber da
Weitere Kostenlose Bücher