Angst in deinen Augen
doch dort sah es so wenig einladend aus, dass er sofort von der Idee Abstand nahm, sie darin unterzubringen. Es gab nur eine Lösung. Er würde auf der Couch schlafen und ihr sein Bett überlassen.
Bettwäsche. Gott, hatte er überhaupt frische Bettwäsche?
Panisch kramte er in einem Schrank und zog schließlich erleichtert eine saubere Garnitur heraus. Problem gelöst. Als er sich umdrehte, stand Nina direkt hinter ihm.
Sie streckte die Hand nach der Bettwäsche aus. „Ich mache mir mein Bett auf der Couch.“
„Die ist fürs Bett. Sie schlafen in meinem Zimmer.“
„Nein, Sam. Ich fühle mich so schon schuldig genug. Erlauben Sie bitte, dass ich auf der Couch schlafe.“
Irgendetwas in der Art, wie sie ihn anschaute – dieses trotzig vorgereckte Kinn –, sagte ihm, dass sie genug davon hatte, das Objekt seines Mitleids zu sein.
Er gab ihr die Bettwäsche und eine Wolldecke. „Die Couch ist nicht die allerbeste. Es macht Ihnen wirklich nichts aus?“
„Nein.“ Während sie das Bett machte, ging er in die Küche, um Gillis anzurufen und zu hören, ob es etwas Neues gab, aber es gab nichts.
Er ging zurück ins Wohnzimmer. Als sein Blick auf Nina fiel, die am Fenster stand, sagte er: „Ich würde mich besser fühlen, wenn Sie sich von diesem Fenster fernhielten.“ Hier im Wald hatte er nie die Notwendigkeit verspürt, vor den Fenstern Vorhänge anzubringen.
„Glauben Sie, dass uns jemand gefolgt ist?“
„Nein. Aber Sie sollten sich in nächster Zeit besser von allen Fenstern fernhalten.“
Erschauernd ging sie zur Couch und setzte sich. Sie hatte ihr Bett bereits gemacht, und er sah erst jetzt, wie schäbig die Wolldecke war. Schäbige Möblierung, schäbiges Bettzeug. Solche Nebensächlichkeiten hatten ihn früher nie gestört, aber jetzt störten sie ihn plötzlich aus unerfindlichen Gründen.
„Sie müssen hungrig sein“, sagte er.
Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht an Essen denken. Ich kann an nichts anderes denken, außer an …“
„Robert?“
Sie ließ den Kopf hängen und antwortete nicht. Weinte sie wieder? Sie hatte ein Recht dazu. Aber sie saß nur unbeweglich und schweigend da, als ob sie versuchte, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bekommen.
Er setzte sich in den Sessel gegenüber. „Erzählen Sie mir von Robert“, forderte er sie auf. „Erzählen Sie mir alles, was Sie über ihn wissen.“
Sie holte zitternd Atem, dann begann sie: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Wir haben ein Jahr zusammengelebt. Und jetzt kommt es mir so vor, als ob ich ihn überhaupt nicht gekannt hätte.“
„Haben Sie sich im Krankenhaus kennengelernt?“
Sie nickte. „Man konnte sich so gut mit ihm unterhalten. Er war schon überall, hatte alles gemacht. Ich erinnere mich noch, wie überrascht ich war, dass er nicht verheiratet war.“
„Nie?“
„Nie. Er sagte, dass er die Frau, mit der er sein Leben verbringen wollte, noch nicht gefunden hätte.“
„Dann muss er ja ganz schön wählerisch gewesen sein, immerhin war er schon einundvierzig. In seinem Alter sind viele Männer schon lange verheiratet.“
In ihrem Blick lag eine Spur von Belustigung. „Sie sind auch nicht verheiratet, Detective. Heißt das, dass Sie auch ganz schön wählerisch sind?“
„Schuldig. Obwohl ich dazu sagen muss, dass ich mich noch nicht wirklich umgeschaut habe.“
„Nicht interessiert?“
„Nicht genug Zeit für eine Romanze. Das liegt in der Natur meines Berufs.“
Sie stieß einen Seufzer aus. „Nein, es liegt wohl eher in der Natur des Mannes. Ich vermute, Männer wollen gar nicht wirklich heiraten.“
„Ich glaube nicht, dass solche Verallgemeinerungen zulässig sind. Aber kommen wir auf unser eigentliches Thema zurück. Sie sagen, dass Sie sich im Krankenhaus kennengelernt haben. War es Liebe auf den ersten Blick?“
Er sah, dass ein schmerzlicher Ausdruck über ihr Gesicht huschte. „Nein. Nein, das war es nicht. Zumindest nicht bei mir. Aber natürlich fand ich ihn attraktiv.“
Natürlich.
„Mom war entzückt“, fuhr sie fort. „Sie hatte wohl die Hoffnung schon aufgegeben, dass ich einen in ihren Augen angemessenen Mann kennenlernen würde, und plötzlich kam ich mit einem Arzt daher. Es war mehr, als sie je von mir erwartet hätte, und sie hörte bereits die Hochzeitsglocken läuten.“
„Und Ihr Vater?“
„Ich glaube, er war nur ziemlich erleichtert, dass ich mich mit jemandem traf, der mich bestimmt nicht seines Geldes wegen heiraten wollte. Das war immer
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