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Angst in deinen Augen

Angst in deinen Augen

Titel: Angst in deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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sie Robert Bledsoe allem Anschein nach immer noch liebte, hatte es keinen Sinn, sie daran zu erinnern, wie der Mann sie behandelt hatte.
    Als er von einer Welle der Frustration überschwemmt wurde, umklammerte er das Lenkrad fester. Die Robert Bledsoes dieser Welt verdienten es nicht, dass man ihnen auch nur eine einzige Träne nachweinte. Und doch schienen ausgerechnet sie es zu sein, über die Frauen ständig weinten. Die Goldjungen. Er schaute auf Nina, die sich in ihren Sitz kauerte, und spürte Mitgefühl in sich aufsteigen. Und noch etwas, etwas, das ihn überraschte. Verlangen.
    Und wieder unterdrückte er das Gefühl. Es war ja nichts dagegen zu sagen, wenn ein Polizist mitfühlend war, aber sobald seine Gefühle diese unsichtbare Grenze überschritten, wurde es Zeit, den Rückzug anzutreten.
    Aber ich kann den Rückzug nicht antreten. Nicht heute Abend. Nicht ehe ich dafür gesorgt habe, dass sie in Sicherheit ist.
    Ohne sie anzuschauen, sagte er: „Sie können nicht bei Ihrem Vater übernachten. Und was Ihre Mutter angeht – das Haus ist nicht sicher. Keine Alarmanlage, kein Tor. Und es ist zu leicht für den Mörder, Sie zu finden.“
    „Ich … ich habe heute einen Mietvertrag für eine Wohnung unterschrieben. Sie ist noch nicht möbliert, aber …“
    „Ich nehme an, Daniella weiß davon?“
    Es dauerte einen Moment, bis sie antwortete: „Ja.“
    „Dann scheidet sie aus. Was ist mit Freunden?“
    „Sie haben alle Kinder. Und wenn sie erfahren, dass irgendjemand hinter mir her ist …“ Sie holte tief Atem. „Ich werde wohl in ein Hotel gehen.“
    Er sah, dass sie versuchte, sich tapfer zu geben, aber es war nur Fassade. Gott, was sollte er jetzt bloß tun? Sie hatte Angst, und sie hatte allen Grund dazu. Sie waren beide hundemüde. Er konnte sie um diese Uhrzeit doch nicht einfach in irgendeinem Hotel absetzen. Wer auch immer hinter ihr her sein mochte, er hatte sowohl bei Jimmy Brogan als auch bei Robert Bledsoe ganze Arbeit geleistet. Für so einen Killer würde es ein Leichtes sein, sie zu finden.
    Die Abfahrt von der Route 1 Nord lag direkt vor ihm. Er nahm sie.
    Zwanzig Minuten später fuhren sie durch eine nur dünn besiedelte Waldgegend. Es war vor allem der Wald gewesen, von dem sich Sam, der in der Stadt zwischen Beton und Asphalt aufgewachsen war, angezogen gefühlt hatte, deshalb hatte er sich diese Hütte am See gebaut, in der er im Sommer jedes Wochenende verbrachte.
    Er bog auf einen Waldweg ein, der sich kurze Zeit dahinschlängelte, bevor er sich zu seiner mit Kies bestreuten Einfahrt verbreiterte. Erst als Sam den Motor ausmachte und auf seine Hütte schaute, beschlichen ihn die ersten Zweifel. Es war nur eine Blockhütte mit zwei Schlafzimmern, die er sich vor drei Jahren aus rohen Holzbalken zusammengezimmert hatte. Und was das Innere anbelangte, so war er sich nicht sicher, in welchem Zustand er es verlassen hatte.
    Na gut. Jetzt ließ sich nichts mehr daran ändern.
    Er ging um das Auto herum, um ihr die Tür zu öffnen. Nina stieg aus und schaute erstaunt auf die Hütte.
    „Wo sind wir?“
    „An einem sicheren Ort. Sicherer als in einem Hotel jedenfalls.“ Er deutete auf die Vorderveranda. „Es ist nur für heute Nacht. Bis wir etwas anderes für Sie finden.“
    „Wer wohnt hier?“
    „Ich.“
    Falls sie das beunruhigte, zeigte sie es nicht. Vielleicht war sie auch zu müde und zu verängstigt, um sich Gedanken darüber zu machen. Schweigend wartete sie, bis er die Tür aufgeschlossen hatte. Er ließ ihr den Vortritt und machte dann Licht.
    Bei seinem ersten Blick ins Wohnzimmer atmete er erleichtert auf. Keine Kleider auf der Couch, keine benutzten Teller auf dem Kaffeetisch. Nicht, dass mustergültige Ordnung geherrscht hätte. Mit den überall herumliegenden Zeitungen und den Staubflusen in den Ecken erweckte der Raum den untrüglichen Eindruck einer Junggesellenbehausung. Aber zumindest herrschte keine richtige Unordnung.
    Er schloss die Tür ab und schob den Riegel vor.
    Nina stand immer noch auf demselben Fleck und schaute wie betäubt vor sich hin. Er berührte ihre Schulter, und sie zuckte ängstlich zusammen.
    „Sind Sie okay?“
    „Ja, mir geht es gut.“
    „Sie sehen aber nicht so gut aus.“
    In Wahrheit bot sie ein Bild des Jammers mit dem bleichen Gesicht und den vom Weinen geröteten Augen. Er verspürte den plötzlichen Drang, seine Hände um ihr Gesicht zu legen. Es war keine gute Idee.
    Er drehte sich schnell um und ging ins Gästeschlafzimmer,

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