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Angst in der 9a

Titel: Angst in der 9a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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bekäme. Das stimmte zwar. Trotzdem war es ihm peinlich, so von ihrer Großzügigkeit zu profitieren.
    Durch einen langen Flur ging er zum Hof.
    Von dieser Maria hatte Gaby schon erzählt. Aber er kannte sie noch nicht.
    Sie war Italienerin, 16 Jahre alt und wohnte bei ihren Eltern, am Ende der Straße. Mit Gaby hatte sie sich vor Kurzem angefreundet.
    Mit Nachnamen hieß sie Estate, was Sommer bedeutet. Dass Marias Mutter als Hotelköchin arbeitete, wusste Tarzan von Gaby. Der Vater war Kellner.
    Bevor Tarzan durch die Hintertür trat, wurde er von wildem Geheul begrüßt.
    Oskar, Gabys schwarz-weißer Cockerspaniel, hatte seinen Freund entdeckt und schoss auf ihn zu.
    Es war jedes Mal dasselbe. Oskar sprang an ihm hoch, bellte und gebärdete sich wie toll vor Freude.
    Tarzan bückte sich, kraulte und streichelte ihn.
    Aus dem Tierheim hatte sich Gaby ihren Hund geholt. Und ein besseres Plätzchen konnte Oskar sich nicht wünschen. Nur in die Schule durfte er nicht mit. Aber in der übrigen Zeit sah man Gaby selten ohne ihn. Oskar hing in großer Liebe an ihr und machte gern die Kunststückchen vor, die sie ihm beibrachte. Leider war er auf einem Auge blind.
    Aber das fiel nicht auf und ist bei einem Hund auch nicht so tragisch wie bei einem Menschen. Für Hunde ist die Nase das wichtigste Organ. Sie schnüffeln und schnuppern und erforschen so ihre Umwelt und entwickeln ihre Intelligenz. Hunde, die zu wenig schnüffeln, weil Herrchen oder Frauchen sie von jeder Ecke gleich wegzerren, bleiben dumm. Leider wissen das die wenigsten Hundehalter. Deshalb sieht man immer wieder, wie die armen Vierbeiner an ihrer wichtigsten Beschäftigung gehindert werden.
    »Hallo, ihr beiden!«, grüßte Tarzan.
    Erstaunt sah er dann zu Boden.
    Denn eine dicke, weiße Maus kreuzte seinen Weg. Jetzt verhielt sie. Schnuppernd richtete sie sich auf den Hinterbeinen auf.
    »Die gehört Maria«, sagte Gaby lachend.
    »Aber um Himmels willen! Wenn Oskar sie frisst.« »Macht er nicht. Ich glaube sogar, er hat ein bisschen Angst vor ihr. Sieh dir das an!«
    Oskar war auf die Maus zugelaufen. Einen halben Meter vor ihr machte er Halt. Er legte sich auf den Bauch und schob schnüffelnd die Nase vor. Dann bellte er – so wie er bellt, wenn er seinesgleichen, Gaby oder Tarzan zum Spielen auffordert.
    Die Maus schien sich nicht daran zu stören, sondern lief ihm entgegen. Als sie auf seine Pfote klettern wollte, zuckte Oskar zurück. Schleunigst nahm er Reißaus.
    Die beiden Mädchen lachten und auch Tarzan vergaß für einen Moment seinen Ärger.
    »Das ist Tarzan«, wurde er von Gaby vorgestellt.
    Scheu gab Maria ihm die Hand. Sie hatte langes, dunkles Haar, ein schmales Gesicht mit sanften braunen Augen und einen kleinen, herzförmigen Mund.
     
    Sie sah nett aus, aber ob er sie als hübsch einstufen sollte, wusste Tarzan nicht recht. Doch das war unwichtig, denn sieschien liebenswürdig zu sein; und Gaby hatte mit Begeisterung von ihr gesprochen.
    Tarzan setzte sich die Maus auf den Unterarm. Sofort kletterte sie zur Schulter hoch und von dort über seine dichten Locken im Nacken auf den Kopf. Dann schien sie sich für sein rechtes Ohr zu interessieren.
    »Du hast keinen kleinen Mann im Ohr«, lachte Gaby, »sondern eine weiße Maus.«
    »Wer weiße Mäuse sieht«, erwiderte er, »ist meistens betrunken.«
    Maria lächelte. So sanft, wie sie aussah, so schien auch ihr Wesen zu sein. Und um viel zu reden, war sie zu scheu. So gesehen, passte sie zu Gaby, die weder schüchtern noch auf den Mund gefallen war, recht gut.
    »Nun?«, fragte Gaby gespannt.
    Tarzan wusste sofort, was sie meinte, und berichtete von seinem Besuch bei der Mübo.
    Begeistert klatschte Gaby in die Hände. »Ist das nett! Also wirklich! Wenn die Vier geblieben wäre, hätte ich mich so geärgert, dass ich in Englisch nichts mehr gekonnt hätte. Dass du das für mich gemacht hast, vergesse ich dir nie. Bei der Mübo werde ich mich noch bedanken. Wenn sie eine Eins vorschlägt, kann mich die Raul niemals auf einer Vier lassen.« Sie wandte sich an Maria. »Du weißt ja, worum es geht.«
    Die Italienerin nickte.
    Gaby sah Tarzan an. »He, was machst du für ein Gesicht – schon die ganze Zeit? Freut es dich nicht«, sagte sie in gestelztem Ton, »dass mir Gerechtigkeit widerfährt?«
    »Doch. Sehr sogar. Aber das bringt mir mein Rad nicht zurück.«
    »Wie bitte? Was ist mit deinem Rad?«
    Tarzan erzählte.
    Fassungslos hatte Gaby zugehört. Gerade wollte sie ihrer Empörung

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