Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Angst in der 9a

Titel: Angst in der 9a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
Wucht; außerdem bestand zwischen ihr und Gaby eine sehr große Ähnlichkeit. Dass es sich um Mutter und Tochter handelte, sah man auf den ersten Blick.
    Tarzan schob sich eine Kirsche in den Mund. Den Kern spuckte er in den Rinnstein. Die Kirsche schmeckte herrlich.
    Als er bei der Landschaftsstraße ankam, hatte er alle verspeist.
    Donnerwetter!, dachte er. Ich mache Klößchen Konkurrenz. Aber Obst ist ja immer noch das Gesündeste.

5. Ein böser Trick
    Langsam ging er an dem Haus vorbei. Es war spinatfarben angestrichen. Seitlich dahinter stand eine Doppelgarage, zu der die asphaltierte Einfahrt führte. Ein schmuckloser Garten dörrte in der Sommersonne. Offensichtlich kümmerte sich niemand um ihn. Die wenigen Johannisbeersträucher trugen keine Früchte, waren abgestorben und kahl. Der Rasen hatte sandige Löcher.
    Tarzan ging noch ein Stück, wechselte dann auf die andere Straßenseite hinüber und schlenderte zurück.
    Die bucklige Straße wurde offenbar von den Autos gemieden. Kastanienbäume zu beiden Seiten spendeten Schatten. In den Zweigen sorgten Singvögel für ein unterhaltsames Konzert.
    Er erreichte die Höhe der Einfahrt, sah hinüber und trat rasch hinter den dicken Stamm einer Kastanie.
    Verstohlen linste er daran vorbei.
    Die Rockertype Otto Seibold junior, King genannt, hatte durch die Seitentür das Haus verlassen.
    Er trug Jeans, schwere Stiefel und die schwarze Lederjacke wie vorhin. Beim Gehen ruderte er mit Schultern und Armen. Es wirkte, als tappe ein Gorilla über Glasscherben. Vielleicht sollte das ausdrücken, wie wichtig und stark Otto Seibold sich fühlte.
    Er ging zur Garage, fummelte in der Hosentasche, fand den Schlüssel und öffnete das Blechtor.
    Als er es hochklappte, kniff Tarzan die Augen zusammen. Was er sah, ließ sein Herz schneller schlagen.
    In der Garage standen ein Jeep und, daneben gequetscht, ein Motorrad. Aber an der Rückwand – unter einem kleinen Fenster – lehnte ein Rennrad.
    Tarzan sah nur den Lenker und ein Stück vom Sattel. Die Entfernung betrug mehr als 50 Meter. Außerdem war es schattig in der Garage, was das Erkennen erschwerte.

     
    Dennoch fühlte er sich wie elektrisiert.
    War das sein Rad?
    Seibold schob das Motorrad ins Freie. Er klappte das Tor zu und schloss sorgfältig ab.
    Zu jemandem, der sich offenbar hinter dem Haus aufhielt, weshalb Tarzan ihn nicht sehen konnte, rief er: »Wenn was ist – ich bin in der Fattoria.«
    Dann stieg er in den Sattel, als ginge es um den großen Preis der 1000-ccm-Klasse, und donnerte los. Natürlich ohne Helm. Den hatte er nicht mal mit.
    Der Kopf ist bestimmt nicht sein edelster Körperteil, dachte Tarzan. Aber wenn er sich überschlägt, kann es ihn trotzdem das Leben kosten.
    Er blickte dem King nach. Zur Fattoria also? Das war nicht weit. Höchstens fünf Minuten zu Fuß. Trotzdem musste ein echter Rocker natürlich mit schwerer Maschine vorfahren. Dieser lächerliche Angeber! Die Fattoria? Tarzan kannte sie vom Vorbeifahren. Drin gewesen war er noch nicht. Wie der Name schon sagte, handelte es sich um ein italienisches Restaurant.
    Tarzan spähte hinüber. Wer war hinterm Haus?
    Koste es, was es wolle – er musste hinter die Garage, durch das Fenster sehen und feststellen, ob es sein Rad war oder nicht.
    Er zögerte keine Sekunde, lief durch die Einfahrt, an dem Gebäude vorbei, auf die Garage zu. Dabei hielt er sich links, um sie auf der hofabgewandten Seite zu umrunden.
    Das schaffte er auch. Jetzt war er hinter der Doppelgarage. Er flitzte über steinigen Boden und stellte fest, dass er vom Hof aus sehr wohl gesehen werden konnte – denn der zog sich weit nach hinten; und der bullige Mensch, der dort werkelte, befand sich im Blickfeld. Allerdings – er wandte Tarzan den Rücken zu, weil er sich in einen signalroten Porsche beugte. Bemerkt hatte er ihn noch nicht.
    Die Garagenrückwand wies zwei kleine Fenster auf.
    Tarzan presste die Nase ans erste und stellte sich auf die Zehenspitzen.
    Staub machte die Scheibe blind. Spinnweben hingen im Winkel. Dennoch konnte er das Rad sehen.
    Es war seine geliebte Tretmühle.
    »He, Bengel! Was machst du da?«, hörte er eine wütende Stimme.
    Otto Seibold senior ähnelte seinem Sohn – beziehungsweise der ihm: Das gleiche grobe Gesicht – nur ein Vierteljahrhundert älter –, auf der Oberlippe die gleichen stacheligen Borsten, die allenfalls an das Hinterteil eines verteidigungsbereiten Igels erinnerten.
    Er kam heran, die Hemdsärmel aufgerollt. Beide

Weitere Kostenlose Bücher