Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid
Schritten musste Josh ihn beinahe tragen. Sie hielten neben einer umgestürzten Kiefer an, keuchend und schwankend vor Erschöpfung. Josh holte erneut seinen Kompass hervor.
»Hast du Waffen dabei?«, brachte Streng mühsam hervor.
»Nur ein Taschenmesser.«
»Nimm es in die Hand und mach dich bereit, es zu benutzen. Leuchte mal da lang.«
Josh folgte Strengs zitternder Hand. Der Sheriff holte sein Magazin heraus und zählte die Kugeln.
»Vier. Plus eine im Lauf. Sie werden aus unterschiedlichen Richtungen angreifen. Dieser Ajax wird den meisten Lärm machen. Mit Santiago müssen wir von der Seite rechnen, leise und geschmeidig. Ich will, dass du dich versteckst und Santiago angreifst, sobald er sich zeigt. Weißt du, wo sich die Hauptschlagader befindet?«
Josh nickte. Er sah sie in seinem Anatomiebuch vor seinem inneren Auge vor sich.
»Du musst von der Seite kommen, um unter seine Uniform und somit seine Panzerung zu gelangen. Stich hart und tief zu, und das Messer immer schön drehen.«
»Und was ist mit dem anderen?«
»Den werde ich ein wenig beschäftigen.«
Josh legte beide Hände auf Strengs Schultern und blickte ihm tief in die Augen.
»Sie können es nicht mit ihm allein aufnehmen. Was er Sal angetan hat … Es war unmenschlich.«
»Sal war unbewaffnet. Es kümmert mich nicht, wie groß ein Mann ist. Wenn man ihn ein paarmal im Tank erwischt, verliert er Benzin. Zeig mir dein Messer.«
Josh reichte ihm sein Schweizer Offiziersmesser. Die Klinge hatte er ausgeklappt.
»Das soll ein Messer sein? Wo hast du das gewonnen? Bei den Pfadfindern?«
Josh fand Strengs Humor nicht sonderlich aufmunternd. »Kämpfen hat keinen Sinn«, meinte er. »Wir sollten besser weiter.
Die Straße ist etwa eineinhalb Kilometer von hier entfernt.«
»Dann geh.«
»Wir gehen beide.«
»Junge, ich kann nirgendwo mehr hin.«
»Sie schaffen das.«
»Nein, ich schaffe das nicht.«
Streng nahm die Taschenlampe und leuchtete an sich herab. Seine Hose war rot gefärbt.
»Dieser Santiago hat irgendwas kaputt gemacht. Das Einzige, was mich noch auf den Beinen hält, ist mein Adrenalin. Und das geht mir auch langsam aus.«
Josh hätte sich beinahe übergeben.
»Ich konnte Sal nicht retten. Ich habe mich mit einem Stuhl auf den Riesen geworfen, aber der hat mich einfach beiseitegeschubst, als ob ich ein Teddy wäre.«
»Da konntest du nichts machen, Junge.«
»Ich hätte etwas anderes probieren müssen.«
»Wir haben jetzt keine Zeit für Spekulationen, Josh. Entweder du machst dich auf den Weg oder versteckst dich hinter einem Busch. Aber entscheide dich - und zwar sofort!«
Josh schloss die Augen und redete wie benommen weiter. »Er hat Sals Kopf einfach abgedreht, Sheriff. Wie einen Flaschenverschluss.« Josh spürte das Brennen der Ohrfeige auf seiner Wange eine Sekunde, nachdem er sie klatschen gehört hatte. Dann packte ihn Sheriff Streng am Kragen.
»Diese Riesenkreatur ist mehr als zwei Meter groß und bringt locker vier Zentner auf die Waage. Wer weiß, welche Steroide der zum Frühstück frisst. Du hättest nichts gegen ihn ausrichten können, nicht einmal mit einer Panzerfaust. Also - vergib dir und leg einen Gang zu, oder wir sterben beide hier und jetzt.«
Die Hitze stieg Josh in die Wange, auf die der Sheriff ihn geschlagen hatte. Er nickte und ging los, um einen Platz zu suchen, an dem er sich verstecken konnte - das Schweizer Offiziersmesser fest in der Hand.
»Ich habe ein Problem mit meinem Telefon«, sagte Mrs. Teller zu Duncan. »Ich kann zwar Leute in Safe Haven anrufen, aber sobald ich eine Nummer außerhalb der Stadt wähle, komme ich nicht durch. Das Gleiche gilt auch für den Notruf. Könnte das etwas mit dem Stromausfall zu tun haben?«
»Was ist denn überhaupt los?«
Die alte Frau lud das Gewehr nach. »Mr. Teller hat uns zu Lebzeiten immer davor gewarnt. Hier, hilf mir mit diesen Schlössern.«
Duncan gehorchte und verriegelte die drei Türschlösser hinter sich, wobei er immer wieder aus dem Fenster schaute.
»Mach dir keine Sorgen um die Fenster. Die Scheiben sind einbruchsicher. Mr. Teller ließ sie vor einigen Jahren ersetzen, als er schon meschugge war. Zwischen den Scheiben ist Plastik, weißt du? Man könnte mit einem Baseballschläger darauf schlagen, und sie würden trotzdem nicht nachgeben.«
Duncan leuchtete mit Mrs. Tellers Taschenlampe durch das Fenster ins Freie. Er sah, wie sich Bernie hinsetzte, sich etwas unter die Nase hielt und tief einatmete.
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