Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid
und die Rollen kullerten auf den Boden. Woof bellte laut auf und fing dann zu knurren an.
»Woof! Hierher!«, schrie Duncan. Er war um seinen Hund genauso besorgt wie um sich selbst.
Woof hörte aber nicht zu knurren auf. Es war zu viel Rauch in der Luft, um zu sehen, was los war. Duncan glaubte, wieder seine Mutter zu hören, war sich aber nicht sicher. Die Flammen knisterten laut um ihn herum, und Woof hatte erneut begonnen, das Feuer anzubellen, als ob es Nachbars Katze wäre. Drei der vier Regale brannten jetzt lichterloh, und der Rauch war so dicht, dass jeder Atemzug schmerzte.
Dann ein weiterer Schuss - und Woofs Bellen erstarb.
Duncan blieb fast das Herz stehen. Aber er weinte nicht.
Vielleicht hatte er einfach keine Tränen mehr übrig. Mehr denn je sehnte er sich nach seiner Mutter. Er wollte sie umarmen. Sie würde ihn beschützen. Sie würde dafür sorgen, dass es ihm besserging.
Aber Mom war nicht da.
Dieser Mann, Bernie, hatte Duncan Angst eingejagt. Aber jetzt hatte er noch viel mehr Angst vor Mrs. Teller. Sie sollte auf ihn aufpassen. Wie konnte sie nur so etwas tun? Duncan vergrub das Gesicht in den Händen, und sein ganzer Körper fing zu zittern an. Er wünschte, dass nichts von all dem wahr sein würde, dass er nur einen fürchterlichen Alptraum hätte.
Dann bellte Woof.
Er lebt!
»Woof!«, brüllte Duncan. »Woof, bei Fuß!«
Woof winselte. Duncan hatte ihn erst einmal zuvor winseln gehört, als er beim Tierarzt eine Spritze gegen Tollwut bekommen hatte.
»Woof?«
»Ich habe deinen Hund, Duncan«, sagte Mrs. Teller.
Woof winselte erneut. Was machte sie mit ihm? Duncan konnte nichts erkennen.
»Ich flehe Sie an, Mrs. Teller. Josh und Mom sind dabei, uns zu retten.«
Mrs. Teller hustete. »Das weiß ich. Komm her zu mir und deinem Hündchen. Dann warten wir zusammen auf sie.«
Duncan wollte ihr glauben. Er wollte ihr wirklich glauben. Mrs. Teller hatte ihn noch nie zuvor angelogen.
Aber sie hatte auch noch nie zuvor versucht, ihn zu erschießen.
»Komm her, Duncan. Dein Hündchen möchte auch, dass du kommst.«
Woof winselte erneut.
»Geben Sie mir das Gewehr.« Duncans Stimme klang dünn und leise, beinahe wie ein Flüstern.
»Komm her, Duncan. Schnell.«
»Erst müssen Sie mir das Gewehr geben«, wiederholte er, diesmal lauter.
»Ich kenne dich schon seit Jahren, Duncan. Ich sage nichts als die Wahrheit. Ich will nur das Beste für dich. Für uns alle. Ich bin deine Babysitterin. Ich bin erwachsen. Du musst Erwachsenen gehorchen, Duncan. Hat dir deine Mutter das nicht beigebracht?«
Doch, das hatte ihm seine Mom beigebracht. Und Duncan wollte nichts lieber, als Woof zu umarmen. Er kroch in die Richtung, aus der Mrs. Tellers Stimme kam. Aber der Schmerz in seinem Bein erinnerte ihn daran, dass er ihr nicht glauben durfte.
»Lassen Sie Woof los, und geben Sie mir das Gewehr. Dann komme ich zu Ihnen.«
»Duncan …«
»Lassen Sie Woof los!«, brüllte Duncan auf einmal. Er hatte noch nie zuvor die Stimme gegen einen Erwachsenen erhoben. Es fühlte sich komisch an, irgendwie falsch. Aber er musste ihr klarmachen, dass er es ernst meinte. »Und geben Sie mir das Gewehr, Mrs. Teller!«
»Du ungezogener Bengel!«
Woof knurrte, und Mrs. Teller schrie auf. Dann - es passierte so schnell, dass es Duncan völlig überraschte - blies ihm heißer Atem entgegen. Erschreckt zuckte Duncan zurück, aber schon leckte Woof seine Wangen und schnüffelte an seinem Hals. Duncan drückte den Beagle an seine Brust und wischte die laufende Nase an Woofs Fell ab. Woof schien es gutzugehen. Er wirkte unverletzt.
»Duncan …«
Mrs. Tellers Stimme versetzte Duncan erneut in Angst und Schrecken. Er kroch wieder zurück in seine Ecke und versteckte sich dort hinter einem heruntergefallenen Karton.
»Duncan … Dein Hund hat mich gebissen … Ich brauche deine Hilfe …«
Duncan rührte sich nicht vom Fleck. Der Rauch hing so schwer wie Sturmwolken in der Luft. Es war unmöglich, zu atmen, ohne zu husten.
»Ich blute, Duncan. Ich verblute … Ich brauche … Ich brauche den Erste-Hilfe-Kasten.«
Woof knurrte in Mrs. Tellers Richtung. Duncan fasste ihn am Halsband und hielt ihn zurück. Er wollte nichts als ganz klein werden oder verschwinden. Warum war Mom noch immer nicht hier?
»Ich tu dir nicht weh, Duncan … Ich brauche nur deine Hilfe … Bitte, Junge … Den Erste-Hilfe-Kasten …«
Duncan erinnerte sich an die vielen Stunden, die er zusammen mit Mrs. Teller verbracht hatte. Die
Weitere Kostenlose Bücher