Angst vor dem zweiten Anfang: turbulante Familiengeschichte (German Edition)
lebendig geworden war. Er fragte sich, ob er wohl im Gegensatz zu ihrem Ideal eines perfekten Mannes stand. „Sanna kann ich dich etwas sehr Persönliches fragen?“
„Fragen kannst du.“
Sein Lächeln wurde breiter. „Das ist nur fair.“ Dann wurde er wieder ernst. „Wie war dein Mann?“ Er wollte mehr über den Mann wissen, der es geschafft hatte, ihr Herz so dauerhaft zu erringen, dass sie auch zwei Jahre nach seinem Tod noch nicht ausging. Sie hatte gesagt, die Kinder seien der Grund dafür, und er glaubte ihr das bis zu einem gewissen Grad, aber er hatte das Gefühl, das es da noch mehr gab.
„Rainer?“, fragte sie zögernd. „Warum willst du etwas über Rainer wissen?“
„Weil ich neugierig bin. Aber ich kann es verstehen, wenn du lieber nicht über ihn sprechen willst.“
„Nein. Ich meine ... Was willst du denn wissen?“
„Alles, was du mir erzählen willst.“ Er ließ ihr einen Moment Zeit für eine Antwort. Als keine kam, fragte er: „Wie habt ihr euch kennengelernt?“
„Meine Freundin ist mit seinem jüngeren Bruder ausgegangen, dadurch sind wir manchmal zu viert gewesen. Wir haben dann angefangen, uns regelmäßig zu verabreden, und ein Jahr nach meinem Abschluss an der Uni haben wir geheiratet.“
Rainer war also ihr Studienfreund gewesen!
Johannes entspannte sich.
Daran war nichts Besonderes oder Einzigartiges. „Was hast du studiert?“
„Kunst und Literatur.“
„Was machst du?“ Er hatte gar nicht darüber nachgedacht, womit sie sich ihr Geld verdiente. Er war davon ausgegangen, dass sie zu Hause bei den Kindern blieb. Eine dumme Annahme angesichts der heutigen Zeit.
„Ich bin Kinderbuchautorin und es läuft ganz gut. Nach dem Studium habe ich zunächst in einem Verlag gearbeitet. Dann kamen die Kinder, Jonas, Anna-Maria und David. Sie waren mir wichtiger als eine Karriere.“ Sie schwieg einen Moment, als wollte sie überlegen, wie viel sie ihm erzählen konnte, dann fuhr sie fort: „Sobald David in den Kindergarten geht, werde ich wieder in einem Verlag arbeiten.“
Johannes stieß einen leisen Pfiff aus. „Ganz schön ehrgeizig.“
„Nein, nur logisch.“ Sie lachte beim letzten Wort.
„Zu Hause arbeiten ist manchmal ganz schön, aber mir fehlen die Kontakte. Im Verlag ist es doch schöner.“
„Dann willst du wirklich wieder arbeiten?“
„Na ja, das tue ich ja schon. Von irgendetwas müssen wir ja leben. Ich arbeite zu Hause als freiberufliche Kinderbuchautorin. Wie gesagt, im Moment gehen meine Bücher ganz gut, aber das kann sich rasch ändern. Man muss immer am Ball bleiben.“
Gute Güte! Was für eine beunruhigende Art, das Leben zu betrachten. Sannas Leben. Ihre ganze Existenz war für und um die Kinder herum aufgebaut. Er fragte sich, ob in ihrem überfüllten Leben noch Platz für ihn sein konnte.
Es war eine Woche später, als Sanna auf die Auffahrt fuhr und den Motor ausstellte. Sie war erschöpft. Der Ausflug ins Schwimmbad heute war ein einziges strapaziöses Chaos gewesen. Die Temperatur lag bei fast vierzig Grad, und alle hatten die gleiche Idee gehabt. Sie sah zu Mona hinüber, die auf dem Beifahrersitz saß. Mona hatte sie heute Morgen angerufen und schamlos gefragt, ob sie zum Schwimmbad mitfahren dürfe. Ihr Auto war in der Werkstatt. „Was für ein toller Tag“, meinte Sanna. „Was meinst du, sollten wir mit dieser reizenden Bande tun, wenn sie wieder ins Schwimmbad wollen?“
Das Geschrei von sechs Kindern auf dem Rücksitz übertönte das meiste von Monas Antwort, aber die paar Fetzen, die Sanna verstand, reichten.
„Mama!“ jammerte Anna-Maria, „Jonas macht Heidi nass!“
„Das war ich nicht“, wehrte sich Jonas. „Das war Sam mit seiner Wasserpistole.“
Mona drehte sich nach hinten um und streckte die Hand aus.
„Her damit, Knabe! Ich habe dir doch gesagt, dass du sie am Pool leeren sollst.“
„Jetzt ist sie leer, Mama“, erwiderte Sam.
Mona drohte ihm mit dem Finger und zog eine perfekt gezupfte Braue hoch. Sie hielt die Wasserpistole in der Hand, ehe Sam die Tür öffnete und ausstieg.
Jonas, Anna-Maria und Sams Halbschwestern folgten ihm aus dem Wagen und liefen in den Garten. David schlief fest in seinem Kindersitz.
„Komm mit, Sam“, sagte Jonas. „Ich zeige dir, was Johannes mit meinem Baumhaus gemacht hat. Das ist jetzt echt cool!“ Die Jungen rannten in Richtung der alten Eiche davon.
Mona sah Sanna an. „Wie geht es unserem Mister Umwerfend?“, wollte sie wissen.
„Johannes
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