Angst vor dem zweiten Anfang: turbulante Familiengeschichte (German Edition)
Kinder und ich könnten dich eines Tages, wenn du nicht zu viel zu tun hat, mal im Büro besuchen?“
„Meinst du das ernst, Sanna?“
„Natürlich ist das mein Ernst.“ Sie stützte sich auf einen Ellbogen und sah ihm ins Gesicht, doch es war zu dunkel dafür. „Ich interessiere mich wirklich für das, was du tust.“
„Morgen. Komm morgen um elf, und hinterher lade ich euch zum Essen ein.“
Morgen! War er verrückt geworden? Sie konnte seinen Terminplan doch nicht so durcheinanderbringen. „Ich will mich dir nicht aufdrängen, Johannes. Lass mich nur wissen, wann du mal ein paar freie Minuten hast, und dann kommen wir.“
Er nahm sie in die Arme und drückte sie so fest an sich, dass sie fast schon Angst hatte, er würde ihr die Rippen brechen. „Morgen, Sanna. Ich erwarte euch alle um elf, sonst komme ich, um euch zu holen.“
11.
Sanna sah sich bewundernd im Empfangsbereich um. Sie packte Davids Hand fester und betete, dass Jonas und Anna-Maria nichts anfassten. Alles hier strahlte Eleganz und Gediegenheit aus. Die antiken Möbel passten hervorragend in das geräumige Foyer. Wenn sie ein reicher Klient wäre, der nach jemandem suchte, der ihm sein Haus umbaute, würde sie Johannes schon allein wegen dieses Foyers anheuern.
Die Dame an der Rezeption lächelte Sanna freundlich an, nachdem sie den Hörer aufgelegt hatte.
„Herr. Kluger ist gleich unten.“
Sanna erwiderte nervös dieses Lächeln. „Danke.“ Die junge Frau wirkte tüchtig und sehr fähig. Sie sah auch recht neugierig aus, als sie Sanna und die Kinder betrachtete.
Als Sanna an der Rezeption mitgeteilt hatte, sie wolle zu Herrn Kluger, hatte die Empfangsdame sie informiert, dass Herr Kluger sie und die Kinder erwarte. Sanna war geschmeichelt, dass Johannes sich die Zeit genommen hatte, an der Rezeption Bescheid zu sagen, dass sie kam, aber nun fragte sie sich, was Johannes wohl noch erzählt hatte. Aus den versteckten Blicken, die die Frau ihr und den Kindern zuwarf, schloss Sanna, dass Johannes wohl nicht allzu oft weiblichen Besuch bekam. Schon gar nicht weiblichen Besuch mit drei Kindern im Schlepptau.
„Johannes!“, schrie Anna-Maria, als sie ihn die Treppe herunterkommen sah. Sanna krümmte sich innerlich, als ihre Tochter durch das Foyer schoss, um Johannes zu begrüßen. Jonas war direkt hinter ihr, und David zog so hart an ihrer Hand, dass sie ihn loslassen musste. Was bedeutete schon ein Kind mehr in dem Aufruhr?
Sie war ohnehin schon zutiefst beschämt. Johannes würde ihr nie verzeihen, dass sie so bei ihm einbrach. Sie waren zu einem kurzen Informationsbesuch eingeladen worden, nicht zu einem Brüllwettbewerb.
Bei den seltenen Gelegenheiten, wenn Rainer ihr erlaubt hatte, die Kinder mit ins Büro zu bringen, war er schon wütend geworden, sobald auch nur ein Laut von ihnen zu hören war. Es hatte ein paar Besuche gebraucht, bis Sanna erkannt hatte, dass Rainer sie nicht einlud, weil er sie oder die Kinder vermisste, sondern weil er den Angestellten seine kleine perfekte Familie vorführen wollte.
Danach war sie nur noch selten in sein Büro in der Stadt gekommen.
Voller dunkler Ahnungen erwartete sie Johannes Reaktion auf die enthusiastische Begrüßung durch ihre Kinder. Sicher würde er sich ähnlich verhalten wie Rainer, wäre nicht mehr der Geliebte, sondern ganz der große Boss. Sie wusste nicht, ob sie für den Wechsel bereit war, aber deswegen hatte sie ja hierher kommen wollen. Sie musste auch jene andere Seite von Johannes kennenlernen.
Im nächsten Moment blieb ihr der Mund offenstehen, als Johannes Anna-Maria kurz umarmte, Jonas ordentlich gekämmte Haare verwuschelte und David auf den Arm nahm. Er lächelte sie und die Kinder an! Die stürmische Begrüßung schien ihn weder wütend gemacht noch aus der Fassung gebracht zu haben. Im Gegenteil, er wirkte verdammt froh, sie zu sehen.
Wann würde Johannes einmal so reagieren, wie sie es erwartete? Die leise Stimme in ihrem Kopf antwortete auf einmal nicht mehr leise, sondern laut und unüberhörbar. Vielleicht, wenn du aufhörst, ihn mit Rainer zu vergleichen! Die Stimme hatte recht. Es war nicht richtig, dass sie Johannes immer noch mit Rainer verglich. Es war an der Zeit, damit aufzuhören.
Sie erwiderte Johannes Lächeln und ging auf ihn zu. Er trug David noch immer auf dem Arm und hielt
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