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Angst

Angst

Titel: Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Haare schienen sich wie Borsten aufzustellen.
    Er ging die letzte Stufe hinunter.
    Das Haus war eine Belle-Époque-Villa, 1902 erbaut von einem französischen Geschäftsmann, der ein Vermögen damit gemacht hatte, aus Kohleabfällen Öl zu gewinnen. Der Vorbesitzer hatte das Haus bis ins kleinste Detail von einem Innenarchitekten gestalten lassen, sodass Hoffmann nur noch hatte einzuziehen brauchen. Vielleicht war das der Grund, warum er sich nie ganz zu Hause gefühlt hatte. Links von ihm befand sich die Haustür, direkt vor ihm die Tür in den Salon. Rechts führte ein Durchgang ins Innere des Hauses: zum Esszimmer, zur Küche, zur Bibliothek und zu einem viktorianischen Wintergarten, in dem Gabrielle sich ihr Studio eingerichtet hatte. Mit erhobenen, abwehrbereiten Händen stand Hoffmann regungslos da. Er hörte nichts. Aus einer Ecke der Halle zwinkerte ihm das winzige rote Auge des Bewegungsmelders zu. Wenn er nicht aufpasste, würde er selbst den Alarm auslösen. Seit ihrem Einzug hatte er das in Cologny schon zweimal miterlebt – große Häuser, die wie reiche hysterische alte Ladys grundlos hinter ihren hohen, von Efeu überwucherten Mauern losheulten.
    Er nahm die Hände herunter und ging quer durch den Flur zu der Stelle, an der ein antikes Barometer an der Wand hing. Er drückte auf einen Schnappverschluss, und das Barometer schwang auf. Dahinter versteckte sich das Fach für den Steuerkasten der Alarmanlage. Er streckte den rechten Zeigefinger aus, um den Code einzutippen, der die Anlage ausschaltete – und erstarrte.
    Die Alarmanlage war schon deaktiviert.
    Der Finger verharrte in der Luft, während der rationale Teil seines Gehirns nach einer beruhigenden Erklärung suchte. Vielleicht war Gabrielle noch einmal hinuntergegangen, hatte die Anlage ausgeschaltet und dann, als sie zurück ins Bett gegangen war, vergessen, sie wieder einzuschalten. Oder er selbst hatte entgegen seiner Erinnerung vergessen, sie einzuschalten. Oder sie funktionierte nicht richtig.
    Er drehte sich langsam nach links und warf einen prüfenden Blick auf die Haustür. Der Schein der Lampe spiegelte sich in ihrem glänzenden schwarzen Anstrich. Die Tür schien verschlossen zu sein, kein Anzeichen, dass sie gewaltsam geöffnet worden war. Wie die Alarmanlage war auch die Tür auf dem neuesten technischen Stand und durch denselben vierstelligen Code gesichert. Er schaute sich um, blickte die Treppe hinauf und in den Durchgang, der ins Innere des Hauses führte. Alles war ruhig. Er ging auf die Tür zu. Er tippte den Code ein und hörte das Klicken der zurückgleitenden Bolzen. Er drückte die schwere Messingklinke hinunter, öffnete die Tür und trat hinaus auf die dunkle Vorderveranda.
    Über der tiefschwarzen Rasenfläche stand der silbrig blaue Mond, der wie ein Diskus aussah, der mit hoher Ge schwindigkeit die dahineilenden schwarzen Wolkenmassen durchtrennte. Die Schatten der großen Tannen, die das Haus von der Straße abschirmten, schwankten rauschend im Wind.
    Hoffmann ging ein paar Schritte hinaus in die Kieseinfahrt – gerade weit genug, um den Strahl der Infrarotsensoren zu unterbrechen und die Scheinwerfer vor dem Haus einzuschalten. Das grelle Licht ließ ihn zusammenfahren und wie einen flüchtenden Sträfling zur Salzsäule erstarren. Er hielt sich schützend die Hände vor die Augen, drehte sich zu dem gelben Licht der Eingangshalle um und sah, dass neben der Haustür fein säuberlich ein Paar großer schwarzer Stiefel stand – als hätte ihr Besitzer keinen Dreck ins Haus tragen oder dessen Bewohner nicht stören wollen. Die Stiefel gehörten nicht Hoffmann, und sie gehörten bestimmt nicht Gabrielle. Außerdem war er sich sicher, dass sie noch nicht dagestanden hatten, als er vor knapp sechs Stunden nach Hause gekommen war.
    Während er auf die Stiefel stierte, zog er sein Handy aus dem Morgenmantel und ließ es beinahe fallen, bevor er die 911 wählte. Dann fiel ihm ein, dass er sich ja in der Schweiz befand, und er wählte die 117.
    Laut Genfer Polizei, die alle Notrufe aufzeichnete und die später eine Kopie davon anfertigte – klingelte es nur einmal, um 3:59 Uhr. Eine Frau hob ab und sagte mit scharfer Stimme: »Oui, police?«
    Ihre Stimme kam Hoffmann in der Stille sehr laut vor. Sie machte ihm bewusst, wie sichtbar und ungeschützt er im Licht der Scheinwerfer war. Er machte ein paar schnelle Schritte nach links, um von der Eingangshalle aus nicht mehr gesehen werden zu können, und gleichzeitig nach

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