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Angst

Angst

Titel: Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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wie Licht. Leise sagte er: »Gottverdammter Wichser, verschwinde aus meinem Haus.« Befriedigt sah er, dass der Einbrecher panisch zusammenzuckte, als hätte von oben ein unsichtbarer Draht an ihm gerissen. Ruckartig drehte er den Kopf hin und her – links, rechts, links. Dann verharrte sein Blick auf dem Fenster. Einen Augenblick lang trafen seine stechenden Augen auf die Hoffmanns, blind, denn er schaute auf schwarzes Glas. Schwer zu sagen, wer von beiden mehr Angst hatte. Plötzlich warf der Eindringling das Telefon auf den Tisch und stürzte erstaunlich flink auf die Tür zu.
    Hoffmann fluchte, drehte sich um und hastete den Weg zurück, den er gekommen war. Die Hausschuhe behinderten ihn, er knickte um und humpelte keuchend weiter durch das glitschige Blumenbeet zur Vorderseite der Villa. Als er die Hausecke erreichte, hörte er, wie die Eingangstür zugeschlagen wurde. Er nahm an, dass der Einbrecher sich aus dem Staub machen wollte. Die Sekunden verstrichen, aber der Mann tauchte nicht auf. Er musste sich eingeschlossen haben.
    »O Gott«, flüsterte Hoffmann. »O Gott.«
    Er hastete weiter zur Vorderveranda. Die Stiefel standen noch da – mit heraushängenden Zungen, alt, kauernd, heimtückisch. Seine Hände zitterten, als er den Sicherheitscode eingab. Er schrie Gabrielles Namen, obwohl das Schlafzimmer an der Rückseite des Hauses lag und sie ihn kaum hören konnte. Die Bolzen glitten klickend zurück. Er stieß die Tür auf und blickte in Dunkelheit. Die Lampe im Flur war ausgeschaltet.
    Ein paar Sekunden lang stand er keuchend auf der Türschwelle, schätzte die Entfernung bis zur Treppe ab, kalkulierte seine Chancen und stürzte dann los. »Gabrielle! Gabrielle!« Er hatte die Hälfte des Weges zurückgelegt, als das Haus zu explodieren schien. Die Treppe stürzte ein, die Marmorfliesen platzten aus dem Boden, die Wände schossen davon und verschwanden in der Nacht.

Zwei
    Ein Gran in der Wage kann den Ausschlag geben, welches Individuum fortleben und welches zu Grunde gehen […] soll.
    Charles Darwin
Die Entstehung der Arten , 18 5 9
    An nichts von dem, was danach geschah, konnte Hoffmann sich erinnern – keine Gedanken oder Träume störten seinen sonst ruhelosen Geist. Bis er schließlich in all dem Nebel – wie eine flache Landzunge am Ende einer langen Reise – allmählich wieder Sinneseindrücke wahrnahm: eisiges Wasser, das ihm am Hals und dann den Rücken hinunterlief, ein kalter Druck auf der Schädeldecke, ein stechender Schmerz im Kopf, ein mechanisches Plappern in den Ohren, der vertraute, süßlich durchdringende Duft des Parfüms seiner Frau. Er begriff, dass er auf der Seite lag und etwas sanft auf seine Wange drückte. Er spürte einen Druck auf seiner Hand.
    Er öffnete die Augen und sah nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt eine weiße Plastikschale, in die er sich sofort übergab. Die Fischpastete vom Vorabend hinterließ einen säuerlichen Geschmack in seinem Mund. Er würgte und übergab sich noch einmal. Die Schale verschwand. Ein grelles Licht leuchtete erst in das eine, dann in das andere Auge. Man wischte ihm Nase und Mund ab, ein Glas Wasser wurde ihm gegen die Lippen gedrückt. Patzig wie ein Baby stieß er es erst weg, nahm es dann doch und trank es aus. Dann öffnete er die Augen wieder und schaute sich blinzelnd seine neue Welt an.
    Er lag in stabiler Seitenlage auf dem Boden des Hausflurs, mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Im Fenster blitzte ein Blaulicht wie ein endloses Gewitter, aus einem Funkgerät drang unverständliches Geplapper. Neben ihm kniete Gabrielle und hielt seine Hand. Sie lächelte und drückte seine Finger. »Gott sei Dank«, sagte sie. Sie trug Jeans und Pullover. Er stützte sich auf einen Ellbogen und schaute sich verwirrt um. Ohne Brille sah er alles leicht verschwommen: zwei Sanitäter, die sich über einen Koffer mit glänzenden Apparaturen beugten; zwei uniformierte Gendarmen, einer stand mit dem plärrenden Funkgerät am Gürtel neben der Tür, der andere kam gerade die Treppe herunter; ein weiterer Mann – müdes Gesicht, in den Fünfzigern, dunkelblaue Windjacke, weißes Hemd mit dunkler Krawatte – musterte Hoffmann mit distanzierter Anteilnahme. Alle waren angezogen, nur Hoffmann nicht, und plötzlich erschien es ihm von äußerster Wichtigkeit, dass auch er sich anzog. Aber als er versuchte, sich weiter aufzurichten, versagten ihm die Arme. Ein stechender Schmerz fuhr ihm durch den Schädel.
    Der Mann mit der dunklen Krawatte

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