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Angst

Angst

Titel: Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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geschaffen und ihre Schuhe ausgezogen hatte. »Also, Alex, was soll das alles hier?«, fragte er. »Sieht aus wie im Kontrollraum der NASA .«
    Erst wollte Hoffmann nicht darüber reden, doch dann taute er nach und nach auf. Das Ziel, sagte er, sei autonomes maschinelles Lernen: einen Algorithmus zu schaffen, der selbstständig an einer bestimmten Aufgabe arbeiten und sich dabei selbst in einem Tempo weiterentwickeln könne, das die Leistungsfähigkeit des Menschen bei Weitem übersteigen würde. Hoffmann hatte das CERN verlassen, um seine Forschung allein voranzutreiben, was bedeutete, dass er keinen Zugriff mehr auf das experimentelle Datenmaterial des Large Electron Positron Collider hatte. Während der vergangenen sechs Monate hatte er stattdessen Datenströme aus den Finanzmärkten benutzt. Quarry fragte, ob das alles nicht ziemlich teuer sei, was Hoffmann bejahte. Allerdings gehe das meiste Geld nicht für die Mikroprozessoren, von denen viele aus ausgemusterten Beständen stammten, oder den Bloomberg-Dienst drauf, sondern für Strom. Er müsse allein zweitausend Franken pro Woche für Strom aufbringen und habe in seinem Viertel schon zweimal einen totalen Stromausfall verursacht. Das andere Problem sei die Bandbreite.
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, könnte ich Ihnen bei den Kosten unter die Arme greifen«, sagte Quarry vorsichtig.
    »Das ist nicht nötig. Ich benutze den Algorithmus, um die Kosten zu decken.«
    Quarry musste sich zusammenreißen, um seine Aufregung zu verbergen. »Wirklich? Elegantes Konzept, muss ich schon sagen. Und, klappt es?«
    »Klar. Dafür brauche ich nur ein paar Extrapolationen, die ich aus der Analyse des Grundmusters ableite.« Hoffmann zeigte ihm den Monitor. »Das sind die Aktien, die der Algorithmus seit dem 1. Dezember empfohlen hat, basierend auf Kursvergleichen, die er mittels des Datenmaterials der letzten fünf Jahre ermittelt hat. Dann schicke ich meinem Broker eine E-Mail und beauftrage ihn, zu kaufen oder zu verkaufen.«
    Quarry studierte die Trades. Sie waren gut, allerdings mickrig: Kleingeld. »Könnte der Algorithmus auch mehr rausholen, als nur die Kosten zu decken? Könnte er Profit machen?«
    »Theoretisch ja, aber dafür müsste man einen Haufen Geld investieren.«
    »Vielleicht könnte ich Ihnen das Geld besorgen.«
    »Ach, wissen Sie, Geld interessiert mich eigentlich nicht. Nichts für ungut, aber für mich ergibt das keinen großen Sinn.«
    Quarry konnte nicht glauben, was er da hörte: Für ihn ergebe das keinen großen Sinn!
    Er hatte Quarry nichts zu trinken angeboten, nicht einmal, sich zu setzen – was allerdings auch schwer gewesen wäre, da sich schon Gabrielle auf dem einzigen verfügbaren Platz breitgemacht hatte. Quarry musste stehen und in seinem Ski-Parka schwitzen.
    »Aber wenn Sie mehr Geld verdienen würden, dann könnten Sie die Gewinne dazu nutzen, Ihre Forschungen zu finanzieren«, sagte Quarry. »Sie würden genau das Gleiche machen wie jetzt, nur eben in wesentlich größerem Maßstab. Ich möchte ja nicht unhöflich sein, aber schauen Sie sich doch um. Sie brauchen einen anständigen Arbeitsplatz, eine zuverlässigere Stromversorgung, Glasfaseranschluss …«
    »Eine Putzfrau könnte auch nicht schaden«, sagte Gabrielle.
    »Sie hat recht, eine Putzfrau könnte wirklich nicht schaden. Hier ist meine Karte, Alex. Ich bin noch etwa eine Woche in der Gegend. Warum setzen wir uns nicht mal zusammen und sprechen das durch?«
    Hoffmann nahm die Visitenkarte und steckte sie ein, ohne einen Blick darauf zu werfen. »Mal sehen.«
    An der Tür beugte sich Quarry zu Gabrielle hinunter und flüsterte: »Kann ich Sie vielleicht mitnehmen? Ich fahre nach Chamonix. Ich könnte Sie in der Stadt absetzen.«
    »Danke, ich komme schon zurecht«, sagte sie mit einem süßsauren Lächeln. »Ich denke, ich bleibe noch ein Weilchen und löse Ihre Wette ein.«
    »Wie Sie meinen, Schätzchen, aber haben Sie das Bett schon gesehen? Viel Glück.«

    Quarry hatte das Startkapital selbst aufgebracht. Mit seinem Jahresbonus hatte er Hoffmann und seine Computer in ein Büro in Genf einquartiert: Er brauchte Räumlichkeiten, in denen er zukünftige Kunden empfangen und mit der Hardware beeindrucken konnte. Seine Frau hatte sich beschwert. Warum konnte er sein Start-up-Unternehmen, über das er schon so lange sprach, nicht in London aufmachen? Lag er ihr nicht ständig damit in den Ohren, dass die City die Hedgefonds-Kapitale der Welt sei? Aber gerade Genf hatte für

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