Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angstblüte (German Edition)

Angstblüte (German Edition)

Titel: Angstblüte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
Vom Netzwerk:
weiterführen. Und er schloß effektsicher, er sei Hanseate, und unter Hanseaten gelte: Bangemachen gilt nicht.
    Anhaltender Beifall.
    Das verletzte den Manager aus Toronto sehr. Menschlich tief betroffen sei er. Alle, die jetzt hier in München an den Tischen säßen, säßen hier, weil er sich eingesetzt habe, Falk-Kanada aus der deutschen Insolvenz herauszumanövrieren. Und er kenne sich drüben aus. Wenn er sage, Verkauf sei jetzt angesagt, weil die Immobilie ihren höchsten Punkt erreicht habe und Blackstone nur jetzt biete, aber übermorgen vielleicht schon nicht mehr, dann möge man ihm, bitte, glauben, daß, was er sage, von nichts als von Sachkenntnis und einschlägiger Erfahrung motiviert sei.
Auch anhaltender Beifall.
    Noch einmal einer der zwei Herren von Downing Street , die beide so unerregt sprachen, als dächten sie beim Sprechen an etwas anderes. Das wirkte wie die reine, interesselose Sachlichkeit. Downing Street kann zwar jetzt seinen Fünfzig-Prozent-Anteil noch nicht verkaufen, aber, nach dem Co-Ownership Agreement, ab Dezember schon. Dann ist die Firma noch halb so groß, halb so potent, halb so sicher. Und warum sagt er das? We created value, we love our assets. Der return von 8,5 Prozent ist ein Signal. Wir überhören es nicht.
    Der anhaltendste Beifall
    Zum Schluß die formlose, nur der Information dienende Abstimmung. Dem Verkauf der Toronto-Immobilie zum Preis von 24,5 Millionen Kanada-Dollars stimmte eine überwältigende Mehrheit zu.
    Karl von Kahn hatte rechtzeitig bemerkt, daß die Stimmung für Verkauf sich durchsetzte. Alle Kordanzüge, Lederwesten, Rucksackträger, die langhaarigen und die kurzgeschorenen Grauköpfe waren für den Verkauf, um ihren Anteil zurückzubekommen, plus 4,25 Prozent, eine Halbjahresausschüttung.
    Im Hinausgehen sagte Graf Josef, das sei eine spannende Diskussion gewesen. Wie sie ausgegangen sei, habe er nicht ganz verstanden. Plötzlich habe er an seine Mutter denken müssen, die sei gerade gestürzt, Oberschenkelhalsbruch, und bei der Operation hätten sie ihr gleich auch noch eine neue Hüfte hineinmontiert, seine Mutter sei unbelehrbar, im Supermarkt, bücke sich nach einem Putzmittel und stürze, dabei sage er ihr doch bei jedem der täglichen Telefongespräche …
    Karl merkte, daß Graf Josef wieder in seine Rapmodulation hineingeglitten war. Er ging neben ihm her, sah in der Halle noch die zwei Herren aus Toronto ihre edlen Aktenköfferchen zum Aufzug tragen. Was dem Priester die Monstranz, muß ihnen ihr sanft glänzendes Köfferchen sein. Wahrscheinlich fliegen sie jetzt gleich zurück nach Toronto. Er hätte gern mit diesen beiden den Abend verbracht. Mr.   Tony Alberberga und Mr.   Dan Ondorico. Und sie sahen genauso aus, wie sie hießen. Und sie gingen genauso, wie sie aussahen und wie sie hießen. Der Aufzug öffnete sich sofort für sie, weg waren sie. Der Falk- Manager aus Toronto hieß Borger. Für einen Anlage-Manager nicht schlecht, dachte Karl.
    Er mußte neben Graf Josef die Bayerstraße überqueren, mit dem weiterrappenden Graf Josef bis zum Haupteingang des Bahnhofs gehen, dann versuchen, Graf Josef ohne weiteres loszuwerden. Ziemlich rücksichtslos sagte er in den rappenden Sprachstrom hinein: Bitte Herrn Loibl melden, das Geld ist gerettet, und für dieses Jahr gibt’s, weil die Firma nur ein halbes Jahr existiert, die Hälfte der Jahresrendite von 8,5 Prozent. Plus einen Kursgewinn. Der kanadische Dollar sei, seit Loibl investiert habe, um zehn Prozent gestiegen. Er werde, sagte Karl von Kahn, einen schriftlichen Bericht hinausschicken.
    Das freut uns, sagte Graf Josef und stand Karl noch zugewandt, als der sich schon wegdrehte.
    Frau Lenneweit hatte natürlich gewartet. Er warf ihr das vor. Sie wand sich zierlich unter seinen Vorwürfen. Eigentlich wand sie sich wie unter der Dusche. Er mußte sie heimschicken. Sie sagte, daß sie ihm noch etwas sagen müsse, was sie nur sagen könne, wenn die anderen nicht da seien.
    Ja, sagte er so streng wie möglich.
    Dr.   Dirk will gehen, sagte sie.
    Karl von Kahn war so überrascht, daß er nichts sagen konnte.
    Sie erfahre immer mehr, als sie erfahren wolle, sagte sie. Sie habe es zu ihrem Prinzip gemacht, von allem, was sie, ohne es zu wollen, erfahre, nur den Gebrauch zu machen, der der Firma nütze. Erfahre sie etwas, was der Firma unnütz sei, behalte sie es für sich.
    Donnerwetter, sagte Karl jetzt.
    Sie glaube, sagte sie, daß Herrn von Kahn im Trubel der Ereignisse zwei

Weitere Kostenlose Bücher