Angstblüte (German Edition)
Meldungen entgangen seien. Eine Ölbohrung an der Nordseeküste und vor allem Cars , der nächste Pixar- Film. Sie habe ihm das Material auf den Schreibtisch gelegt. Da Pixar ab 2007 allein Herr im Haus ist, also nicht mehr mit Disney teilen muß, wird Pixar ein steiler Wert. Und im Jahr vor einem neuen Pixar- Film ist die Aktie jedesmal halbwegs erschwinglich. Das war bei den Unglaublichen so und war bei Findet Nemo so. Pixar ist Zukunft. Filme komplett vom Computer. Cars soll 700 Millionen Dollar bringen, davon 225 Millionen für Pixar , die Aktie ist im Augenblick noch unterm Jahreshoch. Sie werde alles, was sie habe, auf Pixar umdirigieren. Bocca di Leone in Ehren, aber irgendwann sei eben auch im Film die Postkutschenzeit zu Ende.
Karl von Kahn suchte nach einer Ausflucht und sagte: Apropos Postkutschenzeit. Sein Großvater in Potsdam habe seiner Schwester im Jahr 1892 nach Stuttgart geschrieben, wenn der Pferdedroschkenverkehr in den Städten weiterhin so zunehme, seien die Städte wegen dieses Pferdedroschkenlärms bald nicht mehr bewohnbar.
Ein weiser Mann, sagte Frau Lenneweit.
Man hat ja dann, sagte Karl von Kahn, die Stärke der Motoren ganz schnell in Pferdestärken ausgedrückt.
Sie habe ihm eine Liste der Anleger hingelegt, die für Pixar in Frage kämen. Schade, daß Herr von Kahn gerade in diesem Augenblick in eine Studio-Produktion investiere. Zwei Millionen bei Pixar könnten in fünf Jahren vier Millionen sein. Oder mehr.
Zu spät, sagte Karl, versprochen ist versprochen.
Klar, sagte sie.
Karl sagte: Ich fürchte, wenn Sie die Firma endgültig übernehmen, werden hier keine Fehler mehr gemacht.
Einige, sagte sie, wirkten auf sie vermeidbar.
Der Abschied war wie immer herb. Frau Lenneweit wußte, daß er länger bleiben wollte als sie, um mit Joni zu telefonieren.
Bis morgen, sagte Karl.
Einen schönen Abend, sagte sie.
Karl fiel Diego ein. Der hatte, bis Gundi auftauchte, immer eine Sekretärin gehabt, die die Sekretärin schlechthin war. Gritt. Gundi hatte dann rasch dafür gesorgt, daß diese Allmitwisserin verschwand. Diego war ebenso traurig wie erlöst. Zu Karl hatte er, als sie einmal in einem Aufzug zwanzig Stockwerke hinauffuhren, gesagt, er sei mit Gritt in diesem Aufzug gestanden, beide Aug in Auge und beide gleichermaßen angetan vom schönen Erhobenwerden, da habe er zu Gritt gesagt: Gritt, wir müssen jetzt endlich einmal miteinander schlafen. Da habe sie gesagt: Sie wollen es hinter sich bringen. Und er: Ja. Darauf sie: Ich nicht. Also sei das unterblieben. Und das sei ein nicht mehr gutzumachender Fehler gewesen.
Karl von Kahn hatte keine Kraft, keine Lust mehr durchzuarbeiten, was ihm Frau Lenneweit hingelegt hatte. Sie würde ihn morgen fragen, wie eine Lehrerin den Schüler nach den Hausaufgaben fragt.
Er hatte Helen schon am Morgen gesagt, daß er heute mit Rudi-Rudij verabredet sei. Rudi-Rudij sei, laut Theodor Strabanzer, genial. Nachkomme eines illegitimen Zarensprößlings, deshalb von Strabanzer Zarensohn genannt. Helen hatte nur den Kopf geschüttelt. Also, rechne nicht zu früh mit mir, hatte er gesagt. Ich rechne überhaupt nicht mit dir, sagte sie. Das ist wunderbar, sagte er. Wie du meinst, sagte sie. Ihr Ton hatte deutlich genug gesagt, daß das Gespräch nicht zu Ende war. Er hatte gesagt: Frau Lenneweit. Das war die Formel, wenn er Frühstücksgespräche beenden mußte oder wollte.
Karl rief Joni an. Der Teilnehmer ist momentan nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es später noch einmal. Wie hätte Richard Wagner seine Nornen komponiert, wenn ihm in schicksalshaften Stunden solche Auskünfte erteilt worden wären?
Er schrieb noch schnell von Hand an Frau Carla Lenneweit, im Hause. Daß sie auch noch Carla heißen mußte. Bei einer heiter gewordenen Weihnachtsfeier hatte sie zu ihm gesagt, sie finde, ein -C- könnte seinen Vornamen feiner machen.
Liebe Frau Lenneweit, schrieb er, noch bewegt von Ihrer Mitteilung, auch von der Art, wie Sie sie vorbrachten und natürlich auch von Ihrer dadurch zum Ausdruck kommenden Einstellung zu unserem Geschäft, muß ich jetzt doch schnell und sozusagen der Ordnung halber anmerken, daß ich den Inhalt Ihrer Mitteilung privat zur Kenntnis genommen habe, aber im Alltag der Firma davon nichts wissen will. Was ich nicht auf dem dafür üblichen Weg erfahre, habe ich nicht erfahren. Daß ich Ihnen trotzdem dankbar bin, sollen Sie wissen. Es grüßt Sie herzlich, Ihr Karl von Kahn.
Rudi-Rudij trat pünktlich auf und
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