Angstblüte (German Edition)
dafür zu sorgen hatte, daß nichts zur Regierung wurde. Was in dir Herr werden will, kommt von außen. Karls Lieblingsillusion war doch: Unabhängigkeit.
In der S 6 nach Herrsching beschäftigte sich Karl von Kahn mit der Akte Loibl. Benedikt Loibl, immerhin einer der sieben Ersten. Karl von Kahn noch bei der Hypo , aber schon gekündigt, stieß im Gang, an dem sein Büro lag, mit einem offenbar Betrunkenen zusammen. Der entschuldigte sich nicht, sondern faßte Karl an beiden Schultern, er brauchte Halt. Umbringen sollt ich den da drin, und zeigte auf die Tür von Karls Kollegen, und was tu ich, mich bring ich um, und zwar gleich. Nix für ungut, Herr Nachbar. Aber er hielt sich immer noch fest an Karls Schultern. Siebenhunderttausend, sagte er und fing an zu weinen.
Das war der Anfang. Karl nahm ihn mit nach Hause. Ihm lag damals an Kenntnissen, die gegen die Hypo verwendbar sein konnten.
Ein Hotelpächter also hatte mit aufgenommenem Geld Aktien gekauft, hatte die Aktien bei der Bank als Sicherheit für das aufgenommene Geld hinterlegt, dann sanken die Kurse, die Aktien waren keine Sicherheit mehr, also mußte dem Kunden zum Verkauf geraten werden, das war Alltag, dem Hypo- Kollegen war nichts vorzuwerfen. Das hatte zu einem Verlust von siebenhunderttausend Mark geführt. Zweihundertachtzigtausend waren ihm geblieben. Als er alles erzählt hatte, sagte er: Danke fürs Zuhören. Dann stand er auf und sagte: Heißen tu ich Benedikt Loibl. Und ich glaub, ich muß endlich erwachsen werden.
Karl von Kahn bot sich an, ihm dabei behilflich zu sein. Benedikt Loibl war seit sieben Jahren Pächter des Hotels Engelhof , hatte in sieben Jahren für den Besitzer mehr als eine Million Pacht erarbeitet und kam sich jetzt erschöpft und ausgenützt vor. Er will, solange er noch ein bißchen Kraft hat, etwas Eigenes. Er will wieder kochen. Er darf sich für einen geborenen Koch halten. Aber der Engelhof- Besitzerläßt ihn nur aus dem Vertrag, der noch vier Jahre geht, wenn er einen Nachfolger bringt. Einen solventen. Zwei Nachfolger hat Benedikt Loibl schon präsentiert. Einer wurde abgelehnt, weil er schon zweiundsechzig war und bisher nur Altersheime geführt hatte, der zweite, weil er ein Ausländer war, Rumäne. Schon bis Benedikt Loibl beim Besitzer einen Termin kriegt, dauert das jedesmal drei bis vier Wochen. In Pasing hat er ein Haus, das kann er nicht verkaufen, weil die sechzehn Zimmer an Studenten vermietet sind. Die gehen nicht raus. Wenn Benedikt Loibl dort erscheint, brüllen sie aus den Fenstern im Chor: Kapitalistenschwein. Er soll ruhig Räumungsklage anstrengen, er wird verlieren, ihr Anwalt Christian Ude gewinnt jeden Prozeß. Und als Loibl den Prozeß endlich doch gewinnt, macht der Studentenanwalt geltend, die Studenten stünden im Examen, wüßten nicht, wohin, also könnten sie nicht vor Semesterende ausziehen. Aber er hat in Herrsching am Hang auf einem großen Grundstück ein verfallenes Haus gesehen, das wäre der Platz für ein Hotel mit Restaurant. Schönbichlstraße. Seeblick! Wie das jetzt finanzieren?
Also hatte Karl von Kahn mit dem Besitzer des Hotels Engelhof verhandelt, hatte einen Immobilienkollegen aufgetrieben, der das Haus in Pasing auf Termin Semesterende verkaufte, und hatte mit dem, was er von Loibls Konten noch zusammenkratzen und an Sicherheiten noch dingfest machen konnte, ein Yen-Darlehen von 46 Millionen aufgenommen, hatte das in Mark getauscht, dafür einen Sparkassenbrief gekauft, zahlte für das Yen-Darlehen 2,3 Prozent Zins, kassierte für den Sparkassenbrief 5,2 Prozent und kündigte das Darlehen, als der Yen deutlich fiel und weiter zu fallen versprach, auf ein halbes Jahr im voraus, die Rückzahlung war dann, weil der Yen immer noch weiter fiel, 20 Prozent billiger als der ursprüngliche Erwerb. Dann gab es noch die Verwertung einer nicht unabenteuerlichen Beteiligung an einem van Gogh-Bild. Fünfzigtausend hatte sich ein Gast bei Benedikt Loibl geliehen, hatte für ein halbes Jahr zehn Prozent Zins zugesagt. Mit einem Prozent war Loibl damit an einem van Gogh beteiligt, der für sechs Millionen einen Käufer suchte. Fünfzig Mitbesitzer. Bisher war das Geld der Interessenten kein gutes Geld gewesen. Ein Prozent, das wären sechzigtausend. Plus zehn Prozent Zins. Aber es tat sich nichts. Das Bild im Banksafe. Mit Diegos Hilfe gelang es Karl von Kahn, einen zu finden, der Herrn Loibls Anteil übernahm. Plus siebzehntausend inzwischen fällig gewordener Zinsen. Möglich
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