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Angstblüte (German Edition)

Angstblüte (German Edition)

Titel: Angstblüte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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sie.
    Frikadellen und Mumm extra dry, sagte Karl.
    Wenn man liebt, wird aus Mumm Dom Pérignon.
    Den bring ich um, sagte Karl. Dann den Pseudo-Dostojewskij. Aber dann auch den Schaum-Schwamm-Moschus-Lavendel-Fürsten. Warum, bitte, hat sie den Museumspädagogen so geliebt?
    Das ist ein Thema, sagte sie. Seine Stimme, ihre Ungeschütztheit gegen alles Akustische, seine neugierigen Hände.
    Neugierige Hände, was ist jetzt das schon wieder, sagte er.
    Und sie: Du nix verstehn.
    Karl sagte, er werde jeden dieser Herren in ein Gespräch ziehen. Als Finanzdienstleister. Er habe ein paar Offerten-Nummern drauf, deren Betörungspotenz unwiderstehlich sei. Zwanzig Prozent Gewinn, steuerfrei, bei abgefedertem Risiko. Schiffsbeteiligungen von bequemster Sicherheit. Jedem dieser Herren werde er sagen, daß die Geldkunst eine jüngere Schwester der Theaterkunst sei. Geld macht noch beliebter als Theater. Er werde den Herren Angebote machen, die für ihn selber riskanter seien als für diese Herren. Aber da er die betören wolle, sei ihm das das Risiko wert. Und wenn die betört seien, werde er ihnen ins Private folgen, so lange folgen, so gezielt reden mit denen, daß Joni vorkommen müsse. Dann werde er die zum Reden bringen. Den Mundentdecker, den Erniedriger, den Heuler, den Schaum-Schwamm-Moschus-Lavendel-Fürsten.
    Und dann, sagte Joni.
    Dann werde er sich als Joni-Bewunderer zu erkennen geben.
    Das wirst du nicht, sagte sie.
    Dann werde er einen nach dem anderen umbringen. Entweder erledige er das selber oder lasse es von einem der dafür in München jederzeit abrufbaren Russen besorgen.
    Und Joni: Jetzt noch dein Motiv, bitte.
    Er liebe Joni, sagte er, und ertrage es nicht, daß da Herren herumliefen, die behaupten könnten, von Joni geliebt worden zu sein. Bis zum Exzeß. Mit jedem wollte sie’s für immer.
    Nur mit vieren, sagte Joni.
    Um diese vier gehe es, sagte Karl, daß die weiterlebten, peinige ihn. Joni hätte jeden dieser vier Herren geheiratet. Für immer. Joni sei eine Liebende, für die die Liebe sofort zum Schicksal werde. Ein Mann, der das nicht spüre, der aus Joni eine Affäre mache, der habe sein Leben verwirkt.
    Lustig, sagte Joni, klingt wie Marquis Posa.
    Und als Karl fragend schaute, sagte sie nachhaltig: Schiller! Don Carlos !
    Ach der, sagte Karl. Und fügte hinzu: Bei mir um die Ecke steht er im Park. Friedrich von Schiller. Daß er ungebildet sei, wisse er. Das schmerze ihn weniger, als es müßte. Sein Bruder Erewein sei gebildet. Gewesen. Und habe sich umgebracht.
    Obwohl er gebildet war, sagte Joni.
    Es könne damit zusammenhängen, sagte Karl. Ihm selber sei Selbstmord fremd.
    Du bringst lieber andere um, sagte Joni.
    Daß diese vier Herren belangt werden müssen, ist sicher, sagte Karl. Er könnte natürlich auch Joni umbringen, dann könnten die vier ruhig weiterleben. Was er nicht ertrage, sei, daß Joni andauernd an alles denke, was sie mit denen gemacht habe, was die mit ihr gemacht haben.
    Andauernd nicht, sagte Joni.
    Erst wenn du nicht mehr daran denken kannst, ist die Peinlichkeit aus der Welt geschafft.
    Also, weg mit mir, sagte Joni.
    Ich bin froh, daß du mich nicht ernst nimmst, sagte Karl. Das wird mir die Ausführung dessen, was unerläßlich ist, erleichtern. Dich zu töten kann ich keinem Kriminaldienstleister überlassen, das muß ich selber tun. Und riß sie an sich, umklammerte ihren Hals mit beiden Händen und drückte ein bißchen zu.
    Jetzt, sagte Joni, mußt du sagen: Hast du zur Nacht gebetet, Desdemona. Und erklärte ihm, so habe Shakespeares Othello seine Desdemona gefragt, bevor er sie erwürgte.
    Hast du zur Nacht gebetet, Joni Jetter, sagte Karl und drückte zu.
    Erst als Joni aufschrie, ließ er los. Hatte sie nur theatralisch aufgeschrien, oder hatte sie doch eine Minisekunde lang Angst gehabt?
    Komm jetzt, sagte er und zog sie weiter. Aber nicht mehr so schnell wie vorher.
    Joni rief: Durch die Wälder gehen.
    Karl übernahm schnell: Keinen mehr sehen. Stehen bleiben.
    Und Joni: Bei Eiben und Schlehen.
    Sie schauten einander an.
    Schluß jetzt, sagte Karl.
    Kuß jetzt, sagte Joni.
    Es folgte ein weiterer Unterricht, wie mit ihrem Mund umzugehen sei.
    Aber Karl konnte nicht aufhören. Ob es Joni nicht störe, daß Strabanzer schiele.
    Sie sagte, Theodor schiele nicht. Wenn er erregt sei, bleibe sein linkes Auge stehen.
    Er sei aber oft erregt, sagte Karl.
    Immer, sagte Joni.
    Ob sie Strabanzer sage, was in der letzten Nacht passiert sei, fragte Karl.
    Es ist

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