Angstfrei arbeiten
Bewerber ernst ist, dass er weiß, worum es geht. Als professioneller Entscheider ist es daher meine Aufgabe herauszufinden, um welche Art von Nervosität es sich bei dem jeweiligen Bewerber handelt. Grundsätzlich stelle ich aber fest,dass Bewerber, die sich gut vorbereitet haben, deutlich weniger nervös sind.
Gutes Stichwort, Herr Schebeler: Wie können sich Bewerber auf ein solches Gespräch gut vorbereiten?
Schebeler : Sie sollten auf jeden Fall deutlich mehr Zeit darauf verwenden, sich fachlich vorzubereiten, als zig Bewerbungsratgeber auswendig zu lernen! Ich merke ziemlich schnell, wenn mal wieder die gängigen Tipps befolgt werden: Wenn im Ratgeber steht „Fuchteln Sie nicht mit den Händen!“, dann liegen meist die Hände völlig unnatürlich die ganze Zeit regungslos auf der Tischplatte. Wenn im Ratgeber empfohlen wird, dem Personalchef selbstbewusst in die Augen zu sehen, dann kommt oft ein unangenehmes Dauerstarren dabei heraus. Und wenn ein flüssiger Redestil angeblich so gut ankommen soll, dann hat der Bewerber große Angst vor Pausen und redet ohne Punkt und Komma. Oder er antwortet viel zu schnell mit typischen Standard-Ratgeber-Antworten auf Fragen, die keine schnelle Antwort nach sich ziehen können.
Haben Sie hierfür ein Beispiel?
Schebeler : Ich frage einen Bewerber in München, ob er sich vorstellen könnte, für den neuen Job in eine weit entfernte, nicht wirklich attraktive Kleinstadt zu gehen. Ein wie aus der Pistole geschossenes „Ja, natürlich, kein Problem!“ ist für mich unglaubwürdig, da werde ich misstrauisch. Authentisch und selbstbewusst wäre eine Antwort wie: „Grundsätzlich könnte ich mir das schon vorstellen. Allerdings brauche ich dazu noch weitere Informationen: Wie sieht die Stellenbeschreibung genauaus, welche Aufgaben würden mich erwarten, in welchem Team arbeite ich dort, wie sähen Möglichkeiten zur Weiterentwicklung dort aus etc. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, wünsche mir dafür dann aber Bedenkzeit, um mich auch mit meiner Partnerin zu besprechen.“ Das ist authentisch – damit kann ich etwas anfangen.
Wissen Sie, ich muss recht schnell herausfinden, ob ein Bewerber schauspielert oder sich so gibt, wie er wirklich ist. Ich möchte und muss mir ein möglichst genaues Bild über den Menschen machen – aber über den Menschen, wie er wirklich ist. Nur so sehe ich, ob er zu uns und zu der Stelle passt. Es geht für den Bewerber um viel, aber auch für uns: Wir haben eine Stelle zu besetzen und wollen natürlich möglichst passgenau dazu jemanden finden. Kein Unternehmen kann sich Fehlbesetzungen leisten, dafür kostet die fundierte Einarbeitung eines Mitarbeiters einfach zu viel. Und nicht nur fachlich, auch menschlich muss es passen – und das herauszufinden klappt nur ohne Schauspiel.
Gibt es dann auch das andere Extrem, das Sie misstrauisch werden lässt – den allzu Selbstbewussten?
Schebeler : Ja, natürlich. Das ist genauso unglücklich. Wenn ein Bewerber selbstsicher wirkt, weil er offensichtlich viel Ahnung hat und gut vorbereitet ist – prima. Aber die coole Maske durchschaue ich schnell, spätestens nach der Hälfte des Gesprächs schaue ich dahinter. Ein „Hoppla, jetzt komm ich und Sie haben nur auf mich gewartet!“ kommt bei mir nie gut an – genauso wenig wie eine plump-joviale Antwort auf die Frage nach seinenSchwächen, wie z. B. „Wenn ich welche hätte, ich würd sie Ihnen nennen, ehrlich!“. Das ist nicht witzig, das ist plump und wirkt schnell peinlich. Jeder hat Schwächen – wenn der Bewerber charmant und intelligent dazu steht, dann wirkt dies souverän und ehrlich.
Sie sprachen zuvor von derfachlichen Vorbereitung, die Sie sich beim Bewerber oft intensiver wünschten – wie sieht die aus?
Schebeler : Zunächst einmal sollte er die Möglichkeiten ausschöpfen, die das Internet bietet: Dort kann er sich umfassend über unser Unternehmen informieren. Natürlich muss er sich auch mit der Aufgabenstellung und den entsprechenden Anforderungen ausgiebig befassen und darauf vorbereiten. Wir möchten nämlich sehen, dass er sich nicht nur auf irgendeine Stelle beworben hat, sondern warum er gerade zu uns möchte. Aus diesen fundierten Kenntnissen über das Unternehmen kann der Bewerber dann nämlich auch fundierte Fragen entwickeln. Allerdings sollte ein guter Bewerber sich auch mit sich, seinem bisherigen Werdegang und seinen bisherigen Erfolgen und Misserfolgen auseinandersetzen. Jeder Bewerber sollte darstellen
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