Angstfrei arbeiten
und solch ein Wissen kann nie schaden, oder?
Angst vor dem Chef
Chefs können ja wirklich unglaublich sympathische Menschen sein – fair, fördernd, die mich stets mit interessanten Aufgaben betrauen, für mich da sind, mir zuhören, sich für mich einsetzen, mir immer lange Leine lassen …
Chefs können aber auch anders sein: gehetzt, streng, unfair, ausbeuterisch, die mir immer die gleichen langweiligen Routinearbeiten geben, mir nichts zutrauen, schrecklich autoritär sind.
Und dann gibt es wohl noch das Phänomen, dass ziemlich viele Chefs fremde Wesen von einem anderen Stern sind. Wie ich darauf komme? Wesen von einem anderen Stern sprechen nicht meine Sprache und ich nicht die ihre. Ichweiß nicht, wie ich mit Wesen von einem anderen Stern in Verbindung treten kann. Ich spreche sie vorsichtshalber nicht an, denn man weiß ja nie. Vielleicht passiert etwas ganz Furchtbares, wenn ich mein Wort an sie richte. Vielleicht schießen dann ja blaue Blitze oder schwarze Rauchwolken aus ihren Augen. Vielleicht bebt ja die Erde, wenn ich sie anspreche, oder der Himmel tut sich auf. Blödsinn, meinen Sie? Chefs sind auch nur Menschen wie du und ich?! Ach, sagen Sie bloß!
Wenn ich so manche meiner Coaching-Klienten oder Seminarteilnehmer anhöre, könnte man wirklich daran glauben, an die Chefs von einem anderen Stern: „Ich kann doch da nicht einfach hingehen und ihm meine Meinung sagen!“ Oder: „Nö, das versuch ich erst gar nicht. Der ist immer so in Eile, mit dem kann man nicht reden!“ Oder: „Die da oben können doch gar nicht beurteilen, wie es uns an der Basis so geht!“
Bevor Sie das nicht ausprobiert und mit Ihrem Chef zumindest einmal Klartext geredet haben, können Sie nicht solche Urteile fällen. Mal ganz klipp und klar gesagt.
Ja sicher: Ihr Chef sollte bestenfalls eine gewisse Autorität besitzen, vielleicht sogar eine Respektsperson sein. Aber in erster Linie ist auch Ihr Chef „nur“ ein ganz normaler Mensch. Vielleicht spielt er ja in einer anderen Liga als Sie, bewegt sich in „wichtigeren“ Kreisen oder kennt nur die „Großkopferten“. Er ist vielleicht ein Studierter und Sie nicht, er spricht vielleicht drei Sprachen und Sie nur eine. Er spielt vielleicht Golf und Sie nur im Urlaub Minigolf.
Aber er ist auch ein Mensch, ein ganz normaler Mensch – mit dem Sie reden können. Und der wahrscheinlich auch froh darüber ist, wenn Sie offen und ehrlich mit ihm reden.
Viele meiner Kollegen, die Führungskräfte coachen, kennen den Satz: Erfolg macht einsam. Denn das ist oft ein großes Problem, das Chefs, Vorgesetzte, Führungskräfte haben: Weil sie jetzt Chef sind, traut sich niemand mehr, ihnen etwas zu sagen – geschweige denn die ehrliche und vielleicht auch mal unbequeme Meinung.
Ich kenne die Erleichterung meiner Klienten, wenn ich als Coach ihnen dann sehr wohl mal den Marsch blase, den Spiegel vorhalte oder auch mal sage: „Nee, Herr Müller, das war wohl nichts – das können Sie besser!“
Woher sollen sie denn wissen, wie sie ankommen, wenn es ihnen keiner sagt? Wie sollen sie denn merken, dass sie sich mit diesem Projekt oder jener Kampagne verrannt haben, weil sie viel zu realitätsfern gestaltet sind?
Herr K., Niederlassungsleiter eines großen BMW-Autohauses in München, sagte mir dazu einmal:
„Wissen Sie, ich kenne ja eher die VIP-Kunden unseres Autohauses. Diejenigen, mit denen ich Golf spiele oder die ich bei der hochpreisigen Whiskey- und Zigarrenverkostung treffe. Wenn ich aber einen Tag der offenen Tür plane, dann frage ich als Erstes meine Damen am Counter, die Serviceassistentinnen: ‚Wie ticken unsere Kunden grad so? Was interessiert die? Wer sind die? Wollen die eher einen Kochkurs, eine Modenschau oder einen Workshop zum Thema Radwechsel?‘“
Als langjährige Trainerin bei BMW und MAN weiß ich: Ein guter Chef legt großen Wert auf die ehrliche Meinung seiner Mitarbeiter – nur so kann der Laden gut laufen.
Also: Tun Sie Ihrem Chef den Gefallen! Helfen Sie ihm, sich und Ihre Abteilung weiterzuentwickeln. Helfen Sie ihm zu verstehen, wie die Stimmung an der Basis im Augenblick so ist. Geben Sie ihm die Chance, Fehler auszumerzen, die er vielleicht aus Unachtsamkeit, Zeitdruck oder aufgrund fehlender Informationen gemacht hat.
Sie können auf offene Ohren stoßen, Sie können das loswerden, was Sie bedrückt, Sie können Ihr Gesprächsziel erreichen. Denn wie so oft: Der Ton macht die Musik – bereiten Sie ein Gespräch mit dem Chef gut vor.
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