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Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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zittern.
    »Rose, was soll das?« Polly stand auf.
    »Bleib, wo du bist!«, schrie Rose. Polly hob die Hände und stand ganz still.
    Langsam ging Rose zur Hintertür und verriegelte sie. Das Gewehr auf Polly gerichtet, ging sie durch die Küche und zog die Vorhänge zu. Als Letztes schloss sie die Vordertür ab. Jetzt bestand keine Gefahr mehr, dass die Kinder hereinplatzten. Sie hatte freie Bahn.
    »Was soll das, Rose?«, fragte Polly erneut.
    Rose ging um sie herum und baute sich, das Gewehr im Anschlag, vor ihr auf. Der Lauf zielte genau auf Pollys Stirn. An Schießbuden auf Jahrmärkten hatte sie immer eine ganz passable Trefferquote gehabt. Sie war sich ziemlich sicher, dass der Schuss sitzen würde.
    »Rose, ich weiß ja nicht, was deiner Meinung nach hier passiert ist, aber ganz ehrlich – alles, was ich je getan hab, war zu deinem Besten«, versicherte Polly.
    »Ha«, schnaubte Rose.
    »Das ist die Wahrheit«, beteuerte Polly hastig. »Wie könnte es denn anders sein? Wir kennen uns schon so lange, Rose …«
    »Das habe ich alles schon tausendmal gehört«, sagte Rose. »Allmählich wird es langweilig.«
    »Rose, du glaubst, das lässt sich nicht wiedergutmachen, stimmt’s? Du glaubst, dass du jetzt so tief drinsitzt, dass du mich genauso gut erschießen kannst, oder?«
    Rose sagte nichts. Sie justierte lediglich das Gewehr, löste den Sicherungshebel und krümmte den Finger um den Abzug.
    »Ich bin die einzige Zeugin, Rose. Die einzige Zeugin.« Rose konnte sehen, wie Pollys Hirn mit der fieberhaften Verzweiflung einer Verdammten arbeitete. Sie würde sich nicht von ihr einwickeln lassen.
    »Du sagt es«, murmelte Rose.
    »Aber begreifst du denn nicht? Du hast Gareth nicht getötet. Er ist gestürzt. Es war ein Unfall. Ein Unfall , Rose.«
    Erneut spürte Rose, wie eine Welle der Atemlosigkeit sie überrollte. Sie verlagerte das Gewicht und konzentrierte sich darauf, das Gewehr still zu halten.
    »Es war ein Unfall. Ein tragischer Unfall. Du kommst aus der Sache wieder raus, wenn du nur willst.« Polly schien angesichts der Gedanken, die ihr gerade kamen, regelrecht erleichtert zu sein. »Dann haben die Mädchen wenigstens noch dich. Aber – aber wenn du mich jetzt erschießt, dann ist es völlig ausgeschlossen , dass du davonkommst. Dann wäre alles umsonst gewesen. Denk nur, vier Kinder ohne Eltern. Wenn schon nicht für mich, dann tu’s für sie, Rose. Leg das Gewehr weg. Hör mir zu. Wir schaffen das.«
    Langsam und mit erhobenen Händen ging Polly durch die Küche. Vor den blutverschmierten Eiern blieb sie stehen. Rose zielte weiterhin mit dem Gewehr auf sie. Mit dem Gesicht zu Rose bückte sich Polly, um die Eier aufzuheben.
    »Keine Panik«, sagte sie, als das Gewehr zuckte. »Ich nehme sie nur mit zur Spüle und mache sie sauber. Schau her.«
    Polly hielt die Eier in ihren dürren kleinen Ärmchen, ging rückwärts zur Spüle und beseitigte mit Hilfe eines Schwammtuchs und Ecover die Blutspuren. Dann trocknete sie die Eier an einem Geschirrtuch ab.
    »Leg sie zurück in den Korb«, befahl Rose, und Polly gehorchte. Sie kletterte auf einen Stuhl und stellte den Korb zurück an seinen Platz auf der Anrichte.
    »So.« Sie drehte sich um und strahlte ihre Freundin an. »Jetzt ist alles wieder genau wie vorher.«
    Zitternd legte Rose das Gewehr beiseite. Sie sicherte es und ließ die Patronen herausgleiten.
    Polly kam zu ihr und gab ihr das Geschirrtuch.
    »Am besten wischst du alle Fingerabdrücke ab und legst es dahin zurück, wo du es gefunden hast«, sagte sie. Als Rose das Tuch nahm, ergriff Polly ihre Hand. Sie sah ihr fest in die Augen.
    »Es tut mir so leid, Rose. Alles, was passiert ist. Das alles hier. Uns hat es wirklich hart getroffen. Und ihn auch.«
    Sie blickten auf den am Boden liegenden Gareth herun ter.
    Nach einem Augenblick löste sich Rose von ihr, um das Gewehr wieder in der Kammer zu deponieren. Als sie in die Küche zurückkam, kniete Polly vor Gareths Füßen und zog an einem Schuh die Schnürsenkel auf.
    »Deswegen ist er gestolpert«, sagte sie. »Er ist komplett durchgedreht, oder? Ich meine, sieh dir nur mal an, was er mit seinem Atelier gemacht hat. Und er hat mich angerufen und behauptet, du wärst das gewesen. Und dann das ganze Durcheinander, der Whisky. Schließlich war er ja auch in der Vergangenheit schon öfter mal ein wenig, na ja, schwierig. Und als er sich dann auf dich gestürzt hat, da wusste ich gar nicht, was ich m…«
    Rose ließ sich in den Sessel

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