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Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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zusammenschnürte. Sie kannte dieses Gefühl gut. Normalerweise hatte sie es, wenn ein Sturm aufzog.
    An diesem Tag allerdings versprach das Wetter schön zu werden. Daher schmierten sich Rose und Anna, nachdem sie die nassen Kleider in die Sonne gelegt und das Chaos in der Küche aufgeräumt hatten, einige Sandwichs und nahmen auch ein paar von den Haferkeksen, mit denen Rose einige Tage zuvor die Plätzchendosen aufgefüllt hatte. Sie packten alles in einen kleinen Rucksack und brachen mit Flossie im Tuch zu einem langen Spaziergang auf. Sie erklommen den Hügel in der Mitte der Wiese und gingen weiter bis zum Kamm der dahinterliegenden Hügelkette. Sie blickten ins Tal hinunter, wo eine Schafherde graste, deren Umriss einem riesigen S glich.
    »Ich wusste gar nicht, dass Schafe schreiben können«, sagte Anna und kicherte.
    Rose schmunzelte, und sogar Flossie reckte den Hals, um sich die Sache anzusehen.
    Sie gingen oben auf dem Kamm entlang. Der Weg verlief in einem großen Halbkreis, der sie irgendwann zurück nach Hause führen würde.
    Um ein Uhr brannte die Sonne so stark vom Himmel, dass Rose und Anna sich bis auf die Unterhemden auszogen, um sich die Haut von der Wärme des angebrochenen Frühlings liebkosen zu lassen. Unter einem in voller Blüte stehenden Weißdorn schlugen sie ein Lager auf und verspeisten ihr kleines Festmahl. Rose legte ihr Sweatshirt auf den Boden, damit sie und Anna sich darauf ausstrecken konnten. Flossie lag quer über ihnen. Rose erzählte Anna die Geschichte von Beltane, von Feuer und von Neuanfängen.
    Sie dösten in der glühenden Sonne und atmeten den süßen, leicht indolischen Duft des Weißdorns ein.
    »Jetzt ist der Sommer endlich da«, meinte Anna glücklich.
    »Das hoffe ich«, sagte Rose.
    Und dann schliefen sie, eine nach der anderen, und schwebten aus der üppig grünen Landschaft fort in ihre ganz eigene Welt.
    *
    Als Rose erwachte, war die Sonne bereits ein gutes Stück weiter nach Westen gewandert. Ihre Haut glühte, und ihr war heiß. Kaum zu glauben, dass sie noch vor zwei Wochen einen dicken Pullover und ihre Barbourjacke hatte anziehen müssen, wenn sie nach draußen gegangen war.
    Sie betrachtete ihre schlafenden Töchter. Flossie hatte sich eng an Anna gekuschelt, die schützend den Arm um ihre kleine Schwester geschlungen hatte. Rose taten die beiden unvorstellbar leid. Was auch immer der Tag bringen würde, sie würden die unschuldigen Opfer sein, und zwar auf lange Zeit hin. Diese zwei Mädchen waren Kollateralschäden. Egal, wie die Sache ausging, sie würden am meisten darunter zu leiden haben.
    Warum konnte nie etwas bleiben, wie es war? Warum musste alles auseinanderbrechen?
    Kurze Zeit später wurden die Mädchen wach. Rose packte die Picknicksachen ein, und sie machten sich auf den Rückweg über den geschwungenen Kamm. Wieder zu Hause angekommen, würden sie gute sechs Meilen zurückgelegt haben.
    *
    Es war kurz vor vier, als sie die Kuppe des Hügels erreichten. Von dort aus hatten sie eine ausgezeichnete Sicht auf das Haus und den Garten. Roses Herz machte einen Satz, als sie den Galaxy in der Einfahrt parken sah. Nico und Yannis spielten auf der Schaukel hinten im Garten.
    Jetzt war es also so weit.
    »Daddy ist wieder da«, stellte Anna fest.
    Rose sah sie an und fragte sich, was wohl in ihrem Kopf vorging. Ihr Gesicht verriet nichts.
    Hand in Hand standen sie da und blickten auf das Haus herab. Rose widerstrebte es zutiefst, die Mädchen dorthin mitzunehmen, aber ihr blieb keine Wahl.
    Vorsichtig machten sie sich an den Abstieg. Diese Seite des Hügels hatte nicht viel Sonne abbekommen, und das hohe Gras war nass und schlüpfrig. Sie mussten aufpassen, dass sie nicht ausglitten und den Hang herunterrutschten, dem Haus und ihrem Verderben entgegen. Rose wünschte sich einen gemesseneren Auftritt.
    Als sie sich dem Pförtnerhaus näherten, sah Rose durchs Küchenfenster Gareths übereinandergeschlagene Beine. Er saß am Tisch, blickte aber glücklicherweise nicht in ihre Richtung.
    Rose holte den Buggy, der mittlerweile vollständig getrocknet war, und setzte Flossie hinein.
    »Anna, warum gehst du nicht mit Floss zusammen nach hinten und spielst mit den Jungs?«
    »Aber ich will Daddy sehen!«, jammerte sie.
    »Dazu hast du später noch genug Zeit«, sagte Rose. »Jetzt gerade brauche ich wirklich deine Hilfe mit Flossie.«
    Anna verdrehte die Augen, wusste aber, dass Widerspruch zwecklos war. Sie nahm den Buggy und schob ihn nach hinten in den

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