Angstpartie - Thriller
Gleneagles-Konferenz. Bruch oder Durchbruch?, lautete die Überschrift. Sie machte Liz wieder einmal bewusst, wie mager die Aussichten auf einen dauerhaften Frieden in Nahost waren und welche großen Hoffnungen sich mit Gleneagles verbanden.
Nach dem Essen spazierten Liz und ihre Mutter auf den Hügel am Ende des Bowerbridge Anwesens. Edward kam nicht mit. Er schien zu spüren, dass Liz ein bisschen mit Susan allein sein wollte.
Von der Hügelspitze aus hatten sie eine wundervolle Aussicht auf das Naddertal unter ihnen. Der lange, trockene Sommer hatte dafür gesorgt, dass sich die Blätter bereits
bunt färbten. Die Eichen unten im Tal erstrahlten in Orange und Gold.
»Ich freue mich so, dass du kommen konntest«, sagte ihre Mutter. »Edward wollte dich unbedingt kennenlernen.«
»Genauso wie ich ihn.« Liz konnte nicht anders, als hinzuzufügen: »Anscheinend ist er ziemlich perfekt.«
»Perfekt?« Ihre Mutter musterte Liz kritisch. »Das ist er keinesfalls.« Sie hielt inne, als müsse sie über seine Fehler nachdenken. »Manchmal weiß ich überhaupt nicht, woran ich bei ihm bin - du weißt ja, wie Männer sein können.« Sie überlegte. »Und manchmal ist er tieftraurig.«
»Traurig? Worüber denn?«
»Ich denke, wegen seiner Frau. Sie starb kurz nach seiner Verabschiedung vom Militär. Bei einem Autounfall in Deutschland.«
»Oh, das tut mir leid.« Liz bedauerte ihren leichten Sarkasmus zuvor. »Das muss ein schwerer Schlag gewesen sein.«
»Mit Sicherheit. Aber er redet nicht darüber. So wie ich nicht mit ihm über deinen Vater rede. Das würde irgendwie nicht passen. Wir genießen einfach unsere Zeit zusammen, das ist das Wichtigste.«
»Du hast recht. Ich wollte nicht garstig klingen … Er scheint wirklich sehr nett zu sein. Und das meine ich ernst.«
»Das freut mich«, antwortete Susan schlicht.
»Ach, Mutter, noch etwas.« Liz zögerte für einen Augenblick. Die Sache war ihr ein wenig peinlich. »Ich möchte nicht, dass Edward ins Gästezimmer verbannt wird, wenn ich da bin.«
Ihre Mutter lächelte. »Danke. Ich habe ihm gesagt, das sei nicht nötig. Aber er bestand darauf. Er meinte, Bowerbridge sei auch dein Heim und er wolle nicht, dass du ihn als Eindringling empfindest.«
»Das ist aber taktvoll von ihm.« Liz war überrascht. Edward Treglown schien ein sehr facettenreicher Mensch zu sein.
»Er ist sehr taktvoll. Das gehört zu den Dingen, die ich am meisten an ihm schätze.«
»Edward sagte, er arbeitet für eine Hilfsorganisation.«
»Er leitet sie sogar. Ich habe das auch erst erfahren, als wir schon ein paar Monate zusammen waren. Er ist sehr bescheiden. Man würde nie darauf kommen, dass ihm der DSO-Orden für herausragende militärische Verdienste verliehen wurde.«
Der Stolz ihrer Mutter auf ihren neuen Geliebten irritierte Liz. Doch sie nahm sich zusammen. Weshalb sollte Susan nicht stolz auf ihn sein? Edward war alles andere als ein Angeber und er machte ihre Mutter ganz offensichtlich glücklich. Nur darauf kam es an.
Bei ihrem Aufbruch nach London hörte sich Liz nicht nur sagen, dass sie sich gefreut habe, Edward kennenzulernen, sondern auch, dass sie hoffe, ihn bald wiederzusehen.
»Vielleicht könnten Sie und Mutter mal zum Abendessen zu mir kommen.« Liz ging durch den Kopf, dass sie ihre Wohnung vorher gründlich auf Vordermann bringen musste.
»Nein, wir laden lieber Sie ein«, entgegnete er lächelnd. »Mir scheint, Ihre Arbeit ist ziemlich anstrengend. Da müssen Sie nicht auch noch Gäste bewirten. Ihre Mutter kann ja einen Termin mit Ihnen ausmachen.«
Auf der Fahrt nach London war Liz besser gelaunt als auf der Hinfahrt. Edward war offenbar wirklich ein Segen. Ihre Mutter wirkte mit ihm viel glücklicher und selbstbewusster. Es war schön, dass sie, Liz, sich nun weniger Sorgen um sie machen musste. Aber warum empfand sie deswegen nicht noch mehr Erleichterung? Ein Anflug von
Selbsterkenntnis ließ Liz ungeduldig auf dem Fahrersitz herumrutschen. Ihr wurde klar, dass sie nun keine Ausrede mehr hatte: Es war Zeit, sich auf ihr eigenes Privatleben zu konzentrieren.
Sie hatte ja bereits beschlossen, die sinnlose Schwärmerei für Charles Wetherby endlich aufzugeben. Aber würde sie das wirklich schaffen? Und was kam danach? Oder wer? Liz überlegte, ob Simon Lawrence tatsächlich eines Tages ihre Nummer wählen würde. Sie würde nicht vor Kummer vergehen, wenn er es nicht tat, aber freuen würde es sie schon.
Hinter ihrer Wohnungstür lag das
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