Angstpartie - Thriller
dämpfte, war der Gedanke an die Kosten dieser Fahrt. Hatte Miles sie selbst bezahlt oder konnte er die Spesen mit der CIA am Grosvenor Square abrechnen? Sie ging von Letzterem aus, was wiederum die Frage aufwarf, weshalb man sich für sie in derartige Unkosten stürzte. Was wollten diese Leute aus ihr herausbekommen?
»Ich muss Ihnen etwas gestehen«, sagte Liz.
Miles hielt ihr einen Teller mit Räucherlachs-Schnittchen hin.
»Was denn?«, fragte er.
»Das ist meine erste Fahrt mit dem Eye.«
Er lachte. »Kaum ein New Yorker war je auf der Freiheitsstatue. Und nun greifen Sie zu.«
Sie setzte sich auf die Bank neben ihm. »Sind Sie von dort? Aus New York?«
»Nein, meine Heimatstadt ist weniger glamourös. Ich komme aus Hartford, Connecticut.« Er hielt inne, fügte
dann aber lächelnd hinzu: »Dem Hauptsitz fast aller amerikanischen Versicherungen - und genauso aufregend, wie das klingt.«
»Seit wann sind Sie denn bei der CIA?«
»Seit fünf Jahren. Ich habe zwei Jahre nach den Anschlägen vom elften September dort angefangen. Nach meinem Yale-Abschluss machte ich den Master in Georgetown, quasi in der Nachbarschaft von Langley. Die CIA rekrutiert dort oft neue Mitarbeiter. Außerdem spreche ich Arabisch … vermutlich hat man sich vor allem deshalb für mich interessiert.«
»Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ist es nicht ziemlich ungewöhnlich, dass ein Amerikaner Arabisch spricht?«
»Sie haben recht. Als ich bei der CIA anfing«, begann er schmunzelnd, »konnte man die Mitarbeiter mit Arabischkenntnissen an den Fingern einer Hand abzählen. Heute braucht man bereits zwei Hände dazu.«
Liz musste lächeln, dann fragte sie: »Was hat Sie dazu bewogen, diese Sprache zu lernen?«
»Mein Vater ist Versicherungsmakler, Spezialgebiet Öltanker. Einmal durften wir in den Sommerferien alle auf einem Supertanker mitfahren. Wir bereisten die gesamte Golfregion und fuhren durch den Suez-Kanal. Ich verliebte mich dabei in die Region und in die Sprache.« Er lächelte verlegen.
»Ist die Stationierung in London Ihre erste Stelle im Ausland?«
»Ich war bereits drei Jahre lang in Syrien. In Damaskus.« Miles schaute verträumt aus dem Kabinenfenster. »Syrien ist ein wunderschönes Land, Liz. Auch wenn es von meinen eigenen Landsleuten häufig verunglimpft wird.«
Selbst im Sitzen konnte Liz nun die Vorstädte weit im Norden und Süden Londons sehen. Von hier aus betrachtet,
wirkte die Stadt seltsam platt. Wie ein Pfannkuchen breitete sie sich in alle Richtungen aus.
»Da muss London Ihnen doch ziemlich fad erscheinen. Wie eine ganz andere Welt«, bemerkte sie.
»Eigentlich nicht. Manchmal kommt es mir vor, als sei der ganze Nahe Osten hierher übergesiedelt.« Miles erhob sich und zeigte zum westlichen Horizont. Sie befanden sich nun am höchsten Punkt des Riesenrades. »Was ist denn das? Sieht aus wie ein Schloss.«
»Gut geraten«, stellte Liz trocken fest. »Das ist Windsor Castle.«
»Klar doch.« Er lachte. »Und da unten gibt es noch zwei Burgen.« Er deutete auf das lange Gebäude des Thames House, dessen Kupferdach am Nordufer der Themse in der Sonne glänzte, und dann auf die grünweißen Linien des postmodernen MI6-Komplexes ein Stück entfernt am Südufer.
Nach einer kurzen Pause sagte er: »Andy Bokus, mein Abteilungsleiter - Sie haben ihn bei dem Treffen im Kabinettsbüro kennengelernt -, er erwähnte, die Franzosen beschwerten sich bereits seit Jahren, dass London zur Drehscheibe nahöstlicher Terror-Aktivitäten geworden sei, Ihre Dienste aber nur zögernd darauf reagierten. Bokus denkt, die Franzosen hätten recht.«
»Sind Sie auch dieser Meinung?« Liz hatte diesen Vorwurf schon so oft gehört, dass sie sich davon nicht aus der Ruhe bringen ließ.
»Nein. Ich finde, Ihre Dienste leisten gute Arbeit. Es muss ein Albtraum sein, all die Einwanderer, die hier leben und die mit ganz unterschiedlichen Absichten hierherkommen, im Auge zu behalten. Noch dazu waren es Ihre Leute, die die Bedrohung für die Friedenskonferenz erkannten. Die Informationen stammen aus einer hiesigen Quelle, nehme ich an?« Miles stand mit dem Rücken zu Liz und sah aus dem Fenster.
Liz schwieg. Wenn Geoffrey Fane den Amerikanern nicht gesagt hatte, woher seine Informationen kamen, würde sie es ihnen ganz sicher nicht verraten. Miles′ plumpe Masche überraschte sie. Glaubten die Amerikaner, sie sei von gestern? Diese Taktik - verwöhne deine potenzielle Quelle und falle dann mit der Tür ins Haus -
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