Angstpartie - Thriller
funktionierte vielleicht in Damaskus, aber wer hier Erfolg haben wollte, musste subtiler vorgehen. Lächelnd überlegte sie, ob sich Andy Bokus weigern würde, die Rechnung zu bezahlen, wenn Miles mit leeren Händen vom Lunch zurückkam.
Das Schweigen zog sich in die Länge. Und da sich Liz mit Befragungen bestens auskannte, beschloss sie, es auf keinen Fall zu brechen. Schließlich sagte Miles: »Sieht aus, als müssten wir einfach die Augen offen halten und auf Ungereimtheiten achten. Ich weiß zum Beispiel, dass kürzlich ein hoher Geheimdienstoffizier aus Damaskus hierhergeschickt wurde.«
»Und wer ist das?«
»Er heißt Ben Ahmad und gilt als wichtiger Mann in der syrischen Spionageabwehr. Ich verstehe nicht, warum gerade er hier ist.«
Liz verstand das durchaus. Im Gegensatz zu Brookhaven wusste sie, dass laut der Quelle des MI6 antisyrische Kräfte die Konferenz bedrohten. Deshalb war es nur logisch, wenn Damaskus einen Spionageabwehr-Spezialisten schickte - und ihn durch jene Sicherheitskräfte unterstützen ließ, deren Ankunft Wally Woods und sein Team beobachtet hatten.
Langsam schwebten sie in die Tiefe, die Gebäude unter ihnen schienen beim Näherkommen wieder zu wachsen. Während Miles die Lunch-Utensilien zusammenräumte, dachte Liz über das nach, was sie gerade erfahren hatte. Sie entschied, dass es sicher kein Fehler war, diesen Ben Ahmad genauer unter die Lupe zu nehmen.
Auf dem Fluss tummelten sich inzwischen dank des herrlichen Wetters viele Boote. »Zurück an die Arbeit?«, fragte Miles lächelnd.
Liz nickte. »Ja. Ich gehe noch ein Stück mit Ihnen.«
Sie spazierten gemeinsam auf dem South Bank entlang und schauten hinüber zu den Parlamentsgebäuden. Miles bemerkte: »Wir haben gar nicht über Sie gesprochen. Seit wann sind Sie beim MI5?«
Liz erzählte ihm die Kurzversion der Geschichte. Wie sie sich auf eine Annonce beworben und mehrere Stufen von Bewerbungsgesprächen durchlaufen hatte, bis ihr schließlich eine Stelle angeboten worden war. Sie verfügte über kein Spezialwissen und hätte sich während des Studiums nie träumen lassen, dass sie einmal beim MI5 arbeiten würde.
»Sie müssen dort sehr erfolgreich sein.«
Liz zuckte mit den Achseln. Sie mochte Miles - obwohl sie seine Strategie, an Informationen zu kommen, ziemlich plump fand -, doch auf Schmeicheleien legte sie keinerlei Wert. Dass sie gute Arbeit leistete, wusste sie: Ihr analytisches Denkvermögen war herausragend, sie konnte auf Erfolge im Außendienst verweisen, vor allem bei Befragungen, und kam fast mit jedem gut zurecht - Leute wie Bruno Mackay einmal ausgenommen. Aber von denen gab es zum Glück nicht viele. Der Stolz, den sie manchmal nach einer abgeschlossenen Ermittlung empfand, wurde stets durch das Gefühl gedämpft, niemals mit der Arbeit fertig zu sein. Wenn sie einen Fall hinter sich hatte, bedeutete das nur, dass bald eine neue Herausforderung auf sie wartete. Aber gerade das machte ihren Beruf so interessant.
An der Lambeth Bridge blieb Liz stehen. »Hier muss ich rüber«, sagte sie. »Vielen Dank für die Einladung.«
»Unser Lunch war ein bisschen unorthodox.«
»Aber anregend.«
»Darf ich Sie irgendwann einmal zum Abendessen ausführen?« Miles wirkte ein wenig nervös.
»Warum nicht?«, antwortete sie schlicht.
Auf dem Weg über die Lambeth Bridge beobachtete Liz, wie zwei Frachtkähne haarscharf aneinander vorbeifuhren. Dabei dachte sie über Miles nach. Dass er sich mit ihr zum Dinner verabreden wollte, erschien auf den ersten Blick harmlos. Oder versuchte die CIA, sie zu umgarnen? Falls dem so war, kümmerte sie das nicht. So ungeschickt, wie sich Miles anstellte, würde sie sofort durchschauen, wenn er irgendwelche Informationen aus ihr herauskitzeln wollte.
Sie hatte ein Date, dachte sie. Zum ersten Mal seit Langem.
Aber Herzklopfen würde sie deshalb nicht gleich bekommen. Viel interessanter war im Augenblick die Nachricht, dass sich ein syrischer Spionageabwehr-Spezialist in London befand.
19
Glückliche Sophie, dachte Liz, während ihr Blick über die Eichenschränke, die Granitarbeitsplatte und den Schieferboden wanderte. Die Küche der geräumigen Villa aus der Zeit König Eduards war groß und hell. Durch zwei hohe Bäume am hinteren Ende des Gartens fielen die Strahlen der tiefstehenden Sonne. Welch ein Unterschied zu Liz’ Souterrainwohnung in Kentish Town!
Mit einem Glas Wein in der Hand sah sie zu, wie Sophie abwechselnd am Herd und an der Arbeitsplatte
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