Angstpartie - Thriller
von Brunos Bericht dachte Fane an die Mühe, die er sich gegeben hatte, um die Herkunft seiner Informationen über die Bedrohung für die Gleneagles-Konferenz oder auch für Syrien zu verschleiern. Er hatte versucht, die Quelle vor demjenigen Mann zu verbergen, dem sie sie verdankten.
Als er den Bericht zu Ende gelesen hatte, stand Fane auf und ging zum Fenster. Auf der Themse tuckerte ein Frachtkahn bei Niedrigwasser stromaufwärts. Ein Schwarm Möwen folgte ihm hoffnungsvoll. Über die Vauxhall Bridge strebte unter der Aufsicht dreier Lehrerinnen eine Grundschulklasse der Tate Galerie entgegen. Fanes Augen folgten den Kindern, doch seine Gedanken waren weit entfernt.
Dann ging er zum Schreibtisch und griff mit dem Gefühl, eine wichtige Nachricht überbringen zu können, zum
Telefon. Er kam sofort durch. »Hallo, Charles. Hier Geoffrey Fane. Wir haben ein paar Nachforschungen über unsere amerikanischen Kollegen angestellt. Besonders über den jüngeren. Ich glaube, Sie werden die Lektüre sehr anregend finden.«
27
Seit vier Uhr nachmittags regnete es ununterbrochen. Jetzt war es Abend und Ben Ahmad verließ die U-Bahnstation Park Royal in einem mittlerweile völlig durchnässten Regenmantel. Das Tief aus Irland war einen Tag früher angekommen als angekündigt. Vermutlich war es schwierig, das Wetter auf einer Insel vorherzusagen. Umso mehr sehnte er sich nach der Verlässlichkeit der syrischen Meteorologen. In seiner Heimat gab es keine Überraschungen, mit Niederschlag musste man oft monatelang nicht rechnen.
Der Staubsaugerladen schloss gerade, als er ankam. Er nickte Olikara, dem Besitzer, flüchtig zu. Dann eilte er zu dem Bürocontainer im Hinterhof, steckte den Schlüssel ins Schloss und stellte überrascht fest, dass die Tür unverschlossen war. Drinnen saß Aleppo am Schreibtisch.
»Wie sind Sie hier reingekommen?«, fragte Ahmad barsch.
Aleppo überging die Frage. »Hinsetzen!«, befahl er scharf. Im schwächer werdenden Tageslicht sah er in der schwarzen Lederjacke und dem dunklen Rollkragenpullover äußerst bedrohlich aus.
Ahmad blieb nichts anderes übrig, als sich ebenfalls am Schreibtisch niederzulassen. Er war beunruhigt. Die Kontrolle über die Situation war ihm bereits entglitten und
der stahlharte Blick des anderen Mannes machte ihn nervös.
»Hören Sie gut zu.« Aleppo stützte die Hände auf die Schreibtischplatte und beugte sich drohend vor. Seine Stimme war eisig. »Ich habe Ihre Regierung unter größten persönlichen Risiken mit vertraulichen Informationen versorgt. Aber nur, weil ich davon ausging, dass Ihre Leute entsprechend darauf reagieren würden. Andernfalls wäre es völlig idiotisch, mich derart in Gefahr zu bringen. Und ich bin kein Idiot.«
Ahmad versuchte, gelassen zu bleiben. Nun zeigte sich, dass er diesen Mann nicht grundlos fürchtete. Aleppos Verbissenheit erschien ihm inzwischen fast pathologisch. Ernst sagte er: »Das würden wir niemals annehmen. Aber gewisse Schritte benötigen Zeit. Das habe ich Ihnen doch bereits gesagt.«
Aleppos fahrige Geste wirkte, als wolle er die Entgegnung in Stücke schlagen. »Zeit haben weder Sie noch ich.«
Wozu die Hast?, fragte sich Ahmad. Bahnte sich etwas an, wovon er noch nichts wusste? Bevor er sich durchringen konnte, nachzufragen, unterbrach Aleppo seine Gedankengänge. »Ich will keine Lügen, ich will kein Geschwätz. Ich will entschlossenes Handeln! Ist das klar?«
Ahmad atmete tief durch. Noch nie hatte er sich von einem Informanten derart anherrschen lassen. »Ja«, antwortete er zögernd.
Doch Aleppo war noch nicht zufrieden. Er schüttelte ungeduldig den Kopf. »Ich verrate Ihnen etwas: Der letzte Mann, der zu mir Ja sagte, obwohl er Nein meinte, war ein Südafrikaner. Sein Torso wurde in der Nähe von Kapstadt an einen Strand gespült. Die Beine hat man nie gefunden.«
»Ich gebe Ihnen mein Wort. Es wird noch in dieser Woche etwas geschehen.«
Ahmad war unbehaglich zumute, als sich Aleppo nun abrupt erhob. Würde Olikara ihn hören, wenn er schrie? Nein, der Laden war geschlossen und sicher war der Staubsaugerhändler längst nach Hause gegangen. Ein Blick aus dem schmutzigen Fenster des Bürocontainers sagte Ahmad, dass es draußen bereits dunkel geworden war. Die schäbige kleine Ladenpassage lag um diese Zeit weitgehend verlassen da.
Aleppo machte einen Schritt auf ihn zu. Ahmad erstarrte. Er wartete auf den Angriff. Doch der Mann lachte nur hart. »Warum so ängstlich?«, fragte er. »Dazu besteht
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