Angstpartie - Thriller
Pinwand voller Notizen und Telefonnummern, an der auch eine Buntstiftzeichnung von einem Pferd hing.
»Es freut mich, Sie endlich kennenzulernen«, bemerkte Joanne. »Ich habe schon viel von Ihnen gehört.« Sie sah Liz durchdringend an, doch ihre Stimme klang freundlich.
»Und ich von Ihnen. Ein Bild von Ihnen habe ich auch schon gesehen. Es steht auf Charles’ Schreibtisch.«
»Tatsächlich?« Joanne schien erfreut. »Welches ist es denn?«
»Sie sind an einem Fluss und haben einen Strohhut auf. Links und rechts von Ihnen stehen die Jungs. Jeder hat ein Paddel in der Hand.«
»Ach, ich erinnere mich. Als die Jungen schwimmen gelernt hatten, kauften wir ihnen ein kleines Ruderboot. Danach lebten sie monatelang praktisch auf dem Wasser.«
»Sicher war es für die beiden sehr schön, hier aufzuwachsen.«
Joanne nickte. »Sam - das ist der, den Charles gerade abholt - sagt, er möchte hier wohnen, wenn wir mal nicht mehr sind. Er ist ganz der Vater. Sorgt sich ununterbrochen, auch wenn er es nicht zeigt. Genau wie Charles.«
»Das stimmt. Auch Charles lässt sich nach außen hin nie viel anmerken. Selbst in angespannten Situationen bleibt er stets die Ruhe selbst.«
»Tatsächlich?« Joannes Miene hellte sich auf. »Ich habe ja keine Ahnung, wie er im Büro ist. Aber ich weiß, dass er gern mit Ihnen zusammenarbeitet.«
Liz wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. »Bis vor Kurzem waren wir in unterschiedlichen Abteilungen.«
»Ja, und er freut sich sehr, Sie wiederzuhaben.«
Joanne sagte es so freiheraus, dass Liz Mühe hatte, nicht zu erröten.
Joanne fuhr fort: »Manchmal denke ich, das Leben wäre viel leichter, wenn wir in die Stadt ziehen würden - Charles hat einen so langen Weg zur Arbeit! Und mir ging es, wie Sie wahrscheinlich wissen, in den letzten Jahren nicht besonders gut. Aber Charles will davon nichts hören. Er sagt, ohne den Garten würde er verrückt werden.«
Mit einem schiefen Lächeln betrachtete sie die Tasse in ihren Händen. »Die berufliche Anspannung und sich dann noch um mich kümmern zu müssen, das ist eine große Belastung. Ich mache mir Sorgen um ihn und weiß gleichzeitig, wie sehr er sich um mich sorgt.« Joanne hielt inne, lachte kurz auf und sah dann Liz an. »Sind Sie eigentlich verheiratet?«
Liz schüttelte den Kopf. Die Situation war ihr peinlich.
»Schade. Ich kann es nur empfehlen.«
Einen Augenblick lang saßen sie schweigend da. Dann lauschte Joanne mit schiefgelegtem Kopf. »Da kommen sie«, sagte sie. Kurz darauf trat Charles in die Küche, gefolgt von einem schlaksigen Jungen von etwa sechzehn Jahren. Der Teenager trug eine Schuluniform, bestehend aus Blazer und einer grauen Hose. Sein rechter Fuß steckte in einem Gips. Er hatte die großen blauen Augen seiner Mutter, glich aber ansonsten eher Charles.
»Hallo Liz«, begrüßte Charles sie. »Das ist Sam.«
Sie stand auf und schüttelte seinem Sohn die Hand. »Wollt ihr nicht in den Garten gehen, Darling?«, fragte Joanne. »Nehmen Sie Ihren Kaffee doch einfach mit, Liz. Schön, dass wir uns ein bisschen unterhalten konnten.«
Die frische Morgenluft wurde langsam milder. Charles zog die Jacke aus und ließ sie auf einer Bank an der Küchentür liegen. An einer Seite des Gartens war ein breiter
Streifen Stauden gepflanzt, in der Mitte des Rasens gab es ein rundes Beet mit hochgewachsenen Rosen.
»Wunderschön«, bemerkte Liz.
»Ganz so weit würde ich nicht gehen.« Charles lächelte milde. »Aber es freut mich, dass Ihnen der Garten gefällt. Außerdem haben wir jemanden, der uns hilft«, räumte er ein.
»Das ist gut«, sagte Liz, und dachte daran, dass der Garten auch ihrer Mutter gefallen würde. Sie blieb stehen und lauschte. »Was ist das für ein Geräusch?«
Charles hielt ebenfalls an und spitzte die Ohren. »Nur ein Boot. Der Fluss liegt hinter dem Garten. Ganz bis ans Ufer reicht das Grundstück leider nicht. Aber uns trennt nur ein schmaler Fußweg vom Wasser.«
Charles führte Liz zu einer steinernen Bank unter einem hohen Baum. Sie setzten sich. »Also …« Er schlug die Beine übereinander. »Was gibt es denn?«
»Wir haben doch diesen Israeli, diesen Kollek, observiert. Alles ziemlich unverdächtig, aber hin und wieder scheut er keine Mühe, die Leute von der A4 abzuschütteln. Wally meint, Kollek sei nicht so unbedarft, wie er tut. Inzwischen bin ich mir sicher, dass er für den Mossad arbeitet.«
Charles’ Gesicht nahm einen harten Zug an. »Dann müssen wir Protest
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