AnidA - Trilogie (komplett)
hart an eine der Türen und bedeutete Ida, draußen zu warten. Als er das Zimmer betrat, schloss die Tür sich nicht vollständig. Ida, neugierig, was die beiden besprechen würden, schob sie millimeterweise weiter auf und neigte lauschend den Kopf.
Sie musste sich nicht anstrengen, um etwas zu verstehen. Eine gedämpfte Frauenstimme begrüßte Marten und bat ihn, sich zu setzen und einen Moment zu warten. Ein Stuhl scharrte, und die charakteristischen leisen Geräusche erklangen, die darauf hindeuteten, dass Marten sich eine Pfeife anzündete. Tatsächlich zog kurz darauf der Duft von Tabak durch den Türspalt. Ida hockte sich auf den Boden, lehnte den Rücken an die Wand und wartete geduldig.
»Ist alles glatt gelaufen?«, eröffnete die Frauenstimme nach einigen Minuten das Gespräch.
»Soweit ja«, brummte Martens Bass. »Allerdings hatte ich nicht mit den beiden Kindern gerechnet und dementsprechend keine Vorkehrungen treffen können. Aber ich denke, unsere Freundin wird damit fertig werden.«
»Es tut mir leid, dass ich dich deswegen nicht mehr vorwarnen konnte, Marty. Aber die Gelegenheit ergab sich gerade zu diesem Transport, und ich wollte sie mir nicht entgehen lassen.«
Ida drückte sich enger an die Wand und hielt den Atem an, damit ihr ja keine Silbe entging. Martens Aussagen über den Zorn der Khanÿ schienen stark übertrieben gewesen zu sein: Bisher unterhielten die beiden sich durchaus freundschaftlich miteinander. Die Khanÿ sprach sehr leise, aber da war ein Charakteristikum in ihrer Stimme, das Ida aus einem Grund, den sie nicht benennen konnte, beunruhigte und verwirrte.
Einen Moment lang herrschte wieder Stille, dann fuhr die Frau in ruhigem Ton fort: »Du kannst dir denken, dass Storn hier war und mir Bericht erstattet hat.« Marten grummelte etwas Unverständliches. »Ich weiß«, erwiderte die Khanÿ. »Aber du müsstest doch verstehen, dass sein Bericht mich dennoch beunruhigt hat. Marty, was ist nur in dich gefahren, dass du all unsere Regeln in den Wind schlägst und deinen Liebhaber zu einer unserer Unternehmungen anschleppst? Regeln, möchte ich dich erinnern, die wir gemeinsam aufgestellt haben, alter Freund.« Sie pausierte, schien auf eine Entgegnung Martens zu warten, die aber ausblieb. Als sie fortfuhr, war alle Freundlichkeit aus ihrer Stimme geschwunden, und sie sprach mit schneidender Schärfe, ohne deshalb aber die Stimme zu erheben.
»Storn sagte, der Junge sei geradezu wild darauf versessen, dich aus dem Weg zu räumen und deinen Platz einzunehmen. Es dürfte dich nicht verwundern, dass Storn das Vorhaben unterstützt. Du seist ganz offensichtlich ein unzuverlässiger, haltloser Trunkenbold, der ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko für unsere gesamte Organisation darstellt. Und weißt du was, Marten? Ich bin geneigt, ihm Recht zu geben!«
Marten antwortete nicht sofort auf die Vorhaltungen. Ida wischte sich die feucht gewordenen Handflächen an der Hose ab. Langsam erschien es ihr nicht mehr als ein solch guter Einfall, Marten dazu überredet zu haben, sie hierher zu bringen. Fast wünschte sie, er würde darauf verzichten, sie in dieses Zimmer zu rufen.
»Alte Freundin«, sagte Marten endlich schwerfällig, »an dem Tag, an dem du glaubst, mir nicht mehr vertrauen zu können, solltest du mich besser töten. Ich würde mich dagegen nicht wehren.« Ida war eigenartig berührt von der Sanftheit seiner heiseren Stimme.
Sie verfehlte anscheinend auch die Wirkung auf seine Gesprächspartnerin nicht, denn Ida hörte, wie sie sich energisch räusperte und beinahe grob sagte: »Nun hör schon auf. Das ist doch kein Grund, melodramatisch zu werden. Komm, Marty, erzähl mir von deinem jungen Freund. Glaubst du, er könnte sich als brauchbar erweisen?«
»Ich denke, ja«, erwiderte Marten mit einem Lächeln in der Stimme. »Er hat Schneid und Verstand, und ich würde gerne mit ihm zusammenarbeiten. Ich könnte ein wenig Entlastung brauchen, vor allem, da ich mir in der Hierarchie eine neue Existenz aufbauen muss.« Ida traute ihren Ohren nicht. Was bezweckte dieser fette Gauner damit?
Die Khanÿ schwieg einige Sekunden lang. Dann seufzte sie und sagte unwillig: »Ich schätze eigentlich keine solchen Verknüpfungen von Arbeit und Privatleben, Marty, das solltest du doch wissen. Wir haben damals entschieden, dass das, was wir tun, zu riskant ist, um die Menschen, die wir lieben, mit hineinzuziehen. Glaubst du jetzt, dass die Entscheidung falsch war?«
»Ja und nein«,
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