Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
verstaute. Er reichte mir wortlos seine grobe Hand und zog mich hoch. Ich war noch ein wenig wackelig auf den Beinen, aber seine Hand stützte mich, bis ich mich sicherer fühlte. Der Obstbrand regte meinen leeren Magen an, der nun laut und fordernd zu poltern begann. Jinqx blinzelte zu mir auf und stieg stumm auf eine Leiter, die vom Hauptstamm weg nach unten führte.
    »Ich würde gerne erst was essen«, sagte ich und deutete hinauf zum Gemeinschaftsnest. Jinqx knurrte zustimmend und kletterte hinab. Ich folgte ihm eilig und ein wenig wütend. »He, Jinqx. Ich gehe jetzt rauf, ich habe Hunger«, rief ich seinem breiten Rücken hinterher, der sich zielstrebig auf die nächste Leiter zubewegte.
    »Komm mit«, rief er zurück, ohne sich umzusehen. Ich zögerte einen Moment, dann zuckte ich mit den Achseln und folgte ihm. Ich hätte nicht einmal sagen können, warum ich diesem unmöglichen, maulfaulen Menschen die ganze Zeit hinterherlief, aber vielleicht fand ich es ja heraus, wenn ich noch eine Weile dabeiblieb.

    Jinqx führte mich zu einer Höhlung im unteren Teil des gigantischen Stammes. Neugierige Gesichter sahen uns entgegen, als wir eintraten, und als die Grennach meinen Begleiter erkannten, erklangen laute, erfreut klingende Begrüßungsrufe. Jinqx nickte in die Runde und schob mich weiter ins Innere des düsteren Raumes. Glühsteine sorgten für eine schummrige Beleuchtung, die kaum ausreichte, mehr als ein paar Schritte weit zu sehen. Ich wunderte mich ein wenig über diese Höhle, weil ich bisher den Eindruck gewonnen hatte, dass die Grennach offene, lichtdurchlässige Räume liebten und geflochtene Wände, die Luft und Geräusche durchließen und niemals vollständig gegen die Außenwelt abgeschlossen waren.
    Jinqx dirigierte mich an einen dieser ärgerlich niedrigen Tische und drückte mich auf ein kleines Kissen nieder. Er schien nicht gerne überflüssige Worte zu machen. Ein Grennach-Mann, der Erste, den ich außerhalb des Männer-Bezirkes sah, kam an den Tisch und begrüßte uns herzlich. Jinqx antwortete in der Sprache der Grennach, von der ich immer noch keine Silbe verstand.
    »Ich habe uns etwas zu essen bestellt«, erklärte mir Jinqx. Er lehnte entspannt an der Höhlenwand, tief in seinen Mantel vergraben, und hatte die stämmigen Beine bequem unter sich gezogen. Seine dunklen Augen musterten mich scharf und ohne die Ironie, mit der sie sonst die Welt betrachteten. Ich fühlte mich unter diesem Blick wie unter einem Laserskalpell.
    Nach einer Weile schnüffelte er kurz und zog seine Pfeife hervor. Er nahm einen Zipfel des modderfarbenen, undefinierbaren Kleidungsstückes, das er unter seinem Mantel trug, und schnaubte hinein. Dann stopfte er gemächlich seine Pfeife und setzte sie in Brand. Er schnüffelte wieder und verzog das Gesicht. »Das braucht Monate, bis meine Sachen wieder nach mir riechen«, murmelte er angewidert. »Verdammte Baumratten.«
    Chloe, die bis dahin selig geschlafen hatte, nahm das anscheinend als ihr Stichwort. Sie krabbelte aus meinem Hemd und kletterte über meinen Arm auf den niedrigen Tisch. Mit erhobenem Kopf und zitternden Barthaaren schnupperte sie in die Luft und lief dann zielstrebig auf Jinqx zu, der friedliche Rauchwolken ausstieß. Chloe zögerte kurz, dann sprang sie hinüber auf seinen Schoß und kringelte sich auf seiner groben Hand zusammen. Sie legte zutraulich ihren schmalen Kopf auf seinen Daumen und schloss die Augen. Jinqx nahm weiter keine Notiz von seiner Besucherin, er schloss nur behutsam seine stumpfen Finger um den weichen kleinen Rattenkörper. Ich starrte fassungslos auf diesen Anblick. Ein solches Verhalten sah Chloe, meiner bissigen kleinen Freundin, alles andere als ähnlich.
    Der Grennach kam und brachte uns ein beladenes Tablett. Jinqx aß nur mit einer Hand, die andere ruhte mitsamt der schlafenden Chloe reglos in seinem Schoß. Ich blickte immer wieder verstohlen hin, weil ich nicht recht glauben wollte, was ich da sah.
    Wir nahmen schweigend unsere Mahlzeit ein. Jinqx ließ sich von dem Grennach, der uns aufmerksam und zurückhaltend bedient hatte, seine Schnapsflasche auffüllen, nachdem er den vier Finger hohen Rest, der noch darin gewesen war, durch seine Gurgel hatte laufen lassen. Chloe kehrte gelassen von ihrem Ausflug zu mir zurück und krabbelte auf meine Schulter.
    Vor dem Ausgang der Baumhöhle blinzelte ich mit tränenden Augen in das durch die Blätterkrone gedämpfte Licht, das mir nach der Düsternis dort drinnen so

Weitere Kostenlose Bücher