AnidA - Trilogie (komplett)
blendend hell erschien wie schon seit Tagen nicht mehr. Als ich meine Augen daran gewöhnt hatte und mich umsah, war Jinqx fort.
Erst einige Tage später sah ich den skurrilen Kerl wieder. In der Zwischenzeit hatte Tallis mich zu einem Treffen der Nestältesten mitgenommen, die mich dringend kennen lernen wollten, wie sie es mit einem unfrohen Lächeln ausdrückte. Ich saß etwas unbehaglich zwischen sieben alten Grennach-Frauen, die mich nicht sehr freundlich musterten und in ihrer Sprache erregt miteinander diskutierten. Tallis sagte während der ganzen Sitzung kein Wort, sah mich nur hin und wieder mitleidig und entschuldigend an. Ich kochte vor Wut, als die sechs anderen grußlos an mir vorbeigingen und das kleine Versammlungsnest verließen. Tallis kam zu mir und nahm meine Hand. Ich musste an mich halten, sie ihr nicht zu entziehen.
»Verzeih unsere Unhöflichkeit, Kind. Das ist sonst nicht die Art meiner Schwestern, aber wir haben große Sorgen, und ich verlange eine übermäßig schwere Entscheidung von ihnen. Das Erscheinen der Sturmkrähe sagt meist eine schmerzhafte Veränderung bevor, und meine Schwestern befürchten, dass ich unser Volk auf den falschen Weg führen könnte.« Ihr faltiges kleines Gesicht zeigte Kummer und große Bedrückung. Ich nahm sie impulsiv in den Arm und drückte sie an mich. Sie küsste mich auf die Wange und machte sich dann frei. »Geh, Kind, freue dich deines Lebens«, sagte sie lächelnd und schob mich fort. »Das hier ist meine Aufgabe; nichts, worüber du dir den Kopf zerbrechen solltest.«
Ich war bereits auf dem Weg zu meinem geliebten schwarzen See, um meine tägliche Runde zu schwimmen und mich ein wenig in der Sonne zu aalen, als mir einfiel, dass ich sie nicht gefragt hatte, wen sie mit der ›Sturmkrähe‹ gemeint hatte, obwohl ich es mir fast denken konnte.
Erfrischt und angenehm matt lag ich nach dem Bad auf dem sonnigen Uferstreifen und ließ mich sanft aufwärmen. Dann muss ich eingeschlafen sein, denn als ich das nächste Mal die Augen aufschlug, klang das weiche Plätschern des Sees an meine Ohren, das darauf hindeutete, dass jemand darin schwamm. Ich stemmte mich auf die Ellbogen und schirmte meine Augen gegen das Licht ab. Der Schwimmer durchpflügte das schwarze Wasser mit kräftigen Stößen und kam zielstrebig auf mich zu. Starke Hände an fleischigen Armen zogen ein Paar breiter Schultern ein Stück aus dem Wasser. Dunkle Augen glitten ungeniert über meine Blößen. Jinqx strich sich das krause, nasse Haar aus dem Gesicht und lachte breit und ein wenig unverschämt. Ich tat ihm nicht den Gefallen, empört herumzukreischen, sondern starrte nur genauso unverschämt zurück. Das Wasser verbarg seine stämmige Gestalt fast zur Gänze vor mir, aber was ich von ihm sehen konnte, zeigte den ungewöhnlichen Anblick eines vor Nässe und Sauberkeit glänzenden Jinqx.
»Kommst du noch mal rein?«, fragte er, ohne sich lange mit einer Begrüßung aufzuhalten. Ich schüttelte den Kopf.
»Ich bin gerade dabei, wieder ein bisschen warm zu werden«, entschuldigte ich mich. Er nickte nur und glitt herum. Für einen Augenblick sah ich ein rundes Hinterteil und zwei gut gepolsterte Schenkel aufblitzen, dann tauchte er unter und schwamm unter Wasser weiter. Ich stützte mich wieder auf und beobachtete ein wenig beunruhigt die Wasseroberfläche, aber Jinqx blieb verschwunden. Der See lag still und unberührt vor mir.
Gerade als ich überlegte, ob ich hinterherschwimmen und nachsehen sollte, ob ihm etwas passiert war, raschelte es hinter mir im Schilf. Jinqx stand da, auf nackten Füßen und vollständig mit seiner unsagbaren Lumpensammlung bekleidet. Den einzigen Beweis, dass er wirklich im Wasser gewesen war, gaben seine feuchten schwarzen Haare, die zottelig auf die breiten Schultern herabhingen.
»Hallo«, sagte ich ein wenig einfallslos. Er grinste wieder und ließ sich neben mich auf meine ausgebreitete Decke fallen. Er griff ohne jeden Umstand nach meiner Hand und betrachtete den Ring, den ich am Finger trug. Seine dunklen Brauen zogen sich zusammen, und der volle, sinnliche Mund spitzte sich nachdenklich. Ich betrachtete fasziniert die starken Linien seines Gesichtes, die ausgeprägten Wangenknochen, das kräftige Kinn und die breite Stirn mit den feinen Schatten an den Schläfen.
Jinqx blickte auf und ertappte mich, wie ich ihn anstarrte. Seine Augen bohrten sich in meine, und er zog meine Handfläche an seinen Mund. Ich ließ es zu und wehrte mich auch
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