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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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entschuldigte mich deswegen ein wenig beschämt. Sie lächelte und tat es mit einer Handbewegung ab.
    Der Raum, in den sie mich nach dem eiligen Frühstück brachte, glich eher der Baumhöhle, in der ich mit Jinqx gesessen hatte. Es war eine Art von Astloch, dem eins dieser luftigen, geflochtenen Nester vorgebaut war. Tallis, die bereits dort mit einem rundlichen, dunkelhaarigen Grennach-Mann saß, sah bei unserem Eintreten auf und lächelte mich an. »Mirin, das ist Adina, von der ich dir erzählt habe. Eddy, Mirin ist der Tlenna'Tian meines Nestes und gleichzeitig der Erste Tlenna des Grennach-Volkes.«
    Ich hockte mich neben die beiden Grennach und reichte dem Mann meine Hand. Er hielt sie einen Moment lang fest und sah mich an, als wollte er sich mein Aussehen für den Rest seines Lebens einprägen. Die glänzenden, nussbraunen Augen wanderten ruhig über mein Gesicht und meinen Körper.
    »Ja«, sagte er schließlich mit erstaunlich tiefer Stimme. »Adina-Eddy. Sei gegrüßt, Tochter der Riesinnen.« Er ließ meine Hand los und wandte sein gelassenes Gesicht wieder Tallis zu. Ylenia setzte sich schweigend neben ihn und faltete die Hände im Schoß. Tallis sah mich an, dann meine Tante und faltete die Hände in einer unbewussten Nachahmung von Ylenias Geste.
    »Eddy«, begann Ylenia nach einem Moment der Sammlung. »Du hast sehr viel Geduld mit uns bewiesen in der ganzen Zeit, die du nun hier bei uns bist. Ich weiß, dass der Gedanke, hier in diese Welt zu gehören, dir noch fremd ist, und ich verstehe das vollkommen. Meine Mutter hat dich nach deiner Geburt entführt und in der Fremde aufwachsen lassen. Ich hoffe, nein, ich weiß, dass sie dafür einen guten Grund gehabt haben muss, den sie keinem von uns verraten konnte oder wollte. Dir ist dadurch Leid geschehen, und ich wollte, ich könnte dich dafür entschädigen.« Sie sah zu Tallis hinüber, und ihre Miene zeigte einen kurzen Anflug von Ärger.
    Tallis' kleines Gesicht war kummervoll. »Bitte, Ylenia. Ich weiß, dass du mir zürnst, aber ich kann nicht anders handeln, als ich es für richtig halte.« Sie breitete die Hände aus und legte sie wie eine Schale wieder zusammen. Beide Frauen sahen mich stumm an. Der kleine Grennach-Mann beobachtete uns wie Schauspielerinnen, die eigens für ihn ihr Stück aufführten.
    Ich tastete in meiner Tasche nach dem Bildnis, das Jinqx mir geschenkt hatte, und meine Finger schlossen sich um die hölzerne Krähe, deren scharfe Konturen sich schmerzhaft in meine Handfläche bohrten. Ich zog sie gedankenverloren heraus und fuhr über ihre ausgebreiteten Schwingen. »Ich bin hier zu Hause«, sagte ich mehr zu mir als zu den beiden Frauen. »Ich weiß nicht, wieso all das geschehen ist, aber du weißt«, ich blickte Tallis an, »dass ich mich auf Cairon, so lange ich nur denken kann, immer fremd gefühlt habe. Ich war zuerst verwirrt und unglücklich, nachdem ich so plötzlich hier gelandet war, aber nun fühle ich mehr und mehr, dass hier mein Herz ist.« Ich verstummte und fragte mich kurz, warum ich diese Formulierung gewählt hatte, um zu erklären, dass ich mich seit einigen Tagen eins mit mir und dem Leben um mich herum fühlte.
    Mirin nickte und räusperte sich leise. »Zur Sache«, sagte Ylenia nüchtern. »Warum wir hier sind und warum ich dich gebeten habe, zu uns zu kommen, Eddy: Mirin hat uns die Prophezeiung, die die Herzen betrifft, in ihrem alten Wortlaut vorgetragen. Es war nicht einfach, sie zu finden, weil es wahrscheinlich eine der ältesten Erinnerungen dieses Volkes ist – aus einer Zeit, als die Herzen noch allesamt vereint hier in Tel'krinem gehütet wurden.« Der Grennach flüsterte etwas, und Tallis nickte.
    Ylenia sah die beiden an, aber da niemand etwas sagte, fuhr sie fort: »Ich denke, es ist uns gelungen, etwas mehr Klarheit in die Sache zu bringen. Es war so, wie Tallis vermutet hatte: Die Übersetzung in unsere Sprache hat den Wortlaut verfälscht, zwar nur gering, aber das ist bei einem solch dunklen Text mitunter schon ausreichend, um die ganze Prophezeiung unverständlich zu machen oder ihren Sinn ins Gegenteil zu verkehren.« Sie fasste nach dem silbernen Anhänger, den sie auf ihrer Brust trug. »Es ist nunmehr so gut wie sicher, dass diese Prophezeiung dich und deine Schwester betrifft.« Ich zog die Brauen hoch und sah Tallis fragend an. Meine alte Freundin hob sacht die Schultern und nickte.
    »Was immer auch geschehen wird, wird das Schicksal dieser Welt verändern«, fuhr Ylenia

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