AnidA - Trilogie (komplett)
schwarzen Augen musterten mich flüchtig. Ich glaubte, einen Schatten des Bedauerns in ihnen zu erkennen.
»Danke«, sagte Tallis leise. »Wir sind abermals tief in deiner Schuld.«
»Das seid ihr«, erwiderte Jinqx hart und ging hinaus.
Anida
~ 15 ~
Marten führte sie auf einem anderen Weg zurück, als sie gekommen waren. In einer engen Gasse hielt er vor einer heruntergekommenen Spelunke an und schob Ida wortlos durch die Tür. Sie war zu benommen, um nach dem Grund dieser Rast zu fragen. Teilnahmslos sah sie zu, wie Marten den Wirt begrüßte und einige leise Worte mit ihm wechselte. Der Kahlkopf nickte und zeigte ein zahnlückiges Grinsen, bevor er mit einer einladenden Geste eine Tür in der hintersten Ecke des Schankraumes öffnete. Marten nahm Ida beim Arm und schob sie in ein dunkles, muffig riechendes Zimmerchen mit einem großen Bett, einem wackligen Tisch und zwei Stühlen. Der kahlköpfige Wirt öffnete ein Fenster, um Licht und etwas frischere Luft hineinzulassen, und wartete geduldig, bis Marten Ida auf einen Stuhl niedergedrückt hatte.
»Bring uns einen Imbiss und zwei ordentliche Humpen von deinem starken Bier«, bestellte Marten. Der Wirt zwinkerte ihm zu und kehrte kurz darauf mit dem Gewünschten zurück. Marten griff wie ein Verhungernder nach dem Brett, auf dem Brot und fetter Speck lagen, und säbelte sich dicke Scheiben ab.
»Was soll das hier geben?«, raffte Ida sich zu einer Frage auf. Die Betäubung ließ langsam nach und wich einem zerrenden, zornigen Schmerz.
»Ich habe nicht vor, dich um dieses Bett zu jagen, falls es das ist, was du befürchtest«, erwiderte der Dicke kauend. »Ich dachte nur, wir wollten uns in aller Ruhe ansehen, was Devvy über deinen Bruder rausgefunden hat.«
Ida zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Ja, warum nicht«, sagte sie matt und blickte hinunter auf den Tisch. Eine riesige Pranke packte sie an der Schulter und schüttelte sie grob durch.
»He, Prinzessin, so mag ich dich nicht«, knurrte Marten und funkelte sie an. »Verdammt, reiß dich zusammen! Wegen dem hier«, er hielt ihr den zusammengefalteten Bogen Papier vor die Nase, »hab ich bei der Khanÿ meinen Hintern riskiert, also werden wir uns jetzt auch gefälligst damit beschäftigen. Wenn du allerdings lieber hier rumsitzen und vor Selbstmitleid zerfließen willst – bitte. Aber komm mir nachher nicht angewinselt, weil du es dir wieder mal anders überlegt hast.«
Er knallte Devvys Bericht vor Ida auf den Tisch und sah sie derart verächtlich an, dass die dünne Haut über ihrem Zorn aufplatzte. Sie sprang auf und schlug blindlings zu. Ihre Faust traf mit einem befriedigend satten Geräusch mitten in Martens höhnisches Gesicht und ließ den schweren Mann überrascht aufjaulen und zurücktaumeln. Ida setzte ihm nach und konnte ein zweites und drittes Mal zuschlagen, ehe ihre Faust von seiner eisenharten Hand abgefangen und sie selbst schmerzhaft gegen die Wand geschmettert wurde. Dort hielt der fette Mann sie mit seinem Bauch eingeklemmt, während er heftig atmend ihre Arme gegen die Wand drückte. Ida starrte ihm aus nächster Nähe ins Gesicht und registrierte befriedigt die aufgeplatzte Lippe, aus der helles Blut über das Kinn rann, und eine rasch aufblühende Schwellung unter seinem linken Auge.
Beide funkelten sich hasserfüllt an. Marten atmete stoßweise und keuchend und drückte Ida mit seinem ganzen Gewicht hart gegen die rissige Wand. Sie spannte ihre Muskeln an und versuchte sich mit aller Kraft freizumachen, aber gegen die wuchtige Masse des dicken Mannes hatte sie keine Chance.
»Lass mich los, du widerlicher Fettwanst!« Sie verdrehte ihr Handgelenk in seinem klammernden Griff.
»Ich denke nicht daran«, knurrte Marten bösartig. Sein Atem beruhigte sich langsam, und er leckte sich das Blut von der geschwollenen Lippe. Sein Gesicht zuckte ungläubig. Er stieß ein schnaubendes Lachen aus und ließ Ida so plötzlich frei, dass sie taumelte und schwer gegen ihn fiel. Er fing sie auf und hielt sie fest, aber der Schwung, den sie hatte, reichte aus, um ihn ebenfalls aus dem Gleichgewicht zu bringen. Er krachte wie ein gefällter Baum rückwärts zu Boden, und sein Kopf schlug hart und dumpf auf die Dielen. Ida landete weich auf all den Fleischpolstern, kämpfte sich mühsam wieder hoch und lehnte sich keuchend gegen das Bett.
Marten lag still auf dem Rücken und starrte gegen die Decke. Dann hob ein langer, schwerer Atemzug seinen Bauch, und er begann, laut und hilflos
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