AnidA - Trilogie (komplett)
»Typisch. Devvy geht auf Nummer Sicher. Wir werden ihn aufsuchen und mit ihm sprechen müssen, Prinzessin.«
Ida nickte resigniert. »Also gut. Aber danach trennen sich unsere Wege.«
Der dicke Mann starrte sie an, das Messer, mit dem er am Speck herumgesäbelt hatte, reglos in seiner Hand. »Wie meinst du das?«
»Wie ich es gesagt habe. Du hast deine Arbeit getan, und ich danke dir dafür. Ab jetzt kann ich mich alleine durchschlagen.«
Marten stieß einen Fluch aus und warf das Messer klirrend auf den Tisch. »Du kannst nicht alleine durch den Hort reisen. Es ist zu unsicher, Prinzessin. Die Situation hier macht inzwischen sogar mir Angst.«
Idas Lippen zuckten verächtlich. »Falls du dich um dein Honorar sorgst, kann ich dich beruhigen. Du wirst dein Geld bekommen und noch einen anständigen Bonus dazu, wenn dieser Devvy mir etwas Nützliches mitzuteilen hat. Zufrieden, mein geldgieriger Freund?«
Martens Augen verengten sich zu grünlich glimmenden Schlitzen. »Das war hässlich. Aber ich habe verstanden, Prinzessin.« Er legte wortlos einige Münzen auf den Tisch und deutete zur Tür. Ida nickte zufrieden und folgte ihm.
Auf ihrem stummen Marsch hatte Ida reichlich Muße, sich umzusehen. Es waren kaum Leute unterwegs. Die wenigen, die ihnen begegneten, drückten sich mit gesenkten Augen an den Mauern der Häuser vorbei. Sie schienen nur darauf bedacht, möglichst schnell wieder ins schützende Innere eines Gebäudes zu gelangen. Hin und wieder traf Ida und ihren Begleiter ein misstrauischer Seitenblick, aber selbst das schien mehr Mut zu erfordern, als die meisten aufzubringen wagten.
Deshalb erschrak Ida heftig, als sie aus einer schmalen Straße auf einen großen Platz gelangten, auf dem sich eine unüberschaubare Menschenmenge versammelt hatte. Das Erschreckendste war allerdings die Stille, die sogar über diesem Ort hing. Kaum mehr als das leise Rascheln von Kleidern, hin und wieder das gedämpfte Murmeln einer Stimme oder ein unterdrücktes Husten und das leise Scharren von Füßen ließen sich vernehmen.
Marten packte Ida hart am Arm und riss sie zurück. Er drückte sie eng an eine Mauer und bedeutete ihr, sich ruhig zu verhalten. Marten streckte den Kopf vor und musterte die einmündenden Gassen und Straßen. Dann gab er Ida einen scharfen Wink und kehrte den Weg zurück, den sie gekommen waren. Sie bogen in die nächste enge Gasse ein, die vom Platz wegführte, und folgten ihr bis zur nächsten Kreuzung.
»Wir umgehen den Platz«, sagte Marten kurz angebunden. Ida hielt ihn am Ärmel fest und hob fragend die Brauen. Der Dicke gönnte sich ein halbes Lächeln. »Du willst alleine weiter, hm?«, sagte er sarkastisch. »Wahrscheinlich wärst du auch einfach so über den Platz marschiert, wie, Prinzessin? Nun, du wärst mitten in eine öffentliche Hinrichtung geplatzt, meine Liebe. Hätte das dir Freude gemacht? Zuzusehen, wie so ein armes Schwein, das das Pech hatte, den Protektoren in die Quere zu kommen, ausgepeitscht und dann geköpft wird?« Ida schauderte, und Marten nickte. »Das sind die wahren Verbrecher, holde Prinzessin. Einem Khan gefällt deine Nase nicht, und du hast das Pech, zu einer der unteren Kasten zu gehören und dich nicht freikaufen zu können – schade um deinen Kopf.«
Ida entgegnete nichts darauf, und Marten deutete mit einer ironischen kleinen Verbeugung auf die nächste Querstraße.
Devvy bewohnte ein schäbiges kleines Haus am Rande des engen, stinkenden Kanals, der die Stadt durchzog. Marten klopfte einen rhythmischen Trommelwirbel an die Tür.
Eine Stimme rief: »Komm schon rein, Marty. Die Tür ist offen.«
Marten schob die Tür auf und trat in den dunklen, kühlen Flur. »Du wirst doch nicht etwa unvorsichtig, mein Guter?«, rief er.
»Wie kommst du darauf?«, antwortete die Stimme. »Ich habe dich schon von weitem heranwalzen sehen, mein Bester. Du bist schließlich nicht gerade geschrumpft.«
Sie traten durch eine niedrige Tür in ein helles Zimmer. Am Fenster saß ein schmaler junger Mann, der ihnen mit freundlichen, hellbraunen Augen entgegensah. Er begrüßte Marten herzlich und reichte dann Ida etwas reservierter, aber immer noch liebenswürdig, seine Hand.
»Das ist Ida, eine alte Freundin der Khanÿ«, stellte Marten sie mit einem bissigen Unterton vor. Ida warf ihm einen mörderischen Blick zu und lächelte dann den jungen Mann an.
Devvy wies stumm auf zwei Sitzgelegenheiten und lehnte sich dann entspannt zurück. »Du kommst wegen des
Weitere Kostenlose Bücher