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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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sich um etwas Spitzes, Hartes. Ich konnte mich nicht daran erinnern, was es war, aber es ging ein tröstliches Gefühl davon aus, deshalb hielt ich mich weiter daran fest, während ich immer noch zu fallen glaubte. Alle meine Versuche, meine verschwommene Sicht zu klären und dahinterzukommen, wo ich mich befand und wieso ich Minuten um Minuten fallen konnte, ohne irgendwo anzukommen, blieben vergeblich. Ich streckte tastend meine Hand aus, aber um mich war nichts als dickflüssige, sich etwas schmierig anfühlende Flüssigkeit, die unangenehm weich und nachgiebig durch meine Finger glitschte. Nichts passierte, ich fiel offenbar schon seit Stunden – obwohl ich sogar begann, das Gefühl für diese Bewegung zu verlieren – ich spürte keine Bedrohung, ich sah, hörte, roch und schmeckte nichts. Kurz: Es war die Hölle.
    Ich schlief. Ich war wach. Es gab kein Ich, das schlafen oder wach sein konnte. Da war nur das endlose, rotierende Rasen der Gedanken, und auch das wurde langsamer, träger, zäher, so zäh und ölig wie die Umgebung, in der etwas fiel oder schwebte, das einmal ein Mensch gewesen war – oder sich eingebildet hatte, ein Mensch zu sein, der Eddy hieß – oder Adina – oder –
    Nichts.
    Schwarze Mauern schlossen sich um mich, und graues Zwielicht beleuchtete lange, eintönige Gänge und Torbögen, die in andere Gänge führten. Ich taumelte durch das endlose Labyrinth und suchte meinen Weg durch diesen steinernen Albtraum. Jedes Gefühl für Zeit und Raum war mir verloren gegangen. Ich wusste nicht mehr, wer ich war oder wonach ich strebte. Das Labyrinth war meine Welt, und ich existierte aus dem einzigen Grund, auf ewig darin herumzuirren.

    Tallis und Ylenia blickten erstarrt auf die zwischen ihnen stehende Kristallschale, in der eine dunkle, schlierige Flüssigkeit schwappte. Die alte Grennach-Frau kauerte zum Sprung bereit da, die Hand nach der Schale ausgestreckt. Ylenia schloss langsam die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Ein Schmerzenslaut, der aus dem Innersten ihrer Seele zu kommen schien, löste sich von ihren Lippen und verhauchte gespenstisch im dämmrigen Inneren des Nestes. Tallis erwachte aus ihrer Erstarrung und ergriff die Schale. Grimmig kippte sie sie um und sah zu, wie die ölige Flüssigkeit in den geflochtenen Matten, die den Boden bedeckten, versickerte.
    »Das war jenseits meiner Kräfte«, sagte sie zornig. »Keine von uns hat es aufhalten können. Bei den ewigen Baumwesen, was ist nur geschehen?«
    Ylenia legte ihre Hände auf den nassen Boden und schüttelte fassungslos und verzweifelt den Kopf. »Ich hätte es nicht versuchen dürfen, Tallis. Ida hat mir gezeigt, dass die Gesetze der Magie nicht gelten, wenn es um sie geht. Ich hätte wissen müssen, dass das auch auf ihre Schwester zutrifft. Ich hätte es wissen müssen!«
    »Ah«, sagte eine weiche Altstimme vom Eingang her. »Ah!« Es klang gleichzeitig resigniert und triumphierend. Ylenia wandte sich nicht um, aber ihr Gesicht verhärtete sich. Sie presste die Lippen zusammen und starrte auf ihre Hände, die noch immer in der dunklen, öligen Lache auf dem Boden ruhten.
    Tallis entspannte sich und zog im Niedersinken die Beine unter ihren Körper. »Also?«, fragte sie geduldig. »Was hast du uns zu sagen, Sturmkrähe Unglücksbringerin?«
    Jinqx trat ein und setzte sich. Ylenia blickte nicht auf. Ein bitteres Lächeln kräuselte ihre Mundwinkel. »Was soll sie zu sagen haben, Nestälteste? Sie wusste, was geschehen würde, wie sie es immer weiß. Sie sieht das Unglück und rührt keinen Finger, selbst wenn es ihre eigene Geliebte trifft.«
    Jinqx griff ungerührt nach ihrer Pfeife und steckte sie zwischen ihre kräftigen Zähne. In einer ihrer Taschen raschelte es. Chloe steckte ihren gefleckten Kopf mit neugierig gesträubten Barthaaren heraus. Ylenia wandte sich hastig ab, um die Tränen in ihren Augen zu verbergen.
    Tallis sah Jinqx bittend an. »Kannst du uns etwas sagen, Sturmkrähe?«, fragte sie wieder. »Wir brauchen deine Hilfe. Die Hüterin Ter'briachs ist verschwunden, und ich bin nicht fähig, sie zu finden. Meine Kräfte sind zu gering.«
    Jinqx stieß eine aromatisch riechende Rauchwolke aus und sah ihr zu, wie sie in der stillen Luft zerfaserte. »Ich weiß und weiß nicht, wo Eddy ist«, sagte sie sanft. »Sie hat die einzige Grenze überschritten, die ich nicht überqueren darf.«
    Ylenia lachte verächtlich auf. »Eine großartige Hilfe. Ist das alles, was wir von dir zu erwarten haben,

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