AnidA - Trilogie (komplett)
während Chloe auf meinem Bauch zusammengerollt ein frühes Sonnenbad nahm. Ich streichelte geistesabwesend über ihren schmalen Kopf und erinnerte sie überflüssigerweise daran, dass wir bald, sehr bald würden aufbrechen müssen. Sie fiepte nur leise und ein wenig ungeduldig und ringelte ihren Schwanz um mein Handgelenk.
Das Bedürfnis nach frischer Luft und freiem Himmel über mir trieb mich endlich aus dem Bett und aus meinem Zimmer. In der heißen, lärmerfüllten Küche bahnte ich mir einen Weg durch all die Geschäftigkeit und ergatterte einen Becher extra starken Tees. Die alte Merle, die mit aufgelösten Haarsträhnen um das hochrote Gesicht in einem riesigen Kessel herumrührte, aus dem es betäubend nach reifen Früchten roch, bot an, mir ein kleines Frühstück herzurichten, vernahm aber mit sichtlicher Erleichterung meine Ablehnung. Den überschwappenden Becher in der Hand floh ich aus dem Inferno in den friedlichen, stillen Garten.
Die Erde schwankte unter meinen Füßen und schien mich mit jedem meiner Schritte von ihrem Rücken katapultieren zu wollen. Es summte unangenehm in meinen Ohren, und meine Hände und Arme kribbelten, als liefen Tausende von Ameisen unter meiner Haut herum. Ich lehnte mich mit zitternden Beinen an die rissige Borke eines Baumes und nippte an dem starken Tee, der mir half, zumindest einen Teil des emporwallenden Nebels aus meinem Geist zu vertreiben. Langsam ließ ich mich in die Hocke sinken, meinen Rücken an den Baumstamm gelehnt, und schloss die Augen. In dem Laub, das in dieser Nacht gefallen war, raschelten kleine Tierfüße umher, und über mir in den Zweigen sang eine Amsel. Ich atmete die rauchig nach Herbst schmeckende Luft ein und streckte mit einem Seufzer die Beine von mir.
Es wurde Zeit. Die Fäden, die mich noch mit dieser Existenz verbanden, wurden immer dünner und begannen zu reißen. Es war leichter, jetzt loszulassen, als mich mit Gewalt hier festzuklammern, nur weil ich mir vorgenommen hatte, dieses Erntefest noch mitzufeiern. Ich lockerte meinen Griff, und der weiche Nebel, den ich so mühsam von mir fortgehalten hatte, wallte dichter heran. Der süße Gesang der Amsel bekam ein vielstimmiges, lockendes Echo. Warum sollte ich nicht einfach gehen, jetzt, wo es mir leicht fiel? Meine Finger erschlafften, und der halb geleerte Becher fiel zu Boden. Der sanfte Ruf wurde lauter, fordernder.
Ich komme, sagte ich lautlos.
Ein plötzlicher, scharfer Schmerz holte mich jäh in die Wirklichkeit zurück. Ich riss mit einem Fluch meine Hand an den Mund und saugte an dem tiefen, blutenden Biss. Chloe saß aufgereckt auf meinem Knie und sah mich aus ihren schwarzen, glänzenden Knopfaugen starr an.
»Es ist noch nicht der richtige Zeitpunkt, kleine Freundin, ich weiß.« Ich streichelte schuldbewusst über ihre weiche Nase. Sie schniefte besänftigt und verschwand erneut unter meinen Kleidern. Sie brauchte viel Schlaf in der letzten Zeit, meine getreue Vertraute. Auch für sie würde es eine Erlösung bedeuten, wenn wir endlich gingen. Aber sie hatte Recht: Nicht jetzt. Nicht heute. Zuerst musste ich noch meine Angelegenheiten ordnen.
Ein Schatten fiel über mich, und ich schrak auf. Simon stand vor mir und lächelte auf mich herab. »Schön ist es hier«, sagte er und ließ sich mit einem zufriedenen Schnaufen schwerfällig neben mir nieder. »So ruhig und so angenehm kühl. Ich brauchte dringend eine Atempause.« Er legte ganz selbstverständlich seinen Arm um meine Schultern. Ich nickte nur zur Antwort und lehnte mich an seinen schweren Körper.
»Wie geht es dir heute?«, fragte er nach einer langen, friedlichen Pause.
»Gut, danke«, antwortete ich verwundert. »Und dir?«
Er lachte sein tiefes, ein wenig heiseres Lachen. »Ich werde alt«, sagte er mit milder Ironie. »Ein wenig Arbeit in der Küche, und ich fühle mich wie nach einem dreitägigen Ritt: reif für ein heißes Bad und ein schönes weiches Bett. Deshalb habe ich mich einfach davongestohlen und überlasse das Feld für ein paar Minuten den Jüngeren.«
Er lachte wieder und drückte mich an sich. Ich sah ihn nicht an, aber ich spürte, wie seine grünlichen Augen mich forschend musterten. »Ida macht sich Sorgen«, rückte er endlich unverblümt mit der Sprache heraus.
»Und deshalb schickt sie dich vor?« Meine Stimme klang schärfer, als ich es beabsichtigt hatte. Simons riesige Pranke legte sich beruhigend auf meine Hand und drückte sie fest.
»Natürlich nicht, du kennst deine
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