AnidA - Trilogie (komplett)
einmal so bewegt, aber das schien Jahrhunderte her zu sein. Jetzt war da nur noch die unendliche Mattigkeit in all meinen Gliedern, die mir jede Bewegung erschwerte. »Nicht mehr lange«, flüsterte ich dem Wind und den Stimmen im meinem Kopf zu. »Nicht mehr lange, dann komme ich. Ich bin so müde, Jinqx. So entsetzlich müde.«
Bis zum Beginn des Festes saß ich im Garten und döste. In der Ferne konnte ich den fröhlichen Lärm vernehmen, der auf die letzten Vorbereitungen und die ersten eintreffenden Gäste hindeutete.
Endlich raffte ich mich aus meiner Benommenheit auf und ging zum Haus. Ida begrüßte gerade unsere soeben eingetroffene Schwester Amali, die mit dem größten Teil ihrer Kinder und Enkel den Eingangsflur bevölkerte. Eiliko, ihr ruhiger Mann, stand ein wenig unbeachtet an der Haustür und betrachtete freundlich wie immer das turbulente Gewühl, das seine Sippschaft veranstaltete. Ich ging zu ihm hin und begrüßte ihn. Sein schmales Gesicht leuchtete auf, und er zog mich gleich wieder in den Hof, um mir sein neues Pferdegespann zu zeigen.
Das Fest nahm seinen altvertrauten Lauf. Ich war überrascht, dass ich in der Lage war, es so unbeschwert zu genießen. Die Küche unter der gestrengen Leitung von Simon und Merle hatte sich selbst übertroffen, die langen Tische bogen sich förmlich unter der Last der aufgefahrenen Leckerbissen. Simon sah mich etwas unschlüssig davorstehen und ließ es sich nicht nehmen, mir einen Teller mit den schönsten Sachen zusammenzustellen. Erstaunlicherweise entwickelte ich zum ersten Mal seit langer Zeit genügend Appetit, um mich nicht angewidert abzuwenden, sondern sogar den einen oder anderen Happen mit einigem Genuss zu probieren. Ich spürte die besorgten Blicke von Ida und Elaina, aber als sie mich essend und plaudernd sahen, legte sich ihre Sorge und machte der fröhlichen Stimmung Platz, die dem Erntefest angemessen war.
Die Nacht lockte mich schließlich wieder hinaus. Die Luft war erstaunlich mild, beinahe ebenso sommerlich wie die letzten Tage sich gezeigt hatten. Glühwürmchen sprenkelten die Dunkelheit und schienen die unzähligen Sterne des klaren Nachthimmels widerzuspiegeln. Überall im Garten hörte ich Gelächter und das leise Gespräch derjenigen, die genau wie ich der stickigen Luft des Hauses entflohen waren.
Ich zog mich in den stilleren Teil des alten Gartens zurück und legte mich dort auf das kühle Gras. Die Stille tat mir wohl. Ich zog Jinqx' letztes Geschenk an mich aus der Tasche und zog den Stöpsel heraus. Es duftete wie die Essenz aus tausend reichen Ernten, und sommerliche Wärme zog mit den ersten Schlucken durch meine Glieder. Das kostbare Getränk erschien mir wie ein Abgesang auf alle schönen Sommer, die ich erlebt hatte und die nun unwiderruflich dahin waren. Ich blickte hinunter auf den bestirnten Himmel, und das Gewicht der Welt lastete auf meinem Rücken, während wir aneinander geschmiedet durch das Weltall rollten. Ich grub meine tauben Finger in das kühle Erdreich und schloss die Augen.
Stimmen schreckten mich nach einer langen Weile der Stille aus meinem Dahindämmern. Ida lachte, und der tiefe Bass ihres Mannes bildete den Hintergrund dazu. Ich hörte, wie die beiden miteinander turtelten, als seien sie Frischverliebte. Die betäubende Mattigkeit, die mich erfüllte, machte es mir unmöglich, mich ihnen bemerkbar zu machen. Ich war nicht in der Lage, auch nur ein Glied zu bewegen.
Ida war es, die mich entdeckte. Sie gab einen erschreckten kleinen Laut von sich und rief: »Simon, schau, hier liegt jemand.«
Schritte näherten sich. Ich spürte, wie ein Mensch dicht neben mir niederkniete. »Eddy«, sagte Simon sanft. Eine Hand strich über meine Schulter.
»Was ist mit ihr?«, fragte Ida. In ihrer Stimme lag eine Ahnung von Zorn. Simon antwortete ihr nicht, sondern schob seine Arme unter meine Schultern und Knie und hob mich auf. Ida trat näher, und ihr Fuß klirrte gegen Jinqx' Flasche. »Ach!«, rief sie enttäuscht aus. »Simon, sieh dir das an. Es ist doch zum ...« Ich sah schattenhaft, wie sie ausholte und etwas im hohen Bogen fortwarf. Weit entfernt zersprang Glas an einem Baumstamm.
»Komm, Liebes, wir bringen sie ins Haus«, sagte Simon sanft. Seine Arme hielten mich fest und sicher. Mein sich immer wieder trübender Blick zeigte mir den nächtlichen Garten, durch den er mich trug. Idas leichtere Schritte raschelten hinter uns durch Laub und Gras.
Ich erwachte auf einer weichen Matratze liegend. Es
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