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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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riesigen Holunderbusches saßen und den begeisterten Ausführungen Meister Wilbers zu dieser wundervollen Pflanze lauschen durften, blinzelte Anna Korben viel sagend zu. Er grinste und deutete langsam zufallende Augenlider an – aber sie bemerkte, dass er dem Vortrag des Heilers ebenso aufmerksam lauschte wie sie.
    Dass Korben keinerlei Neigung und auch wenig Befähigung zum Beruf des Heilers zu besitzen schien, ließ sich allerdings nicht übersehen. Seine Wissbegierde erwachte hingegen immer dann, wenn es darum ging, Tränke, Essenzen und Kräutermischungen zu bereiten, Pillen zu drehen und was der apothekerischen Tätigkeiten mehr war. Bei diesen Aufgaben ging er mit Feuereifer ans Werk, wohlwollend beäugt von Meister Wilber, der sichtlich erfreut war, seinen Lehrling endlich einmal mit dem Herzen bei der Sache zu sehen. Ein Streitpunkt dabei betraf allerdings immer wieder das heikle Thema der giftigen und berauschenden Substanzen. Korben legte, was dies anging, eine hartnäckige Neugier an den Tag, und Meister Wilber erwies sich als ebenso dickköpfig in seiner Weigerung, seine Schüler darin zu unterrichten. Das sei älteren, weiseren Adepten vorbehalten und kein Thema für Jungspunde, die kaum die Kamille von der Brennenden Nessel zu unterscheiden wüssten. Ein weniger sanftmütiger Mann hätte an dieser Stelle sicher ein abschließendes »Basta« hinzugesetzt – aber Meister Wilber war für Machtworte kaum geeignet. Und deshalb kam Korben auch mit aufreizender Regelmäßigkeit immer wieder auf dieses Thema zu sprechen.
    Anna hielt sich bei diesen recht einseitig geführten Disputen beiseite und amüsierte sich über die beiden Männer, über Korbens eifriges blasses Gesicht und seine eindringlich gestikulierenden Hände und über Meister Wilbers sanfte, aber dennoch standhafte Abwehr, mit der er seinen zudringlichen Lehrling immer wieder in die Schranken zu weisen wusste.

    Eines Abends saßen Anna und Korben einträchtig nebeneinander auf der niedrigen Mauer neben dem Torhaus. Einige Zeit zuvor hatte unter lauten Hufgeklapper der Hochmeister des Ritterordens vom Herzen der Welt mit seiner imposanten Eskorte den Torbogen durchquert, und sie hatten fasziniert und auch ein wenig belustigt zugesehen, wie die allesamt hoch gewachsenen, breitschultrigen und kampferprobten Ritter abgesessen, ihre Pferde den herbeilaufenden Stallknechten übergeben und dann sporenklirrend und unter Schwertergerassel das Hauptgebäude betreten hatten.
    Danach hatten sie bis zum nächsten Läuten auf dem Mäuerchen gesessen und sich über dieses und jenes unterhalten, ein wenig unschlüssig, was sie an diesem Abend noch beginnen wollten.
    Korben blickte gedankenverloren über den Hof. In seiner kauernden Stellung mit den hochgezogenen Beinen und dem schmalen, langen Gesicht, der scharfen Nase und den schwarzen Vogelaugen glich er mehr denn je einem Rabenvogel. Anna musste unwillkürlich lachen. »Krah«, machte sie.
    Korben sah sie verdutzt an. Anna verschluckte sich und begann zu husten. »Salbei«, riet Korben fachmännisch, während er ihr auf den Rücken klopfte. »Nein, Thymian. Oder sollten wir die Beeren des wohltätigen Holunders als heißen Saft in Betracht ziehen?« Er kicherte.
    »Du müsstest eigentlich bei dem Apotheker unten am Altmarkt in die Lehre gehen«, sagte Anna.
    Korben runzelte die Stirn. »Ich will weder als Krüdener noch als Heiler mein Leben fristen«, erwiderte er harsch. »Ich ...«
    »... will ein Hexer werden und damit basta!« beendete Anna seinen Satz. Sie knuffte ihn in die Seite. »Das schaffst du auch«, sagte sie. »Du hast im kleinen Fingernagel mehr magisches Talent als ich in meinem ganzen dummen Kopf!«
    Korben packte sie am Arm und schüttelte sie leicht. »Sag so etwas nicht von dir!«, knurrte er. »Es mag sein, dass dein Talent sich nicht recht zeigen will, aber du bist nicht dumm – und das weißt du auch selbst. Dumm sind die, die dich so nennen, diese ... diese albernen Novizenküken!«
    Anna zuckte scheinbar gleichgültig mit den Schultern, aber sie trug ein Lächeln auf ihrem Gesicht, und ihre honigfarbenen Augen strahlten ihn warm an. »Komm«, sagte sie und sprang von dem Mäuerchen hinab. »Lass uns etwas unternehmen. Ich habe keine Lust mehr, hier herumzuhocken. Machen wir einen Ausflug in die Unterstadt.«
    Der junge Mann schaute verblüfft und gleichzeitig erfreut drein. »Meinst du, du schaffst das heute?«, fragte er vorsichtig. Er erinnerte sich noch zu gut an den letzten

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