AnidA - Trilogie (komplett)
Rates beantragen sollen«, eröffnete er. »Die Grennach-Älteste weigert sich jetzt schon seit Jahren, an den Sitzungen teilzunehmen. Die Pattsituation, der sich der Rat seit der Ernennung Fulkes zum Hofmagus gegenübersieht, macht uns völlig entscheidungs- und handlungsunfähig – und ich befürchte, dass sich das nicht ändern wird. Wenn wir uns in dieser Zeit der Gefahr etwas nicht leisten können, so ist es ein handlungsunfähiger Magischer Rat!«
Herrad spielte unruhig mit dem Schmuckstück auf ihrer Brust. Die klaren Steine blitzten im Licht der Sonne und warfen funkelnde Regenbogenreflexe auf ihre Hand. »Ich stimme Euch im Grundsatz zu, Hochmeister«, sagte sie förmlich. »Aber wie stellt Ihr Euch eine solche Umstrukturierung vor? Wir können schließlich niemanden aus dem Rat ausschließen.«
»Aber jemanden hinzunehmen«, erwiderte Rafiel schlau.
Herrad starrte ihn an. Eine Weile lang herrschte Schweigen, in der nur das süße Zwitschern und Trillern der Vögel im Garten zu hören war.
»Ich habe in den Dokumenten der Gründungszeit nachgesehen«, fuhr Rafiel endlich fort, als Herrad sich nicht äußerte. »Die Regelungen erlauben eine Erweiterung des Rates in Fällen erwiesener Notwendigkeit. Wenn wir beide uns dafür verwenden, können die Grauen dem nichts entgegensetzen.«
Herrad atmete hörbar aus. »Alter Fuchs«, sagte sie nicht ohne Bewunderung. »Das wäre ein wahrhaft gerissener Schachzug. Aber wer käme für diese ›notwendige Erweiterung‹ in Frage?«
Rafiel hob die Schultern. »Da hoffte ich auf Euren scharfen Verstand«, gab er zu. »Es darf niemand sein, der unserer Sache allzu offensichtlich nahe steht, weil die Grauen sonst gewiss ihr Veto einlegen würden.« Er runzelte die Stirn.
Herrad nickte und verzog das Gesicht. »Das dürfte schwierig werden«, murmelte sie. »Wir sollten darüber noch einmal in Ruhe reden. Wenn wir hier einen Fehler machen, könnte sich diese ausgezeichnete Idee gegen uns wenden. Lasst uns nach der Ratssitzung ein wenig darüber nachdenken und einen gescheiten Plan ersinnen. Aber jetzt ist es an der Zeit, den Rat zu eröffnen.«
Rafiel neigte zustimmend den Kopf und erhob sich. Er griff nach seinem Mantel, legte ihn über den Arm und glättete seine Falten. »Sollten wir nicht, um weitere Gefahren abzuwenden, die Kleinodien endlich unter den Schutz meiner Ritter stellen?«, fragte er unvermittelt.
Herrad, bereits an der Tür, wandte den Kopf und sah ihn groß an. »Darüber haben wir schon mehrfach geredet«, erwiderte sie gereizt. »Das geht nicht, Rafiel. Ich möchte Anadia nicht aus meiner Obhut geben. Und außerdem – wo und wie sollte das Mädchen in Eurer Ordensburg einen Platz zum Leben finden? Wer sollte sich dort um sie kümmern, sie unterrichten?«
Der Hochmeister mied ihren Blick. »Ich habe nicht von dem Mädchen gesprochen«, sagte er hart. »Ich sprach von den Herzen. Sie sind hier einfach nicht sicher. Es wäre ohnehin wahrscheinlich das Beste, sie in ein mächtiges magisches Siegel einzuschließen und irgendwo in den Tiefen des Meeres zu versenken.«
»Hochmeister Rafiel!« Die Oberste Hexe hob eine Hand wie zum Schlag. »Ich halte es wahrhaft für das Beste, Eure letzten Sätze nicht zur Kenntnis zu nehmen. Sie sprechen nicht für Euren klaren Verstand, sondern für Eure hasenherzige Furcht!«
Die beiden funkelten sich aufgebracht an. »Wir reden später noch darüber«, erwiderte Rafiel schließlich gepresst und mit grimmiger Miene. »Ihr seid, was das Mädchen angeht, für meinen Geschmack ein wenig zu gefühlsbetont gestimmt. Es geht um Höheres als ein einzelnes Menschenleben!«
Herrad zog mit einem Laut der Empörung die Luft ein und öffnete die Tür. In verstimmtem Schweigen schritten die beiden den Gang hinunter und stiegen die Treppe zu den unterirdisch gelegenen Gewölben hinab.
Die regelmäßig drei- oder viermal im Jahr anberaumten Treffen des Magischen Rates hatten bis zum Wiederauffinden der beiden Großen Herzen in einem der Räume stattgefunden, die auf den inneren Garten hinausblickten. Dort war die für die Beratung nötige Ruhe und Abgeschiedenheit gesichert. Der Blick auf das sanfte Grün des Gartens im Sommer und das behagliche Wärme ausstrahlende Kaminfeuer im Winter sorgten für eine Stimmung der Gelassenheit und Konzentration, die die früheren Ratssitzungen trotz aller Meinungsverschiedenheiten immer ausgezeichnet hatte.
Das hatte sich in den letzten Jahren in jeder Beziehung zum Schlechteren
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