AnidA - Trilogie (komplett)
für eine alte Frau wie mich. Geh jetzt, höre nach, was dein Freund Mika zu berichten hat, und komm dann morgen wieder zu mir. Wir werden sehen, was wir tun können, um Korben aus der Patsche zu helfen.«
»Und alles andere?«, fragte Anna beklommen.
Die Krähe schob sie sanft zur Tür. »Zerbrich dir nicht den Kopf. Und vergiss, was Mellis dir gesagt hat. Sie ist immer noch ein Hitzkopf, auch wenn sie langsam in ein vernünftigeres Alter kommt.«
Anna starrte sie mit offenem Mund an, und ehe sie sich versah, stand sie draußen auf der Straße und blickte auf eine geschlossene Tür.
»Du hast ihr das gesagt, das mit Mellis«, sagte Mika. Er hockte auf einem seiner Getreidesäcke und fuhr müde mit den Fingern durch seine Haare, bis sie zerzaust emporstanden.
Anna schüttelte heftig den Kopf. »Ich bin mir sicher, dass ich ihren Namen nicht genannt habe. Sie hat es gewusst – einfach so.«
Mikas Gesicht war düster. »Sie hat dich eingewickelt. Es war dumm von mir, dich zu ihr zu schicken. Ich weiß doch, dass man ihr nicht trauen kann.«
»Sie wird einen Weg finden, Korben rauszuholen«, sagte Anna energisch. »Immerhin wissen wir jetzt, wo er ist!«
Mika nickte ohne große Zuversicht. »Wir können es nur hoffen. Das Dumme ist nur, ich habe nicht erfahren können, wo in der Festung sie ihn eingesperrt haben. Es gibt wohl die Kerker unten im Berg und dann noch Zellentrakte in einem der Türme. Das konnte oder wollte mein Informant mir nicht sagen.«
»Es würde uns sowieso nichts nützen«, erwiderte Anna entmutigt. »Wir werden ihn schließlich kaum mit Gewalt dort rausholen können.«
Mika stöhnte und gähnte gleich darauf, dass seine Kiefer knackten. »Ich muss schlafen«, murmelte er und stand taumelig auf. »Sei nicht böse, dass ich so ungastlich bin, aber ich bin wirklich erledigt.«
Anna stand auf. »Ich muss sowieso zurück«, sagte sie. »Wenn ich mich beeile, schaffe ich es vielleicht gerade noch zum sechsten Läuten, dann bekomme ich wenigstens keine Rüge.« Sie drückte den überraschten Mika kurz an sich und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Schlaf gut. Morgen sieht alles schon anders aus.« Mit einem Winken war sie verschwunden. Mika sah ihr mit leicht glasigem Blick nach, ehe er die Tür hinter ihr abschloss.
~ 11 ~
Anfangs war eigentlich alles so weit ganz gut gelaufen. Korben brachte dem Gildenmeister das Fläschchen mit dem vermeintlichen Gift, und Samhel konnte sein Erstaunen kaum verhehlen.
»Wollen wir mal sehen, was du uns da gebracht hast«, knurrte er und hielt das Fläschchen gegen das Licht. Die Männer an seiner Seite beugten sich vor und murmelten. Samhel kniff die Augen zusammen und holte sein Messer hervor, um das Wachs vom Korken zu lösen. Dann hebelte er vorsichtig den Korken heraus und roch am Inhalt des Fläschchens. Er schüttelte den Kopf, und Korben fühlte, wie seine Knie weich wurden.
Der Gildenmeister neigte das Gefäß und ließ einen Tropfen der farblosen, leicht zähflüssigen Substanz auf seinen Finger fallen. Er zerrieb sie prüfend, schnupperte daran, probierte vorsichtig eine winzige Menge, schnalzte mit der Zunge und starrte Korben finster an. »Ich weiß nicht, wie du das geschafft hast, aber ich habe dich wohl richtig eingeschätzt. Du bist ein findiges Kerlchen.«
Korben stieß den angehaltenen Atem aus; ihm war schwindelig vor Erleichterung. Der Gildenmeister stieß den Korken wieder tief in den Hals der Flasche und verstaute sie sorgsam in seinem Gürtel. Er winkte die Männer an seiner Seite mit einer knappen Kopfbewegung beiseite und bedeutete Korben, sich neben ihn zu setzen. Mit Unbehagen folgte der junge Mann dem Befehl. Samhel fixierte ihn mit seinen kalten, dunklen Augen aus nächster Nähe. Korben trachtete danach, sich seine Nervosität nicht allzu sehr anmerken zu lassen, aber sein Mund war trocken, und sein Herz schlug hart und hämmernd.
»Wie kommst du mit deinen Verkäufen zurecht?«, fragte Samhel.
»Es geht so«, murmelte Korben. »Kobbal ist nichts für meine alten Kunden. Ich muss ganz neu anfangen, mir neue Plätze und Abnehmer suchen. Das ist nicht leicht.« Er schluckte trocken. »Um ganz ehrlich zu sein, Gildenmeister«, begann er, »das ist kein Geschäft für mich. Ich überlege, mich daraus zurückzuziehen, ehe die Wache mich erwischt.« Er hielt die Luft an.
Samhel fixierte ihn regungslos wie eine Schlange, die sich zum Zustoßen bereit macht. »So«, sagte er langsam. »Du bekommst kalte Füße.« Seine Finger
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