Anidas Prophezeiung
Marten munter von unten.
Ida sprang vom Fenstersims und öffnete die Tür. »Na, die waren sich aber schnell einig«, murmelte sie und lief die Treppe hinunter.
Marten stand am Herd und briet Schinken, und Storn saß am Tisch und zwinkerte ihr zu. Marten wandte sich von seiner Pfanne ab und zog Ida an sich. Mit einem herausfordernden Blick auf Storn küsste er sie auf den Mund und schickte sie dann mit einem kräftigen Klaps auf den Po zu ihrem Platz am Tisch. Storn lächelte schmal und wünschte ihr einen guten Morgen.
»Wie sehen deine weiteren Pläne aus, Marty?«, fragte er später, als das Frühstück beendet war und sie müßig mit den Teebechern in der Hand vor dem Haus saßen.
Marten hatte sein Hemd geöffnet und ließ sich den Bauch von der Sonne bescheinen. Er legte seinen Arm um Idas Schultern und drückte sie zärtlich an sich. »Ich denke, wir werden noch ein paar Tage hier bleiben und es uns gut gehen lassen. Die Khanÿ wartet sicher nicht so dringend auf meinen Bericht. Und mein Kleiner hier hat sich ein paar freie Tage verdient.« Er tätschelte Idas Wange. »Wir werden es uns schön machen, mein Junge. Die Arbeit kann warten. Mein Wirtshaus ist so oder so futsch, also habe ich alle Zeit der Welt.«
Storn sah sehr zufrieden aus und bemühte sich, das mit einem Gähnen zu kaschieren. »Ich bringe den Transport zur Grenze«, sagte er lässig. »Falls er noch kommt. Vielleicht sehen wir uns ja später in der Zentrale.«
Marten reckte sich und stand auf. »Ich gehe los und besorge uns Vorräte. Mein Reiseproviant reicht gerade noch für einen Imbiss. Ich bin gegen Mittag sicher wieder da, haltet ihr es bis dahin aus?«
Ida lachte, und auch Storn wirkte amüsiert. »So gerade eben, mein Alter«, erwiderte er lächelnd. Er stand auf und begleitete Marten zum Stall, wobei die beiden leise miteinander sprachen. Ida sah ihnen unbehaglich nach. Sie wusste nicht, was Marten vorhatte, und er würde es ihr auch sicher nicht verraten.
Marten war kaum eine Stunde fort, als der erwartete zweite Frachtkahn eintraf. Sie beobachtete vom Hof aus, wie Storn mit dem Mann, der den Kahn steuerte, einige Worte wechselte. Dann verschwanden beide unter Deck. Ida schlenderte neugierig auf den Kahn zu. Sie warf einen flüchtigen Blick in die Runde und kletterte dann an Bord. Von unten drangen gedämpfte Stimmen herauf. Sie zögerte. Schnelle Schritte erklangen, und eine Luke schwang auf. Es war Storn. Er sah sie, und einen Moment lang blitzte es gefährlich in seinem gesunden Auge. Dann lächelte er und winkte ihr. »Stefan, ich wollte dich gerade rufen. Komm, du wolltest doch sehen, was wir befördern.«
Er stieg die steile Leiter wieder hinab. Ida folgte ihm mit wummerndem Herzen in den dunklen, nach Fäulnis und brackigem Wasser riechenden Frachtraum. Es dauerte einen Moment, bis ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Der Raum schien voller Leben zu sein. Sie hörte leise Geräusche und vielstimmiges Atmen. Storn nahm einen Glühstein aus der Tasche und ließ ihn aufflammen. Sein weiches Licht wanderte über emporgewandte Gesichter und geblendete Augen.
Ida keuchte auf und wich unwillkürlich zurück. »Süßer Iovve«, ächzte sie. Storn stand breitbeinig und voller Stolz in der Mitte des Frachtraumes und ließ das Licht des Glühsteins über die Menschen gleiten. Es waren fast ausschließlich Frauen und einige wenige jüngere Männer. Sie saßen eng zusammengedrängt auf dem Boden und starrten teilnahmslos auf Storn und Ida. Einige der jüngeren Frauen, fast noch Kinder, sahen ängstlich aus, aber die Mehrzahl schien zu erschöpft und apathisch, um noch irgendetwas empfinden zu können. Ida wandte sich um und tastete sich blind zur Treppe vor. Sie taumelte an Deck und beugte sich schwer atmend über die Reling.
»Was hast du?«, fragte Storn, der hinter ihr herkam. »Die Luft da unten, ich sehe schon«, sagte er verständnisvoll, als er Idas bleiches Gesicht sah. »Davon kann es einem schnell übel werden, wenn man nicht daran gewöhnt ist.«
Er klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter. »Beeindruckend, nicht wahr? Das ist beste Ware, sie wird uns eine schöne Stange Geld und Tauschgüter einbringen. Du hast die Männer gesehen?« Ida nickte stumm. »Die sind für die Glühsteinminen in den Sendrasser Bergen bestimmt. Da wird eine Menge Material verschlissen, kann ich dir sagen.« Er blinzelte vergnügt in das helle Sonnenlicht.
»Und die Frauen?«, brachte Ida heraus. Storn sah sie ein wenig
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