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Anidas Prophezeiung

Anidas Prophezeiung

Titel: Anidas Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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abschwatzen, obwohl es schon kurz vor der Mittagszeit war. Dorkas zog sich damit in den Schatten des hinteren Laubenganges zurück und kaute schweigend.
    Ida hockte sich neben sie auf den Boden und suchte nach einem Aufhänger für das, was sie Dorkas fragen wollte. »Meinst du wirklich, es ist richtig, dorthin zurückzugehen?«, platzte sie schließlich hinaus. Dorkas schluckte lustlos den letzten Bissen und klopfte sich die Krümel vom Schoß.
    »Fang du nicht auch noch an«, drohte sie. »Mellis mit ihren Predigten reicht mir wahrhaftig!«
    »Warum?«
    Dorkas gab ein leises Knurren von sich. »Weil sie mir den ganzen Tag die Ohren vollschwätzt, ich sollte das Ganze Jüngeren überlassen ...«
    »Nein, ich meinte, warum willst du unbedingt zurückgehen?« Ida war sich sehr sicher, dass Dorkas ihre Frage auch schon beim ersten Mal richtig verstanden hatte.
    Dorkas seufzte und faltete ihre Hände um die Knie. »Ich wäre dort nützlicher als hier«, sagte sie leise. »Die Menschen im Nebelhort können jede Hilfe brauchen, die sie kriegen können. Ich bilde mir nicht ein, die Verhältnisse im Alleingang ändern zu können, aber ich kann den Frauen das Gefühl geben, dass sie nicht alleine sind, dass es hier bei uns Menschen gibt, denen es nicht gleichgültig ist, was mit ihnen geschieht. Du hast es nicht gesehen, Ida! Wir würden kein Tier so behandeln, wie dort mit den untersten Kasten umgegangen wird, vor allem mit den Frauen. Sie sind Dreck, und sie werden behandelt wie Dreck. Und das alles hat sich noch verschlimmert, seit der Schwarze Orden wieder ...« Sie biss sich ärgerlich auf die Zunge. Anscheinend hatte sie in ihrer Erregung etwas verraten, was geheim bleiben sollte.
    Ida riss die Augen auf. »Ist das wahr? Dann stimmen die Gerüchte wirklich?«
    Dorkas rieb sich durch das Gesicht. »Vergiss, was ich gesagt habe, Ida. Ich werde wirklich alt, das wäre mir früher nicht passiert. Bitte, Kleine, das muss unter uns bleiben. Ylenia weiß es, Catriona selbstverständlich auch, und Mellis wird ihre Nestältesten benachrichtigen, aber darüber hinaus sollte es niemand erfahren.« Sie griff nach Idas Hand und sah sie beschwörend an. »Versprich es mir, Ida.«
    Ida nickte und drückte Dorkas' Hand. »Versprochen. Bei der Halskette meiner Mutter.« Sie verstummte, entsetzt über das, was sie gesagt hatte. Musste Catriona denn immer Recht behalten?
    Dorkas musterte sie. »Was ist denn jetzt passiert? Du bist weiß wie die Wand.«
    Ida schüttelte mit einem schwachen Lächeln den Kopf. »Das hat mit dem zu tun, was Catriona heute früh von mir wollte. Sie hat mich vor die Tür gesetzt.« Nun war es an Dorkas, die Augen aufzureißen. Ida beruhigte sie und berichtete über ihre Unterredung mit der Gildenmeisterin.
    »Sie hat Recht, weißt du?«, war Dorkas' einziger Kommentar. Ida rollte mit den Augen. »Wann willst du gehen?«
    »Ich denke, morgen früh«, erwiderte Ida. »Auch wenn es mir schwer fällt. Wenn ich daran denke, meinem Vater und meiner Tante nach so langer Zeit unter die Augen zu treten, wird mir ganz schwindlig. Wahrscheinlich werden sie mir gar nicht die Gelegenheit geben, mit ihnen zu sprechen, sondern mich gleich zur Tür hinauswerfen.«
    Dorkas legte ihr den Arm um die Schulter. »Es kommt, wie es kommt. Die Zeit heilt manches«, sagte sie erstaunlich mild. »Meine Eltern haben mich damals verflucht, als ich zur Gilde ging, aber als ich sie nach Jahren besuchte, war alles vergeben und vergessen. Na ja, fast alles.« Ida nickte unglücklich. Dorkas nahm ihr Gesicht zwischen die Hände und sagte eindringlich: »Was auch immer geschieht, du weißt, wo du zu Hause bist, Ida. Denk immer daran, hier bist du immer willkommen.«
    »Aber du wirst fort sein«, erinnerte Ida sie, und Dorkas erwiderte nichts darauf.

    Ida verabschiedete sich nicht von allen ihren Freundinnen im Mutterhaus. Catriona hatte ihr am Abend noch einmal eine glückliche Reise gewünscht. Als sie frühmorgens mit ihrem schmalen Bündel über dem Rücken zu den Stallungen hinüberging, warteten Dorkas und Mellis schon auf sie. Ida sattelte ihre Stute Nebel und sah erstaunt, wie die beiden Frauen ebenfalls ihre Tiere aus dem Stall holten.
    »Ich dachte, ich begleite euch noch ein Stück«, erklärte Dorkas. Mellis setzte hinzu: »Ich muss ohnehin in deine Richtung. Ich habe noch im Großen Nest Bericht zu erstatten.«
    Dankbar griff Ida nach den Händen ihrer Freundinnen. Das bedeutete, dass sie den größten Teil des Weges Begleitung

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