Animal Tropical
Nimbus, das Magnetfeld einer alten Hure. Luxusnutte, aristokratische Nutte. Wir sahen uns an, lächelten, grüßten uns: »Guten Abend.« Wir fragten und antworteten uns gegenseitig über Beethoven, Brahms, die Berliner Symphoniker, den Dirigent des Abends. Dann ging sie in einem Gegenstoß der Sache auf den Grund:
»Und was machen Sie?«
»Ich? Vieles. Je nachdem.«
»Aha. Mein Mann ist Schiffskapitän. Auf einem Supertanker. Jetzt ist er gerade in Südamerika.«
»Sehr weit.«
»Das bin ich gewöhnt.«
»Es ist bestimmt nicht leicht, die Frau eines Seefahrers zu sein.«
»Die eines Seefahrers vielleicht. Aber ich liebe es, die Frau eines Kapitäns zu sein.«
»Ist lukrativer.«
»Ohhh …«
Applaus, der Dirigent verneigt sich vor dem Publikum, ein letztes Stimmen der Instrumente. Und es fing an. Trotz der Musik schaffte es die feine Dame immer wieder, mir alle paar Minuten etwas ins Ohr zu flüstern. Ich hatte den Eindruck, dass sie kurz vor dem Eisprung stand und außergewöhnlich feucht wurde. Dann dachte ich wieder, das sei unmöglich. Sie war über sechzig.
»Haben Sie darüber nachgedacht, welche Musik Sie gern auf Ihrer Beerdigung hätten?«
»Man soll mich einäschern. Und mit der Asche auf den Müll.«
»Ohhh … ähhh … ich habe mir immer die Heroica gewünscht.«
Lang und breit zählte sie alle europäischen Städte auf, in denen sie diese Symphonie gehört hatte. Sie erinnerte sich an alles peinlich genau wie jemand, der nur an weniges oder gar nichts zu denken hat: Orchester, Theater, Dirigent, Jahreszeit, Verspielen des Pianisten, Name der ersten Geige.
Sie redete, und ich betrachtete ihre schlanken Schenkel in den schwarzen Strümpfen, leicht gespreizt, und stellte mir vor, mich vor ihr hinzuknien, den Kopf dazwischenzustecken und die Schenkel so weit zu spreizen, bis ich mit der Zunge an Punkt X herankam.
Die Fünfte spielte weiter, und sie flüsterte mir ins Ohr. Mir kam der Gedanke, wir könnten zu ihr nach Hause gehen. Ihr Schlafzimmer elegant, vielleicht ein bisschen überladenes 19. Jahrhundert. Auf einem Tischchen Erdbeeren und Champagner. Und ihr die Kleider auszuziehen, Stück für Stück, im Schein von vier parfümierten Kerzen, und sie nur mit Zunge und Fingern bearbeiten und sie zwingen, einen Gürtel zu holen. Sie weiter flüsternd, und ich immer geiler in ihrem Schlafzimmer. Schließlich wich ich der Versuchung aus. Ich fühlte mich ein wenig bedrückt von einigen sehr aggressiven Drohungen, ausgelöst durch das Buch, das ich im Herbst veröffentlicht hatte. Der Ofen war an dem Abend nicht für Plätzchen gedacht. Mein Schutzengelchen sah mir aus der Ferne aus einer anderen Loge zu. Als wir das Theater verließen, warf es mir meine Unhöflichkeit heftig vor. Und wirklich gab ich meiner Begierde, jene luxuriöse Dame zu erkunden, nicht nach. Wahrscheinlich werde ich dazu noch eine zweite Gelegenheit bekommen. Inzwischen kultiviere ich weiter meine sonstigen Gewohnheiten: Mich zieht der Schmutz an, der Geruch nach Schweiß, der strenge Geruch der Achselhöhlen. Die Dienstmädchen, Kindermädchen, Nutten, Köchinnen, Putzfrauen, Kämperinnen, Straßenverkäuferinnen, die vulgärsten, unvollkommensten, ungebildetsten Frauen, die über alles Bescheid wissen und knappe Blusen tragen, den Bauchnabel frei zur Schau stellen, jeden auf dem Malecón anquatschen und ihm einen runterholen, am helllichten Tag, für zehn oder fünfzehn Pesos. All das ist Gloria, kompakt vereint in einer einzigen Frau. Jetzt lässt sie sich den Flaum unter den Achseln stehen. Die ganze Achselbehaarung, wie die deutschen Frauen, und ohne Deodorant, schwitzend. Allein der Geruch macht mich wild wie eine Bestie, und ich verliere die Kontrolle. Ihr Schweißgeruch ist eine erregende Droge.
Ich gehe zu ihr, streichele sie, küsse sie, rieche sie, geile sie ein wenig auf, und Schluss. Ich stelle den Herd aus. Der Kaffee ist mittelmäßig. Ich nehme einen Schluck Rum und gebe ihn weiter an sie in den Mund. Ich trage sie zum Bett, ziehe sie nackt aus und betrachte sie. Mir gefällt es, sie von hinten zu sehen. Sie legt sich auf die Seite und zieht die Knie hoch ans Kinn. Gemächlich beginne ich zu wichsen. Wir sehen uns gegenseitig zu. Ohne uns zu berühren. Von klein an war sie daran gewöhnt, die Schwänze erwachsener Männer anzusehen. Nur anzusehen. Sie hat es mir in allen Einzelheiten erzählt. Seit ihrem siebten Lebensjahr. Sie wohnte in einem Mehrfamilienhaus auf der Laguna. Ungeheuer viele Leute in nur
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