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Animal Tropical

Animal Tropical

Titel: Animal Tropical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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verliert sich, denn sie ist sehr verärgert. Sie schreit die beiden Angestellten an, stößt sie beiseite, tut, als wollte sie ihnen ein paar hinter die Ohren geben. Die Typen sind ergeben, lassen sie gewähren. Sie schnappt fast über vor Wut. Steigt in den Wagen und schießt los wie eine Rakete. Ganz offensichtlich ist etwas schief gelaufen. Diese Dame braucht einen Geschäftsführer mit mehr Charakter für diesen Kino-Club. Ich lege mich hin, schließe die Augen und bin in einer Sekunde eingeschlafen.
    Mit Genickschmerzen, Kater und todmüde wache ich auf. Ich gehe ins Bad und stoße mit Elena zusammen. Sie ist schon wach und aufgelegt weiterzutanzen, obwohl es halb zehn morgens ist. Sie wird nicht müde. Sogar wenn sie müde ist, redet sie ununterbrochen und lacht über alles. Bewundernswert. Mit einem Ehemann wie Svensson würde ich den ganzen Tag heulen.
    Wir frühstücken. Auf einem Tischchen steht das Holzskelett eines Dinosauriers. Ich betrachte es. Nur, um irgendwo hinzusehen. Der Kater, den ich habe, ist nicht von schlechten Eltern. Svensson fragt mich:
    »Betrachten Sie den Dinosaurier?«
    »He?«
    »Den Dinosaurier.«
    »Ach, ja.«
    »Er birgt eine ganze Philosophie. Ich habe noch einen auf meinem Schreibtisch.«
    »Ja?«
    »Sie verschwanden vor Millionen Jahren. Und man braucht sie nicht. Alles ist gut, vielleicht sogar besser ohne sie. Zumindest wir sind besser dran ohne diese Riesenviecher. Natürlich können auch wir aussterben. Und alles würde genauso weiterlaufen. Oder besser. Denn immerhin, lieber Freund, kann alles geschehen. Alles. Wir sollten uns nicht so ernst nehmen.«
    »Ich gratuliere, Mr. Svensson. Vielen Dank, dass Sie Ihre Gedanken mit uns teilen.«
    Wie verzückt er doch war über seine Enthüllung. Wie absolut befriedigt über die Brillanz und Originalität seiner Ideen, dass er dieses Man sollte sich nicht zu ernst nehmen widerlegte. Denn er nahm sich sehr ernst. Wenn ihn die Sevillanerin plötzlich verlassen sollte, würde der Typ zusammenbrechen und sich einen Schuss in den Kopf verpassen. Er hatte so ein Zittern in den Händen, das ihn verriet. Offenbar las er meine Gedanken. Immerhin ist er scharfsinnig. Er erklärte mir:
    »Flowers every friday. That’s the secret.«
    Wir plauderten in einer Mischung aus Spanisch, Englisch und Schwedisch.
    »Wie bitte?«
    »Seit sieben Jahren schenke ich meiner Frau jeden Freitag Blumen.«
    Elena nickte lächelnd. Sehr zufrieden.
    »Wenn Elena sich mit den Ehefrauen meiner Freunde trifft, fragt sie diese, ob ihre Männer ihnen Blumen schenken. Sie sagen dann ›Nein‹. Daraufhin erwidert ihnen Elena: ›Aha, also mein Mann schon. Immer pünktlich. Komme, was da wolle, jeden Freitag habe ich meine Blumen.‹«
    Ich schwieg. Sah ihn unverwandt an. Jetzt würde der Kerl mir seine triumphalen Schlussfolgerungen ins Gesicht schleudern.
    »So, it’s an excellent invest. In der Angelegenheit können wir nichts einsparen, mein lieber Freund. Einen Tag in der Woche investiere ich und habe dafür die restlichen sechs Tage Gewinn. Das ist das Geheimnis unseres Glücks.«
    Wir schwiegen alle. Elena und Svensson zufrieden, verliebt, freundlich, schmierten Butter auf ihren Toast und sahen einander zärtlich an. Allzu gerne wäre ich in das Gehirn dieser Frau gekrochen. Wie konnte sie einen solchen Typen ertragen und obendrein auch noch glücklichen und heiteren Sinnes sein? Ein Ehemann wie der hier kann eine Frau wahnsinnig machen, deprimieren und in den Selbstmord treiben. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht hatte der Kerl sie einer perfekten Gehirnwäsche unterzogen und sie in seinen mittelmäßigen Pragmatismus eingelullt.
    Das Schweigen hielt zu lange an. Ich wollte mich schon verabschieden und zu Fuß zur U-Bahn gehen. Aber da bekam ich auf einmal Lust, ein bisschen zu sticheln.
    »Gegenüber ist ein Kino-Club.«
    »Hmmm.«
    »Aber er ist ganz leise. Es sind fast alles Thailänderinnen.«
    Svensson ignoriert das Thema. Vergnügt sich mit der Marmelade. Elena steigt auf das Gespräch ein: »Die Mädchen aus dem Kino-Club? Nein, die kommen von überall her. Auch Schwedinnen sind darunter.«
    Agneta, noch halb verschlafen, hat auch kein Interesse am Kino-Club. Elena sagt zu mir: »Interessiert dich Prostitution?«
    »Mich? Also, so gesehen …«
    »Nein, nein. Ich sage dir was. Über Prostituierte spricht alle Welt, nur sie selbst reden nicht darüber. Das ist ein soziologischer Fakt. Kann man nachlesen.«
    »Ach, ich weiß nicht.«
    »Aber ich. Ich

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