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Animal Tropical

Animal Tropical

Titel: Animal Tropical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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musst du wissen, dass dies die Spielregeln sind. Andernfalls bist du ein Hanswurst. Und immer wirst du jemanden in deiner Nähe haben, der aus dir einen Hanswurst machen will.«
    Den ganzen Tag über ist es bewölkt. Nicht die geringste Sonne. Dabei ist heute der 1. Juni. Hochsommer, aber ohne Sonne. Der Tag schleicht dahin, gemütlich, langweilig, ohne jede Aufregung. Genau das Richtige für jemanden mit einer Berufung zur Leiche. Es ist schrecklich. Ich bekomme es mit der Angst. Agneta kommt um halb sechs nach Hause. Wir gehen durch das Wäldchen neben den Kanälen spazieren. Eine halbe Stunde.
    Dann kehren wir ins Haus zurück. Mein Gesicht und meine Hände sind eiskalt. Fünfzigmal am Tag laufe ich zum Thermometer. Jetzt sind wir bei 15 Grad. Dieser Sommer ist doch ein Witz! Ich stelle den Fernseher an und suche noch einmal auf den Kabelkanälen nach Pornofilmen. Noch einmal lese ich die Broschüren, die mit der Anlage geschickt wurden.
    »Ohhh, kein Porno.«
    »Oh, Pedro Juan, gefällt dir das denn wirklich?«
    »Ja, klar.«
    »Wir können CNN sehen.«
    Ich bin enttäuscht. Ich hatte gedacht, ich könnte jeden Tag einen Pornofilm sehen. Na ja, so ist halt das Leben … Illusionen und Ernüchterungen wie in den Boleros. Plötzlich fällt mir etwas ein.
    »Agneta, Liebes, heute ist Freitag. Gehen wir aus?«
    »Wenn du willst.«
    »Lass uns tanzen gehen.«
    »Ich kann nicht tanzen.«
    »Du musst tanzen.«
    »Ich kenne ein Lokal mit kubanischer Musik. La Habana.«
    »Nein. Das ist sehr teuer.«
    »Kennst du es?«
    »Klar. Es ist voller Neger aus Havanna. Kollegen von mir.«
    »Ohhh.«
    »Ahhh … lass uns ins La Salamandra Loca gehen. Ist billiger.«
    »Ich weiß nicht, wo das ist.«
    »Aber ich.«
    Und so gingen wir ins La Salamandra Loca.

15
    In der Nacht kamen wir nicht nach Hause. Im La Salamandra Loca trafen wir uns mit einem sehr ungleichen Paar: Elena, einer jungen, fröhlichen, ungezwungenen Sevillanerin, einer Arbeitskollegin von Agneta, die gut tanzte, und ihrem Mann, einem kahlköpfigen Schweden, der dreißig Jahre älter war als sie und unfähig zu tanzen. Er trug ein weißes Hemd, graue Krawatte und einen schwarzen Anzug und stellte sich mir als Svensson und Direktor einiger Kaufhäuser vor. Ich ging mit der Sevillanerin in der Mitte der Tanzfläche Salsa tanzen, und wir amüsierten uns prächtig. Als Agneta zu eifersüchtig wurde, tanzte ich ein bisschen mit ihr. Svensson versuchte es nicht einmal.
    Gegen drei Uhr morgens beharrte die Sevillanerin: »Kommt mit zu uns nach Hause und schlaft da. Es ist ganz in der Nähe. Dann frühstücken wir morgen zusammen.« Wir nahmen an. Gingen zu Fuß. Es wurde hell in Stockholm, und nichts geschah. Ein paar Oldtimer aus den Fünfzigern – Chevy, Cadillac, Ford – mit grölenden Betrunkenen fuhren vorbei. Ein Typ klebte Plakate für ein Heavy-Metal-Konzert an. Im Haus von Svensson und Elena tranken wir noch etwas. Agneta wollte lieber eine Tasse warme Milch. Und dann legten wir uns schlafen. Sie stellten uns ein kleines Zimmer zur Verfügung. Es war jetzt heller Tag. Vier Uhr morgens mit strahlender Sonne und blauem Himmel. Agneta schlief sofort ein. Ich war nicht müde. Etwas angesäuselt setzte ich mich ans Fenster. Gegenüber war ein Kino-Club. Ein paar Männer kommen sehr diskret heraus. Wenn ich einen Hausschlüssel hätte, würde ich rühergehen und mir noch einen letzten Schluck genehmigen, und den vorletzten mit den Thai-Girls. All diese Kino-Clubs sind gleich: ein kleiner Pornoshop mit einer Treppe hinten, bewacht von einem abschreckenden Joe Palooka voller Muskeln. Zehn Stufen tiefer ist dann der Club mit den teuersten Drinks der Welt, Musik, schummerigem Licht und Nutten aller Couleur mit festen Tarifen. Ich glaube, es sind auch die teuersten Nutten der Welt. Sogar die Präservative sind die teuersten der Welt. Plötzlich fährt beim Kino-Club ein wunderschönes schwarzes Auto vor mit zwei superschlanken, sehr professionellen, eleganten Thailänderinnen um die fünfzig, die sich gut gehalten haben. Eilig steigen sie aus und gehen hinein. Zwei Minuten später kommen sie in Begleitung zweier Angestellter wieder heraus. Sie tragen Bündel großer Plastikbeutel. Schmutzige Laken und Handtücher. Sie verstauen alles im Kofferraum des Wagens. Die ältere Dame gibt den Ton an bei dem ganzen Unternehmen; sie ist energisch, der Typ Frau, der ebenso erfolgreich ein Bordell leiten wie der oppositionellen Fraktion im Parlament vorstehen kann. Ihre Eleganz

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